Fußballprofis als Gewerkschafter: Idole für die Jugend
Die Spielergewerkschaft FIFPro will aktiver für Athletenrechte kämpfen. Eine schöne Gelegenheit, aus Sportlern gute Vorbilder zu machen.
E s ist ja grade Halbzeitpause zwischen der lukrativen Hin- und der vermutlich noch ertragreicheren Rückrunde. Reden wir also über gewerkschaftliche Organisation, Tarifverträge und Mindestlöhne.
Über 50.000 Profispieler sind in der FIFPro organisiert, der Weltspielergewerkschaft, in der sich 65 nationale Interessenverbände zusammengeschlossen haben. Jüngst hat die FIFPro einen Weltspielerrat, den „Global Player Council“, ins Leben gerufen. Das ist sinnvoll. Die Kickerindustrie ist ja ein auffallendes Beispiel für Globalisierung: Marken wie FC Barcelona, Megan Rapinoe, Bayern München oder Lionel Messi agieren ja auf dem Weltmarkt.
War die FIFPro bislang ein Zusammenschluss nationaler Spielergewerkschaften, vernetzen sich nun auch Profis verschiedener Ligen und Länder. Aus der Bundesliga sind Neven Subotic (Union Berlin) und Kevin Trapp (Eintracht Frankfurt) im Global Player Council, international so berühmte Spielerinnen wie Ada Hegerberg (Olympique Lyon) oder Spieler wie Giorgio Chiellini (Juventus Turin und Kapitän der italienischen Nationalmannschaft). Wir sollten sie als Vorbilder hochhalten.
Ein populärer Einwand lautet bekanntlich, die seien doch alle schon so reich und sollten sich jetzt nicht auch noch als Gewerkschaft zusammentun. Der Gedanke mag naheliegen, intelligent ist er nicht.
Schließlich geht es um alle Profis, die irgendwo unter Vertrag stehen: In der Dritten und in der Regionalliga wird oft nicht einmal das Mindestlohngesetz eingehalten. Zudem würde etwa ein Tarifvertrag nicht nur finanzielle Dinge regeln, sondern auch den Schutz persönlicher Daten, das Recht auf freie Arztwahl oder Absicherung nach Verletzung.
Der Ball ist schon längst globalisiert
In Deutschland sind auch schon die dritten und vierten Ligen globalisiert: Spieler aus Afrika und Osteuropa, die von ihren sportlichen Fähigkeiten leben müssen, gehören selbstverständlich zum Kader.
Und auch Gehaltsforderungen der Erstligaprofis sind angebracht: Denn sie sind ja tatsächlich Angestellte, und wenn es bei denen um Millionenjahresgehälter geht, so informiert uns das ja vor allem darüber, wie viel Geld im fußballökonomischen Kreislauf ist; wenn es nicht an die Spieler geht, verbliebe auch dieser Anteil am Mehrwert bei Klubs oder Beratern.
Da ist es schon richtiger, wenn es an die Spieler, die doch wesentlich in der Herstellungskette des Produkts Fußball involviert sind, erhalten. (Gewiss, andere auch: vom Busfahrer über die Security zum Platzwart bis hin zur Jugendabteilung und noch mehr – aber auch für die ist die Gewerkschaft der richtige Ansprechpartner.)
Bleibt das mit dem Vorbild. Bekanntlich müssen große Sportler gern als pädagogische Ideale herhalten. Meist geht es um so unsinnigen Kram, dass sie bei der Hymne mitsingen, nicht besoffen Auto fahren und bitte öffentlich nicht böse Wörter wie „Arschloch“ oder „Scheiße“ sagen sollen.
Wenn die – zugegeben: fragwürdige – Theorie vom „Sportler als Vorbild“ stimmt, dann sollten wir dankbar sein, dass es gewerkschaftlich organisierte, ja, teils zum Streik entschlossene Fußballprofis gibt. Diese Vorbilder zeigen, wie man sich selbstbewusst und kollektiv organisiert in einer Welt behauptet, in der andere das Geld einstecken wollen, das man selbst erarbeitet. Besser als der von den anderen geforderte Stolz aufs Vaterland ist das allemal.
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