Fußballheld Niklas Süle: Es ist einfach nur Kunst
Nach dem Remis gegen Paris St.-Germain spricht man in Dortmund nur über die wundersam schöne und effiziente Grätsche von Niklas Süle.
![Niklas Süle grätscht den Ball kurz vor der Torlinie weg Niklas Süle grätscht den Ball kurz vor der Torlinie weg](https://taz.de/picture/6713340/14/niklas-sule-kylian-mbappe-bvb-psg-champions-league-dortmund-paris-1.jpeg)
Die weltbeste Monstergrätsche! Da stimmt zumindestens der Superlativ. Weltklasse, ja sicherlich. Die Mutter aller Rettungstaten. Klingt schon ganz nett, kann man durchaus so sagen. Fußballgott Süle, nun ja, ist vielleicht ein wenig verbraucht. Viele haben es am Mittwochabend versucht, aber der formvollendeten Verteidigerkunstaktion von Niklas Süle in der 18. Minute gegen Paris St.-Germain mit Worten gerecht zu werden ist ein Ding der Unmöglichkeit. Noch unmöglicher als die Grätsche selbst. Insofern ist auch dieser Text zum Scheitern verurteilt.
Eine besondere Saison wird es für Niklas Süle und Borussia Dortmund, so viel lässt sich bereits jetzt sagen, nicht mehr werden. Der besondere Moment aber, den der knapp hundert Kilogramm schwere Hüne geschaffen hat, wird weit über diese Saison im Gedächtnis unzähliger Fußballfans haften bleiben. Gegrätscht wird gerade im deutschen Fußball nicht selten, weshalb allenthalben von Monstergrätschen und Blutgrätschen die Rede ist. Und die Begeisterung daran ist vor allem an Standorten wie Bochum oder Augsburg besonders groß.
Was die Grätsche von Süle so außergewöhnlich macht, ist dieser David-Goliath-Moment. Auf der einen Seite agiert schließlich Kylian Mbappé, ein Stürmer, wie ihn der Weltfußball selten gesehen hat, und auf der anderen Seite Niklas Süle, der sowohl beim BVB als auch in der deutschen Nationalmannschaft keinen Stammplatz sicher hat. Und sich deutscher Nationalspieler nennen zu können ist seit geraumer Zeit alles andere als ein Ausweis von großer Klasse.
Mbappé also lässt Süle geradezu erwartungsgemäß erst einmal schlecht aussehen, indem er bei einem langen Ball sich in seinem Rücken davonstiehlt, den heranfliegenden Ball im tänzelnden Rückwärtsschritt nicht aus den Augen verliert und kurz darauf mit einer Berührung wundersam unter Kontrolle bekommt, den Torhüter versetzt und nur noch das leere Tor treffen muss.
Süle rutscht ins Tor
Doch der übertölpelte Süle hat Mbappé fest im Auge, als er sein Schussbein nach hinten schwingt. Gedankenschnell gleitet er mit vorangestreckten Beinen über den Rasen wie über eine Eisfläche. Es ist Rasenkunstlauf. Es stimmt einfach alles, sowohl in der A- als auch in der B-Note. Das Timing, die Zweckmäßigkeit, die Ästhetik und der künstlerische Ausdruck. Mit dem rechten Fuß kann er dem Ball kurz vor der Linie die entscheidende Richtungsänderung verpassen. Statt des Balls rutscht Süle in das verlassene Tor.
„Das war ein gefühltes Tor für uns“, wird Dortmunds Trainer Edin Terzic später sagen. Und das ist weit untertrieben. Es ist ein Moment, in dem geradezu exemplarisch für diese BVB-Saison Können und Versagen unglaublich eng beisammenliegen. Dieses Mal aber mit einem Ausgang, der die Fantasie beflügelt.
Wenn das scheinbar Unmögliche möglich wird, vielleicht geht ja doch noch etwas bei Borussia Dortmund in dieser Saison. Wenn die deutsche Nationalmannschaft einen solchen Verteidiger hat, der die größten Löcher wieder zugrätschen kann, vielleicht geht dann doch etwas bei der Heim-EM in der Gruppe mit Schottland, der Schweiz und Ungarn.
Viel wichtiger als das, was Niklas Süle mit seiner Grätsche verhindert hat, ist all das, was weit über Dortmund hinaus plötzlich möglich scheint.
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