piwik no script img

Fußball Europameisterschaft 2012Träume in Orange

Die Niederlande haben sich auf Platz eins der Weltrangliste geschoben und sind wieder mal reif für einen Titel. Damit müssen sie sich jedoch beeilen.

Die Fans der Niederländer haben gerade gut lachen. Bild: dpa

BERLIN taz | Freitag Abend gibt es in Eindhoven ein Treffen der besonderen Art: Der Erste der aktuellen Fifa-Weltrangliste trifft auf den Letzten. San Marino, 203. der in der vergangenen Woche veröffentlichten Rangliste, dürfte dabei nicht mehr als ein Sparringspartner für die Männer in Orange sein. Orange? Weltranglistenerster? Richtig: Was kaum einer weiß, ist seit letzter Woche Fakt: Die Niederlande sind erstmals die Nummer 1 der Welt und lösen die Spanier nach deren 1:2 im Testspiel gegen Italien an der Spitze des Fifa-Rankings ab.

Damit sind die Niederländer auch die Ersten, die diese Position innehaben, ohne je Weltmeister gewesen zu sein. Wie kommts? Keinen einzigen Punkt gaben sie bei der Qualifikationen für die WM 2010 und die EM 2012 (bisher) ab. In Südafrika blieben sie bis zur Verlängerung des Finales ungeschlagen. Eigentlich ist die Mannschaft - wieder mal - überreif für einen großen Titel.

Das Team lässt in der Offensive, wo sich technische Qualität mit Athletik, schnellem und körperbetontem Spiel paart, kaum etwas vermissen. Vorne hat man mit Robin van Persie, Dirk Kuijt und Klaas-Jan Huntelaar, der langsam auch in der Bundesliga die Nationalmannschaftsquote erreicht (dort traf er 26-mal in 44 Spielen), den vielleicht besten Sturm der Welt.

Im Mittelfeld gibt Mark van Bommel immer noch den Leader alter Art, daneben toben sich normalerweise Rafael van der Vaart und Arjen Robben (die heute verletzungsbedingt fehlen) aus, die im besten Fußballeralter, 26 und 27 Jahre, sind. Und dann gibt es da noch die Edeltechniker Ibrahim Afellay und Eljero Elia, der jüngst vom HSV zu Juventus wechselte. Diese acht Spieler zusammen haben einen Marktwert von mehr als 170 Millionen Euro. Personal gewordener Trainertraum! Warum die Niederlande bei der WM in Südafrika mit dieser Mannschaft nicht schön gespielt haben, ist vielen bis heute ein Rätsel.

Renaissance des Totaalvoetbal

Klar ist aber auch: Viel Zeit ist nicht mehr, die spanische Fußballhegemonie zu beenden. Für diese Generation dürfte es nach der EM 2012 und der WM 2014 zu spät sein. Aber noch gibt es sie, die Hoffnung, dass diese Mannschaft dem niederländischen Totaalvoetbal der 1970er Jahre zu einer Renaissance verhilft.

Der Offensivfußball, den Oranje zuletzt spielte, geht durchaus als moderne Variante des "totalen Fußballs" durch: Das 4-3-3- oder 4-4-2-System, das Trainer Bert van Marwijk zumeist spielt, lebt jedenfalls von seiner offensiven Ausrichtung in allen Mannschaftsteilen.

Dass die Siegesserie der Niederlande Freitag Abend eine Fortsetzung finden wird, daran gibt es übrigens keinen Zweifel. Gegner San Marino hat in der Geschichte seiner Auswahl erst ein Spiel gewonnen. 2004 schlug San Marino Liechtenstein mit 1:0.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • M
    MIDDENDORP

    Die Holländer sind wahrscheinlich reif für den Titel, aber leider ist die Oranje-Mannschaft sich sehr bewusst davon. Das hat immer nur Entäusungen aufgeliefert: wieviel Endspiele oder semi-finals haben die schon gespielt und verloren? Als Oranje-Fan (bin Holländer) hoffe ich wirklich das es jetzt alles geht wie es sein soll, aber ich fürchte das es wieder zu früh enden wird.

    Es gibt aber jetzt eine Hoffnung: Van Marwijk lässt sich nicht beeindrucken von Sachen, die nicht wichtig sind (Plazierung Weltrangliste, Meinungen von Journalisten usw.). Also diesmal vielleicht doch...?

  • JS
    johan Schreuder

    Hallo,

    bin Niederländer und kann mir die Kommentare gut vorstellen. Klar hätten wir in 1974 Weltmeister werden MÜSSEN weil definitiv das beste Team. In Süd Afrika jedoch glich es mehr Kung Fu.

    @Beelzebub

    es heisst dann wohl 'voetbal;-)

  • R
    redondo

    Kuijt und van Persie im besten Sturm der Welt???

  • H
    HansvomDach

    Insgesamt ein ziemlich dünner Artikel. Da hätte ich mir doch ein bisschen mehr erwartet. Und wo bliebt bitte Wesley Sneijder? Der ist ja wohl eine, wenn nicht DIE zentrale Figur im niederländischen Offensivspiel.

  • B
    Beelzebub

    "Aber noch gibt es sie, die Hoffnung, dass diese Mannschaft dem niederländischen Totaalvoetbal der 1970er Jahre zu einer Renaissance verhilft."

     

     

    Geht's noch?

     

     

    Der von übelsten, leider nicht geahndeten Fouls gekennzeichnete Rumpelfussball, den die im WM Endspiel 2010 völlig zu Recht geschlagenen Kaasköppe geboten haben, hat mit dem "niederländischen Totaalfoetbal" der 1970er ungefähr so viel gemeinsam, wie die Blaskapelle der freiwilligen Feuerwehr Arschbackenbrück mit den Berliner Pihlarmonikern.

  • JS
    Jörg Schmidt

    Also beim besten Willen liebe taz - hat einer von euch die Spiele der Holländer bei der letzten WM gesehen??? Das war nicht nur kein Fußball sondern in den allermeisten Fällen ganz übles Getrete am Rande strafrechtlich relevanter Körperverltzungen. Die jetzige Platzierung in der Weltrangliste resultiert ja wohl eher aus den nicht ernst zu nehmenden Gegenern in der EM-Quali, als aus einer überragenden Qualität der holländischen Fußballer.