Fußball-EM in Deutschland: Warnung vor unzuverlässiger Bahn
Der Gründer des schottischen Fanverbands fordert die Landsleute auf, den früheren Zug zum Spiel zu nehmen. Damit sie nicht erst zur Halbzeit ankommen.
Goodwins Sorge ist berechtigt: Verspätungen, Ausfälle, fehlendes Personal oder kein Strom im Bord-Bistro – regelmäßige Fahrgäste der DB sind es mittlerweile gewohnt. Im vergangenen Jahr hatte mehr als jeder Dritte Zug im Fernverkehr der DB eine Verspätung von mindestens sechs Minuten. Wer wegen einer Verspätung einen Anschluss verpasst, kommt häufig noch deutlich später ans Ziel.
Die Probleme der Deutschen Bahn, das alternde Schienennetz und die zuletzt häufigen Streiks haben sich auch im Ausland herumgesprochen. „Vorsicht, Schottland-Fans! Stellt sicher, dass ihr den früheren Zug nehmt“, warnt Goodwin. Der Fan-Vertreter geht von 40.000 schottischen Unterstützern aus, die während der EM nach Deutschland reisen werden. Für die Strecken innerhalb Deutschlands seien sie dann in vielen Fällen auf die Bahn angewiesen. Das Eröffnungsspiel bestreitet Schottland am 14. Juni in München gegen die deutsche Nationalmannschaft.
Die Deutsche Bahn gibt an, bereit für den Strom an Menschen zu sein. 10.000 zusätzliche Sitzplätze in IC- und ICE-Zügen will sie an den Spieltagen bereitstellen, Inhaber von Tickets für die Spiele bekommen Rabatte für die Fahrkarte. Zudem fahren 14 mit dem EM-Logo dekorierte Züge durch die Bahnhöfe. Das große Sanierungsprogramm mit Vollsperrungen auf einzelnen zentralen Strecken in Deutschland soll größtenteils erst nach der EM anlaufen, um Störungen während des Turniers zu vermeiden.
Deutsche Bahn verzichtet nicht auf Baustellen
„Ganz auf Bauarbeiten verzichten können wir leider nicht, da wir dringend den Sanierungsstau der letzten Jahre abbauen müssen“, sagte eine Sprecherin. Auf den Hauptstrecken im Fernverkehr werde es allerdings „keine Beeinträchtigungen“ geben. Das Unternehmen werde alles daransetzen, die Fans „pünktlich und zuverlässig zu ihren Spielen zu bringen“.
Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn, hält das für realistisch. „Wenn das Personal keinen Urlaub nimmt und sonst nichts Unvorhergesehenes passiert, dann sollte man es einigermaßen hinkriegen“, sagte er AFP. Das Verhalten der Fans, insbesondere wenn es doch zu Verspätungen kommt, sei allerdings eine nicht unerhebliche Variable. „Manchmal, wenn sie sehr viel Bier getrunken haben, sind die auch nicht mehr so ganz einfach zu handhaben.“ Auch das könne in der Folge zu Störungen führen.
Turnierdirektor ist optimistisch
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) fordert vor diesem Hintergrund verbesserte Sicherheitsmaßnahmen – und droht andernfalls mit Streiks während des Turniers. In einer Befragung unter 4.000 Mitarbeitenden gaben 64 Prozent an, in den vergangenen zwölf Monaten körperlich oder verbal angegangen worden zu sein. Wenn sich das nicht bessere, „werden wir dafür sorgen, dass die Züge nicht fahren“, sagte EVG-Vorstandsmitglied Kristian Loroch Anfang des Monats dem Berliner Tagesspiegel. Die Bahn kündigte an, mehr Sicherheitspersonal einsetzen zu wollen.
Turnierdirektor und Ex-Fußballprofi Philipp Lahm ist optimistisch, mahnt die Fans aber auch zur Geduld. „Es wird auch nicht alles perfekt sein“, sagte er zu AFP. Trotzdem sei die EM eine gute Chance für Deutschland zu zeigen, dass die Infrastruktur funktioniert.
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