Fusion Deutsche Bank und Commerzbank: Singles sind die glücklicheren Banken
Zu teuer, zu viele Risiken, kein Geschäftsmodell: Deutsche Bank und Commerzbank brechen ihre Gespräche über eine Fusion ab.
Wortgleich begründeten die beiden Unternehmenschefs am Donnerstagvormittag in Mitteilungen, eine Fusion würde „keinen ausreichenden Mehrwert bieten“. Als Gründe nannten sie Umsetzungsrisiken, Restrukturierungskosten und Kapitalanforderungen, die mit einer solch großen Integration einhergingen.
Das Platzen ist auch ein Erfolg der Gewerkschaft Verdi und der Betriebsräte beider Unternehmen. Seit dem 17. März verhandelten die Geldhäuser. Umgehend starteten die Arbeitnehmer eine kollektive Abwehrschlacht, weil bis zu 30.000 Arbeitsplätze gefährdet sein sollen. Die Institute unterhalten für Privatkunden ein Filialnetz in Deutschland, das in dieser Größe unrentabel gewesen wäre.
„Betriebsräte und Verdi-Vertreter in den Aufsichtsräten haben vom ersten Tag an klargemacht, dass sie gegen die Fusion sind“, sagt Jan Duscheck, Verdi-Vertreter im Aufsichtsrat der Deutschen Bank, der taz. Entsprechend habe man sich abgestimmt. Uwe Tschäge, der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates und Vize-Aufsichtsratschef der Commerzbank, pflichtete ihm in einer Mitteilung bei: Man begrüße den Abbruch. „Dazu beigetragen haben sicherlich die gute Vernetzung der Arbeitnehmergremien von Commerzbank und Deutsche Bank.“
Koalitionspartner ätzt über „Rohrkrepierer“
In Berlin wittert die Opposition unterdessen die Chance, Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) in die Bredouille zu bringen. Der hatte seit Monaten darüber geredet, wie wichtig es wäre, einen „nationalen Champion“ im Bankensektor zu bilden. Gleichzeitig hatte er stets vermieden, dabei die Fusion der beiden deutschen Großbanken direkt zu benennen – obwohl längst klar war, dass der Bund als Anteilseigner an der Commerzbank den Zusammenschluss will. Jetzt ließ Scholz eine Sprecherin lediglich eine Selbstverständlichkeit verschicken: Eine Kooperation der Banken mache eben nur Sinn, „wenn sie sich betriebswirtschaftlich rechnen und auf ein belastbares Geschäftsmodell zusteuern“.
Entsprechend ätzte sogar der Koalitionspartner in Person von CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach, Scholz’ Pläne hätten sich als „Rohrkrepierer“ erwiesen. Die Opposition sprach von „amateurhaftem Agieren“ (FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar), Scholz stehe da „wie der Kaiser ohne Kleider“ (Linken-Fraktionsvize Fabio De Masi), es habe eine „Klatsche für Olaf Scholz und seinen Größenwahn“ gegeben (Sven Giegold, Grünen-Spitzenkandidat für die Europawahl).
Jan Duscheck, Verdi
Analysten gehen nun davon aus, dass die Commerzbank von einem anderen europäischen Institut übernommen werden könnte. Angeblich haben die italienische Großbank Unicredit und die niederländische ING-Bank bereits Interesse bekundet. Letztere habe sogar angekündigt, ihre Firmenzentrale im Fusionsfalle von Amsterdam nach Frankfurt zu verlegen. Anders sieht es bei der Deutschen Bank aus. Die hat gestern zwar einen Gewinn im ersten Quartal von rund 200 Millionen Euro verkündet, gilt jedoch als so marode, dass trotz ihres historisch niedrigen Börsenwertes andere Institute keine Übernahme versuchen dürften.
Möglicherweise verkauft die Deutsche Bank sogar ihre Vermögensverwaltungstochter DWS an die Schweizer Großbank UBS. Das würde Geld bringen, aber auch das Verscherbeln von Tafelsilber bedeuten: Die DWS ist eine der einträglichsten Sparten. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing versuchte, Optimismus zu verbreiten: „Wie unsere vorläufigen Ergebnisse für die ersten drei Monate des Jahres belegen, sind wir selbst auf einem guten Weg.“
Doch die Mitarbeiter*innen sollten sich keine Illusionen machen: Analysten fordern einen harten Stellenabbau bei der Deutschen Bank. Eine Betriebsrätin der Commerzbank sagte, sie fürchte schwierige Gespräche. Zurücklehnen dürfe man sich nicht.
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