Friedensgespräche in Angola geplatzt: Krieg in Kongo flammt wieder auf
Das Gipfeltreffen für ein Abkommen mit Ruanda fand nicht statt. Im Osten der Demokratischen Republik Kongo steht deren Armee den Tutsi-Rebellen M23 gegenüber.
Unter Federführung von Angolas Präsidenten João Lourenço finden in Angolas Hauptstadt Luanda seit März Verhandlungen statt, um den Krieg im Osten der Demokratischen Republik Kongo einzudämmen.
Laut UN-Ermittlungen unterstützt dort Ruanda mit 3.000 Soldaten die kongolesischen Tutsi-Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) in ihrem Kampf gegen Kongos Arme. Gemeinsam haben sie ein Gebiet erobert, das fast größer ist als das Nachbarland Ruanda und die wichtige Millionenstadt Goma an der Grenze eingekesselt. Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht.
Die Afrikanische Union (AU) hat Angola damit beauftragt, eine Lösung für den Kongo-Konflikt auszuarbeiten. Anfang August trat ein Waffenstillstand in Kraft. Dann setzten die ruandischen und kongolesischen Außenminister und Geheimdienstvertreter einen Entwurf für ein Abkommen auf, das einen Fahrplan in Richtung Frieden darstellen soll.
Knackpunkt: Gespräche mit M23-Rebellen
Laut diesem verpflichtet sich Kongos Regierung, die Zusammenarbeit mit der ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) einzustellen, die Kongos Armee im Kampf gegen Ruanda und die M23 unterstützt. In den Reihen der FDLR tummeln sich Völkermörder, die 1994 das Massenschlachten an über einer Million Tutsi in Ruanda geplant und durchgeführt haben und sich seitdem im Ostkongo verstecken.
Umgekehrt soll Ruanda seine Truppen aus Kongo zurückziehen. Die M23 wiederum soll sich entwaffnen lassen. Am Samstag sollte ein letztes Treffen auf Ministerebene in Angola grünes Licht für eine Unterzeichnung des Abkommens durch die Staatschefs am Sonntag geben.
Doch dazu kam es nicht. Laut Ruanda gab es keinen „Konsens“ in der Frage, was mit den M23-Rebellen geschehen solle. Ruanda beharrt darauf, dass Kongos Regierung direkt mit den M23-Rebellen verhandeln soll. Kongos Regierung lehnt das ab.
Ruandas Außenminister Olivier Nduhungirehe erklärte gegenüber lokalen Medien, der Begriff „Dialog“ mit der M23 sei aus dem Abkommenstext herausgestrichen worden. „Wir waren überrascht“, so Nduhungirehe. Eine „Verschiebung“ des Gipfeltreffens ermögliche es nun, einen „Dialog“ zwischen M23 und Kongos Regierung in Gang zu bringen. „Es gibt gewisse Schritte, die die DR Kongo unternehmen muss, ohne jedes Mal Ruanda als Vorwand zu nennen, warum diese nicht getan werden“, so das offizielle Statement aus Kigali am Sonntag.
Die Antwort aus Kongos Hauptstadt Kinshasa kam prompt: „Wir waren kurz davor, ein Friedensabkommen zu erzielen, aber Ruanda hat sich für den Weg des Krieges entschieden“, donnerte Kongos Außenministerin Thérèse Kayikwamba Wagner am Montag früh auf einer Pressekonferenz.
Die Folgen sind bereits zu spüren. An sämtlichen Frontlinien im Ostkongo knallte es am Sonntag bereits heftig, bestätigen Quellen beider Seiten der taz.
Die M23 eroberte in nur wenigen Stunden mit ruandischer Hilfe die Ortschaft Matembe im Gebiet Lubero in der Provinz Nord-Kivu und versucht weiter gen Norden vorzudringen, in Richtung der wichtigen Handelsstadt Butembo. Von Seiten der kongolesischen Armee erfährt die taz, dass von dem geltenden Waffenstillstand „absolut nichts mehr zu spüren sei“ und man sich auf ein umkämpftes Weihnachten einstelle.
Die M23 erklärt hingegen, sie sei nie Teil der Verhandlungen gewesen. Corneille Nangaa, Koordinator der Rebellenkoalition AFC (Alliance Fleuve du Congo), zu der auch die M23 gehört, zitierte in einer Videoansprache zum Jahrestag der AFC-Gründung am Samstag Nelson Mandela: „Alles was ihr für mich tut, ohne mich darin einzubeziehen, tut ihr gegen mich.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!