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Freiwilliges Tierwohl-Label wackeltFast alle sind dagegen

Nach der SPD kritisiert auch das CSU-geführte Innenministerium das Projekt von Agrarministerin Julia Klöckner. Sie wünschen sich verpflichtende Vorgaben.

Süüüüüß: Kann jemand das Wohl dieses Tiers bitte gesetzlich festhalten? Foto: dpa

Berlin dpa/taz | Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) erhält einem Medienbericht zufolge für ihr geplantes freiwilliges Tierwohl-Logo nun auch Gegenwind aus einem unionsgeführten Ministerium. Das Innenressort von Horst Seehofer (CSU) erhebt demnach „Bedenken gegen den Gesetzentwurf“ und schlägt stattdessen ein anderes Modell vor, eine verpflichtende Haltungskennzeichnung.

Das berichtet die Augsburger Allgemeine am Freitag unter Berufung auf eine entsprechende Stellungnahme von Seehofers Haus. Zuvor hatte bereits die SPD-Fraktion Widerstand gegen Klöckners Pläne angekündigt.

„Vorzugswürdig wäre eine verpflichtende staatliche Haltungs- und Herkunftskennzeichnung, wie sie auch von zahlreichen Beteiligten (Landwirte, Verarbeiter, Handel, Bundesländer) gefordert wurde“, zitiert die Zeitung aus dem Schreiben. „Im Ergebnis würde dies zu mehr Tierwohl und für eine bessere Rückverfolgbarkeit stehen.“

Klöckner wehrt sich bei der Fleischkennzeichnung bislang gegen einen verpflichtenden Hinweis auf die Haltungsbedingungen und setzt auf ein freiwilliges Siegel für jene, die für das Tierwohl mehr tun, als gesetzlich vorgeschrieben. Tierschutz-Organisationen kritisieren das als zu wenig ambitioniert. Die SPD-Niedersachsen hat im Bundesrat eine Initiative für eine Pflicht-Kennzeichnung eingebracht.

Klöckner sieht Freiwilligkeit als einzige Option

Die CDU-Politikerin bekräftigte ihre Position: „Wer ein national verpflichtendes Kennzeichen fordert, was sich zwar gut anhört, aber das zur EU-widrigen sogenannten Ausländerdiskriminierung führt, der schiebt das Tierwohl bewusst auf die lange Bank“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Nach Vorgaben der EU-Kommission dürfe ein Tierwohl-Label einzig auf freiwilliger Basis und nur für Produkte über dem gesetzlichen Mindeststandard eingeführt werden. „Die EU hat jüngst mehrfach bekräftigt, dass das rechtlich die einzig sichere Möglichkeit ist, wenn wir nicht wie bei der Maut scheitern wollen“, so Klöckner.

Am 1. April hatten bereits große Lebensmittel-Discounter in Deutschland ein privates Tierwohl-Label eingeführt. Mit ihrem eigenen System hatten Edeka, Rewe, Aldi, Lidl Fakten geschaffen, mit denen sie wohl auch die Verhandlungen über die Kriterien für Klöckners Siegel beeinflussen wollten. Umweltschützer hatten die private Initiative kritisiert, weil sie Amputationen bei den Tieren weiterhin zuließen.

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12 Kommentare

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  • Ich glaube, mit der Weinkönigin hat man den Bock zum Gärtner gemacht.



    In der Sache könnte sie aber recht haben. Dann soll sie mal Gas geben und eine EU-weite Regelung liefern!

  • Jegliche Labels werden wohl auf eine Beschönigung, Relativierung und Rechtfertigung von Tierleid hinaus laufen. Wem es wichtig ist, dass Tiere gut behandelt werden, kauft KEINE Tierprodukte auch keine Tierprodukte mit einem "Tierwohl"-Label. Es ist davon auszugehen, dass Tiere, dessen Produkte bspw. das "Tierwohl"-Label erhalten, überzüchtet sind, nicht "totgestreichelt" werden, eingesperrt werden usw..



    Hingegen sollte theoretisch realpolitisch den Einstellungen der Menschen Rechnung getragen werden, wonach diese Tierquälerei mehrheitlich ablehnen. Folglich müssten mindestens Tierfabriken und Schlachthöfe verboten werden. Dann müsste die in der Gesellschaft vorhandene starke Befürwortung von Klimaschutz in der Politik bzgl. Tierproduktion berücksichtigt werden. Tierprodukte müssten demnach entweder sehr hoch bepreist werden oder aus dem Ansatz der Gleichheit (damit sich eben nicht nur noch Reiche Tierprodukte leisten könnten) heraus generell nicht angeboten werden.



    Tiefergehend müsste u.a. Speziesismus und Kapitalismus reflektiert werden. Wollten wir ein anderes, besseres Verhältnis zu anderen Tieren und den Menschen untereinander müssten müssten Wege gefunden und begangen werden, die aus Tierausbeutung, Lohnarbeit, Sexismus, Wachstumslogik, Behindertenfeindlichkeit, Rassismus usw. herausführen.

    • @Uranus:

      Tier"fabriken" und Schlachthöfe verbieten ?



      Zwangsveganisierung und anderen Menschen seine Ernährungsform aufzwingen ist auch ne Form von Diktatur.

      • @dasdada:

        Zum einen verstehe ich Ihren Einwand nicht. Die Gesellschaft ist mehrheitlich gegen Tierquälerei, oder nicht? Tierfabriken und Schlachthöfe sind Inbegriffe von Tierquälerei, oder nicht? Ehrlicher- und konsequenterweise müssten diese Institutionen abgeschafft werden, oder nicht?



        Wo wäre da der Zwang? Ein Ende der Schlachthöfe und Tierfabriken würde bedeuten, dass alle Menschen hierzulande vegan leben würden? Das glaube ich nicht. Gerade hier auf den TAZ-Seiten gibt es viele Kommentator*innen, die Bio-Haltung und eben auch das Töten von Tieren offenbar für vertretbar halten.



        Zum anderen lassen sich die aktuellen Verhältnisse, wenn mensch so will auch mit dem Begriff der Diktatur beschreiben:



        1. die Diktatur des Kapitals, also die Unterordnung von Gesundheit und Leben der Menschen und Tiere unter die Vermehrung des Kapitals.



        2. die Diktatur des Menschen über das Tier. Tiere dürfen für menschliche Zwecke wie Unterhaltung, Kleidung, Nahrung usw. ausgebeutet werden. Das Wohlergehen und das Leben der Tiere ist dabei nachrangig. Tiere dürfen Eigentum sein und der Mensch kann somit mit gewissen Einschränkungen willkürlich mit ihnen verfahren.



        Was ist an diesen Diktaturen erhaltenswert?



        Zum dritten - wo ist hier von "Zwangsveganisierung" die Rede?

        • @Uranus:

          Sie schreiben in Ihrem Post von Freitag 21:11 h, daß Tierprodukte " generell nicht angeboten werden."



          Das ist Zwangsveganisierung !

    • @Mimo:

      Dier Film ist kaum auszuhalten!



      Der Besitzer/Geschäftsführer was auch immer gehört sofort ins Gefängnis. Dass seine Mitarbeiter so mit Tieren umgehen wird von ihm nicht nur geduldet sondern gefordert. Auch diese Mitarbeiter müssten zumindest mit Bussgeldern bedacht werden.



      Dem Mann(plus Sohn?) darf nie wieder eine Tierhaltung erlaubt werden!

      • @Heiner Petersen:

        Moin Herr Petersen, freut mich das Sie sich die Zeit genommen haben sich diese qualvollen 7 Minuten zu gemüte zu führen, ich kann sie seither nicht mehr vergessen, ich bin traurig, dass ich in keiner Zeitung davon lesen konnte. Bussgelder reichen in so einem Fall nicht mehr aus, ALLE gehören bestraft, ALLE gehören eingeknastet...wer bei solch schrecklichen Taten mitmacht, hat seine Berechtigung ,sich jemals wieder einem Tier zu nähern, vertan...! Die haben den direkten Freifahrtschein in die Hölle verdient.....aber das Schlimmste am ganzen ist, das es wenig Konsequenzen nach sich ziehen wird, dass die Käserei mittlerweile auf die Milch dieses Hofes verzichtet mag ein kleiner Schritt sein, aber er ist eben nur sehr klein....)=



        @D-H. BECKMANN Verbreiten sie den Link, ich finde jeder sollte es Wissen und wissen wollen, damit auch mal die ganzen Schönredner der Wahrheit ins Auge blicken....und wenn schon die SOKO Tierschutz sagt:" wir haben diesen Sektor Jahre lang nicht im Auge gehabt und komplett unterschätzt" macht mir das sehr große Angst...

    • @Mimo:

      Ich habe die Sendung Report Mainz gesehen. Sie ist empfehlenswert!

  • Huch? Ist der vermeintliche Lobby-



    Geldkoffer etwa nicht bei allen Verantwortlichen, sondern nur bei unserer Weinkönigin angekommen?

    Klöckners Nebelkerzen sind an Lächerlichkeit nicht zu überbieten.

    • @Hans Dampf in allen Gassen:

      "Klöckners Nebelkerzen sind an Lächerlichkeit nicht zu überbieten"



      Stimmt!

  • Ist ein Label das Problem, oder die Haltung in der Massentierhaltung? Füttert die Viecher mit Biomüsli, dann kann man ein weiteres Label drauf pappen. Vielleicht sogar den in Deutschland rückläufigen Fleischkonsum rückgängig machen und die gestiegenen Fleischexporte noch weiter steigern!