Freispruch für Intendant Thomas Pekny: Betroffene haben kein „Glück“

Ein Gericht hat einen Münchner Theaterdirektor vom Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs freigesprochen. Der Richter sprach von „Glück“.

Drei Menschen stehen in einem sterilen Raum, dem Gerichtssaal des Landgerichts München: die Anwält:innen Florian Zenger und Eva Maria Krötz mit Thomas Pekny, Chef der Komödie im Bayrischen Hof

Thomas Pekny (r.), Chef der Komödie im Bayerischen Hof, vor Prozessbeginn im Gerichtssaal Foto: Peter Kneffel/dpa

Möglicherweise sei alles „so harmlos“ gewesen, wie Thomas Pekny die Vorfälle beschrieben habe. „Wenn nicht, dann haben Sie großes Glück gehabt“, sagte Richter Lantz am Mittwoch in seiner Urteilsbegründung zum Freispruch des Intendanten der Komödie im Bayerischen Hof in München. Dem 69-Jährigen wurden in mehreren Fällen Missbrauch und in einem Fall Vergewaltigung vorgeworfen.

Es ist problematisch, dass das Glück bei Vorwürfen sexualisierter Gewalt vor Gericht stets bei den mutmaßlichen Tä­te­r:in­nen und nicht bei den Betroffenen liegt. 2016 lag die Verurteilungsquote bei Vergewaltigung gerade mal bei acht Prozent.

Pekny soll auf dem Oktoberfest 2015 und 2016 drei betrunkene Frauen angesprochen, sie mit in die Proberäume seines Theaters genommen und dort Fotos und Videos von ihnen gemacht haben, während sie schliefen. Eine der Betroffenen war zu dem Zeitpunkt 20 Jahre alt und stark betrunken, ein rechtsmedzinisches Gutachten spricht von 2,8 bis 3,5 Promille. Die heute 25-Jährige sagt, sie habe „definitiv kein Einverständnis“ für jegliche sexuelle Handlungen gegeben.

Alle anderen Frauen konnten nicht polizeilich ermittelt werden, eine ehemalige Lebensgefährtin hatte die Fotos der schlafenden Frauen auf dem Handy von Pekny entdeckt und Anzeige erstattet. Laut Pekny sollen alle Handlungen, Foto- und Videoaufnahmen einvernehmlich stattgefunden haben.

Die Frage der Einvernehmlichkeit

Der hohen Betrunkenheitszustand der mutmaßlichen Betroffenen wertete das Gericht nicht als Indiz dafür, dass ein solcher Akt nicht einvernehmlich sein kann. Stattdessen beurteilten sie die Aussage der 25-Jährigen zwar als glaubwürdig, aber da sie Erinnerungslücken habe, könne das Gericht auch nicht ausschließen, dass es ein Einverständnis gegeben habe.

Ein Umstand, der häufig auftritt: Betroffene, die betrunken oder unter Drogen stehen, sind einer größeren Gefahr ausgesetzt und werden gleichzeitig als weniger glaubwürdig wahrgenommen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt hat. Pekny werde solange „selbstverständlich seine Ämter weiterführen“, teilte das Theater in München mit. „Das betrifft sowohl die Intendanz als auch die Geschäftsführung.“ Doch zwei weitere mutmaßlich Betroffene haben sich gemeldet, es wurde Anzeige erstattet. Vor dem Hintergrund der strukturellen Benachteiligung, die Betroffene sexualisierter Gewalt in Deutschland erfahren, kann man ihnen nur Glück wünschen.

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