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Freigabe von Whatsapp im IranEine reine PR-Maßnahme?

Die iranische Regierung will Whatsapp und Google Play freigeben. Doch für die Bevölkerung in Iran ändert es kaum etwas.

Der iranische Präsident Massud Peseschkian will zu Teilen die Whatsapp-Sperre aufheben Foto: Icana News Agency/ZUMA Pr

Berlin taz | Das iranische Regime plant die Sperre von dem Messengerdienst Whatsapp und dem App-Store Google Play aufzuheben. Was auf den ersten Blick wie ein Schritt in Richtung Freiheit wirke, sei bei genauerem Hinsehen nur eine PR-Maßnahme für die Menschen in Iran: „Das Regime kündigt immer wieder an, Sperren aufzuheben,“ sagt Tara, eine Aktivistin in Iran, die eigentlich anders heißt, der taz.

„Die Aufhebung der Sperre wurde bislang nur angekündigt, aber noch nicht umgesetzt. Ob das überhaupt passiert, ist noch gar nicht klar.“ Sie beschreibt die Ankündigung als reine Propaganda. Das Regime wolle im Ausland ein Bild von Reformen erzeugen, ohne tatsächlich etwas an der Lage der Menschen zu verbessern. Denn: Andere Apps bleiben nach wie vor gesperrt.

Selbst wenn die Sperre für Whatsapp tatsächlich aufgehoben werden würde, bleibt sie halbherzig: „Nur Teile von Whatsapp sollen entsperrt werden, nur Textnachrichten. Für das Senden von Videos oder Dateien brauchen wir dann trotzdem noch VPNs. Das bringt uns nichts.“

Viele Menschen in Iran umgehen die Sperren über geschützte Netzwerkverbindungen (VPN). Die VPN-Tunnel können es so aussehen lassen, als wären die Nutzenden in einem anderen Land. Sie bieten oft eine zusätzliche Schutzebene, indem sie den Internetverkehr verschlüsseln und die IP-Adressen der Nutzer verschleiern. Ohne diesen Schutz könnten die iranischen Behörden leichter überwachen, wer Whatsapp verwendet, und Metadaten wie Zeitstempel, Ab­sen­de­r*in und Emp­fän­ge­r*in für ihre Zwecke nutzen.

Überwachung leichter gemacht

Trotz Whatsapp-Sperre ist das Regime in der Lage, auf bestimmte Daten zuzugreifen und sogar Chats wiederherzustellen. Wenn Whatsapp nun ohne VPN genutzt werden kann, wird der Datenverkehr direkter über die nationalen Netzwerke geleitet, was es den Behörden noch einfacher machen könnte, Daten zu sammeln.

Ak­ti­vis­t*in­nen und Re­gime­kri­ti­ke­r*in­nen setzen ohnehin seit Jahren nicht auf Whatsapp, da die Plattform als unsicher gilt. Tara berichtet aus eigener Erfahrung: „Als ich festgenommen wurde, wurden die Hälfte der Vorwürfe gegen mich aus Whatsapp-Nachrichten konstruiert.“

Die Reaktionen in Iran auf die Ankündigung der Regierung sind eindeutig: „Wir lachen darüber. Für uns ist das insgesamt keine freudige Neuigkeit, nichts Aufregendes.“ Die Menschen sind sich bewusst, dass die angebliche Lockerung der Internetzensur keinen echten Mehrwert bringt und nur dazu dient, das internationale Image des Regimes aufzupolieren.

Sie finden: Es handelt sich um eine symbolische Maßnahme ohne Substanz. „Das wirkt eher wie eine Propagandashow“, lacht sie – und der Westen fällt wie so oft auch darauf rein.

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