Frauenquote in Unternehmensvorständen: Von null auf eins
Mindestens eine Frau soll künftig dabei sein, wenn der Vorstand aus mehr als drei Personen besteht. Um Zukunftsfähigkeit geht es dabei nicht.
J ennifer Morgan bei SAP. Christine Hohmann-Dennhardt bei Volkswagen. Janina Kugel bei Siemens. Die Liste der geschassten Vorständinnen – im Fall von Morgan sogar Vorstandschefin –, die an der gepflegten Buddykultur hiesiger Unternehmen scheiterten, ist lang. Wider besseres Wissen wurde bisher auf Freiwilligkeit gesetzt, um Frauen in die Vorstände zu bringen. Nur eine Zielgröße für deren Beschäftigung mussten größere Unternehmen vorlegen. Es war eine Mischung aus Hohn und entwaffnender Ehrlichkeit, dass ganze 70 Prozent die Zielgröße null wählten.
Jetzt setzten die SPD-Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht eine verbindliche Quote in den Vorständen börsennotierter und mitbestimmungspflichtiger Unternehmen durch. Nach monatelanger Blockade durch die Union feiert die SPD dies als „historisch“: „Wir machen Schluss mit frauenfreien Vorstandsetagen in den großen Unternehmen“, jubelt Giffey.
Schluss mit „frauenfrei“, das ja. Mehr aber auch nicht. Denn eine tatsächliche Quote, ein bestimmter Anteil am Ganzen, ist damit nicht erreicht. Mindestens eine Frau soll künftig dabei sein, wenn der Vorstand aus mehr als drei Personen besteht. Das heißt: Auch wenn der Vorstand deutlich größer ist, müssen es trotzdem nicht mehr Frauen sein. Umsetzen müssen dies zudem nur rund 70 Unternehmen.
Angesichts der Flut von Studien, die den Wert gemischter Teams für Unternehmen darlegen – stärkere Wettbewerbsfähigkeit, höherer Gewinn –, könnte man auf die verwegene Idee kommen, dass es bei der Verweigerungshaltung von Union und Wirtschaft gar nicht so sehr um den Erfolg der Unternehmen geht. Sondern darum, unter sich zu bleiben und den Buddies die besten Jobs zuzuschanzen. Von null im frauenfreien Vorstand auf eins ist angesichts dessen besser als nichts: Wenn eine Frau geschasst wird, rückt halt die nächste nach. Die Männerbünde in der deutschen Unternehmenskultur aber wird ein solches Gesetz kaum aufbrechen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft ade
ifo-Studie zu Kriminalitätsfaktoren
Migration allein macht niemanden kriminell