piwik no script img

Frauenfußball bei Borussia DortmundNichts für Romantiker

Borussia Dortmund will ein Frauenteam organisch wachsen lassen. Besser wäre ein Mäzenatentum wie bei RB Leipzig.

Schneller als die Klubführung: Die BVB-Fans forderten schon vor knapp einem Jahr ein Frauenteam Foto: Beautiful Sports/imago

Begeisternder Fußball in Schwarz-Gelb wird vom kommenden Sommer an keine reine Männerdomäne mehr sein“, so hat es Borussia Dortmund am Donnerstag, 10. September, mitgeteilt. Die etwas unglückliche Formulierung, die klingt, als habe der BVB von weiblichen Fans im Stadion noch nie etwas gehört, bezieht sich auf die Gründung eines Frauenteams, und interessanter, weil neu daran ist der nächste Satz: dass der Klub dafür keine Lizenz eines bestehenden Vereins übernehmen wird. „Es hat sich in allen Gesprächen herauskristallisiert, dass der authentische und sportliche BVB-Weg der richtige ist“, wird Geschäftsführer Carsten Cramer zitiert.

Authentisch und sportlich soll heißen: von ganz unten. Ab der Spielzeit 2021/22 wird ein BVB-Frauenteam in der Kreisliga B starten und soll innerhalb eines Jahrzehnts „möglichst in der Frauen-Bundesliga vertreten sein“. Darüber war in den letzten Monaten lebhaft debattiert worden.

Die Frage nach dem Wie hatte auch Gemüter bewegt, die sich sonst nicht so brennend für Frauenfußball interessieren, und der langsame Weg dürfte den Wünschen vieler Fans entsprechen, die löblicherweise auch befragt wurden. Die Entscheidung ist trotzdem nur die zweitbeste, denn sie denkt Frauenfußball vom Männerfußball her.

„Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, den Frauenfußball innerhalb des Vereins organisch von unten nach oben aufzubauen“, so teilt der BVB mit. Organisch, authentisch, ehrlich, das kommt gut an der Basis. Auf keinen Fall will man nämlich sein wie RB Leipzig, das sich im Männerfußball (und auch im Frauenfußball) auf halber Höhe einkaufte.

Naive Sichtweise

Aber das Argument ist naiv. Schon im Juli schrieb der Blog schwatzgelb.de: „Nähme sich der BVB vor, in die Bundesliga aufzusteigen, würde das passieren, früher oder später.“ Den Wettbewerb verzerrt er dabei so oder so, in der Kreisliga viel mehr als in der Bundesliga. Da unten ist der BVB nämlich nichts anderes als Red Bull, ein Neuankömmling mit absurd hohen Mitteln, professioneller Infrastruktur und Marketingabteilung, der es hinnehmen kann, Verluste zu machen. Originär aus dem Frauen-Business stammen seine Mittel sicherlich nicht. Organisch und ehrlich wäre höchstens ein dreißig Jahre dauernder Weg ohne Querfinanzierung.

Der Frauenfußball funktioniert anders, denn die dort aktiven Großklubs handeln ausnahmslos als Mäzene. Refinanzierbar ist hier nicht viel, Profite aus dem operativen Geschäft sind ein Fremdwort. Wo aber kein Geld reinkommt, muss im Kapitalismus erst von außen investiert werden. Das hören romantische Männerfußball-Fans nicht gern, ist aber so und kann von Volleyball bis Eishockey jede sogenannte Randsportart bestätigen. Wenn der BVB durch die Amateurligen tingelt, verliert er Zeit; die stagnierende Frauen-Bundesliga braucht den Großklub dringend, und jetzt.

Ein Jahrzehnt soll der Weg dauern, es könnte gut und gern länger werden; Leipzig, das 2016/17 in der Landesliga einstieg und drei Spielzeiten in der Regionalliga verbrachte, demonstriert, dass so eine Gipfelbesteigung auch im Frauenfußball nicht restlos planbar ist. Die Leipzigerinnen sind immer noch nicht oben angekommen.

Für den BVB freilich ist der Weg erst mal angenehm, weil günstig. Wohlwollende Berichterstattung und überschaubare Kosten, das Modell kann sich sehen lassen. Fans, die sich einen organischen Weg wünschen, könnten übrigens einfach mal zum Frauenfußball hingehen. Ihre Gelder machen die ganze Angelegenheit gleich viel finanzierbarer und Mäzenatentum überflüssig.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Alina Schwermer
freie Autorin
Jahrgang 1991, studierte Journalismus und Geschichte in Dortmund, Bochum, Sankt Petersburg. Schreibt für die taz seit 2015 vor allem über politische und gesellschaftliche Sportthemen zum Beispiel im Fußball und übers Reisen. 2018 erschien ihr Buch "Wir sind der Verein" über fangeführte Fußballklubs in Europa. Erzählt von Reisebegegnungen auch auf www.nosunsets.de
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • "Der Frauenfußball funktioniert anders, denn die dort aktiven Großklubs handeln ausnahmslos als Mäzene."

    Nur sind die "Mäzene" eben keine Oligarchen und sportfremde Großkonzerne, die Fußballvereine als reine Marketingplattform benutzen und im Falle mangelndes Erfolges verkaufen oder fallen lassen. Beispiele aus England gibts genug.

    Es ist überhaupt nichts Falsches dran, wenn sich große Vereine mit gewachsener Mitgliederstruktur und echter Fanbasis im Frauenfußball engagieren und dort einen Teil ihres finanziellen Erfolgs investieren. Das kann dem Sport an sich doch nur gut tun.

    Und auch wenn ein Frauenteam des BVB sicher anders agieren kann als der kleine Dorfverein aus der Provinz, ist ein der Weg eines regional verbunden Vereins und einer sportlichen Qualifikation trotzdem eine ganz andere Geschichte als die eines Brause-Milliardärs, der versucht im ganzen Land irgendeinen maroden Verein aufzukaufen, den zur Änderung seines Namens/Vereinsfarben/Wappen/Mitgliederstruktur nach Konzernwünschen drängt, sich Spiellinzenzen erkauft und dafür sein altes Spielzeug zum Ausbildungsverein degradiert. Nicht umsonst ist Mateschitz, bevor er Markranstädt aufgekauft hat, vorher in Düsseldorf, aud St.Pauli und bei Chemie Leipzig abgeblitzt.

    Fällt mir wirklich schwer nachzuvollziehen, wie man diese beiden Modelle gleichsetzen kann.