Frauen in der albanischen Regierung: Ein Patriarch macht auf Feminist
Albanien hat jetzt das weiblichste Kabinett der Welt: 12 von 17 Minister:innen sind Frauen. Doch die Lebensrealität vieler Frauen im Land ist düster.
Damit ist Albanien laut einer Liste der Vereinten Nationen weltweit das Land mit den meisten Frauen in der Regierung. Und so verkündete Rama am Freitag bei dem Votum mit großer Genugtuung: „Diese neue Regierung wird in die Geschichte eingehen.“ Doch diese Nachricht rief in Albanien gemischte Reaktionen hervor und entzündete auch eine Debatte über Frauenfeindlichkeit und Sexismus im Land.
„Edi Rama geht es nicht um die Frauen im Land, sondern nur um Edi Rama selbst“, sagt die Aktivistin und Feministin Gresa Hasa gegenüber der taz. Mit der Ernennung zahlreicher Ministerinnen wolle Rama nur sein Image als progressiver Führer pflegen.
Dabei ist Rama in ihren Augen doch nur ein typischer Patriarch. Das habe er etwa während seiner Zeit als Bürgermeister von Tirana von 2000 bis 2011 gezeigt, als er Journalistinnen als „Schlampen“ und „Nutten“ bezeichnet habe, aber auch während seiner vorherigen Amtszeiten, als er selbst im Parlament nicht mit sexistischen Witzen gespart habe.
Zudem habe Rama in seinen bisherigen zwei Amtszeiten „nichts“ getan, um die Situation von Frauen im Land zu verbessern, so Hasa. Allein im laufenden Jahr 2021 wurden in Albanien schon 17 Frauen ermordet – und das bei einer Einwohner:innenzahl von nur 2,8 Millionen. Sexuelle Belästigung sowie Gewalt durch Ehemänner sind verbreitet.
Kritik, Spott und sexistische Sprüche
Vielen Frauen fehlt es auch an einer Zukunftsperspektive, und sie enden oftmals in Callcentern oder Schuhfabriken, wo sie für einen Hungerlohn schuften, oder in gewalttätigen Ehen, aus denen sie sich wegen finanzieller Abhängigkeit und nachteiligen Scheidungsgesetzen nicht befreien können. Das Risiko, in Armut abzurutschen, ist für Frauen um ein Vielfaches höher als für Männer.
Die konservativen Programme der Rama-Regierung im Bildungssektor und die hohen Selbstkosten an Hochschulen haben die Chancen von Frauen noch verringert. Umso absurder ist es, dass sich die albanische Regierung jetzt als progressiv und frauenfördernd inszenieren kann.
Nach der Verabschiedung des neuen Parlaments hagelte es in den sozialen Medien, aber auch von Politiker:innen und Journalist:innen Kritik, Spott und sexistische Sprüche. Viele Kommentare stellten die fachliche Kompetenz der berufenen Ministerinnen in Frage – möglicherweise berechtigt. Denn viele Gesichter waren der Öffentlichkeit zuvor nicht bekannt, und Rama machte ihre fachliche Qualifikation auch nicht transparent. Andere Kommentare zielten unter die Gürtellinie.
„Diese Ministerinnen sind Ramas Marionetten“, sagt auch Hasa. Rama regiere zunehmend autoritär und lasse auch in seiner Regierung wenig Raum für Initiativen seiner Mitarbeiter:innen. Aber sie fügt hinzu: „Man kann die Ministerinnen dafür kritisieren, dass sie nichts anzubieten haben. Aber nicht, weil sie Frauen sind.“
Hasa fordert von Rama, der Inszenierung als progressive Regierung jetzt auch Taten folgen zu lassen, allen voran gleiche Bezahlung von Frauen und Männern, von der sie auch leben können, „damit Frauen die Chance haben, der Gewalt zu Hause zu entkommen“.
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