Frauen in der Bundeswehr: Integration vorerst gescheitert
Soldaten reagieren immer negativer auf ihre Kameradinnen, sagt eine Studie. Die Mehrheit findet, dass sie die Bundeswehr verschlechtert hätten.
BERLIN taz | Die Integration von Frauen in die Bundeswehr ist vorerst gescheitert. Das ergibt sich aus einer Studie des Instituts für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, die am Freitag vorgestellt wurde. Von einer „Eintrübung des Integrationsklimas“ sprach Soziologe Gerhard Kümmel, der eine Befragung von 2011 mit den Werten von 2005 verglich. Viele Indikatoren haben sich negativ verändert.
Befürchteten 2005 noch 52 Prozent der männlichen Soldaten, dass die Bundeswehr sich durch die Integration der Frauen zum Schlechteren verändert, so waren es 2011 schon 57 Prozent. 36 Prozent glaubten 2011, die Truppe verliere an Kampfkraft, 33 waren es 2005. Ein Drittel der Soldaten glaubte 2011, dass die Frauen weniger leisten als die Männer, auch diese Zahl hat sich leicht erhöht. Von 44 auf 52 stieg die Zahl der Männer, die glaubten, Frauen seien für körperlich fordernde Funktionen nicht geeignet. Statt 59 Prozent konnten sich nur noch 55 Prozent vorstellen, von einer Frau mit der Waffe verteidigt zu werden.
Ein Grund für die schlechte Laune dürfte folgende Wahrnehmung sein: Während nur 9 Prozent der Frauen 2011 meinte, sie persönlich erhielten mehr Unterstützung als Männer, waren 61 Prozent der Männer dieser Meinung. Bessere Karrierechancen für sich sahen nur 12 Prozent der Frauen, aber 62 Prozent der Männer glaubten an die Bevorzugung von Frauen. Unterdessen berichteten 55 Prozent der Frauen von sexueller Belästigung.
Die Bundeswehr fand es besonders mutig von sich, diese unangenehmen Zahlen zu veröffentlichen. "Wir haben nichts zu verbergen, erklärte Admiral Lange, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit. Welche Folgerungen die Bundeswehr aus der Studie zieht, mochte er noch nicht sagen, er gab lediglich zu, dass die Ergebnis "überhaupt nicht zufriedenstellend" sei. Wissenschaftler Kümmel führte die Verschlechterung der Lage darauf zurück, dass im Zuge des Umbaus der Bundeswehr die aktive Integration zum Erliegen gekommen war, als Beispiel nannte er die Seminare zu "partnerschaftlichem Handeln" an der Bundeswehrakademie, die mehrere Jahre ausgesetzt wurden.
Insgesamt ist die Stimmung in der Truppe schlecht. Insbesondere leiden die PartnerInnen und Familien der SoldatInnen. 44 Prozent der Frauen und 43 Prozent der Männer gaben an, dass ihre Beziehung aufgrund des Dienstes endete, 61 Prozent der Männer erzählten von einer Partnerschaftskrise.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen fand auf ihre unnachahmliche Weise ermutigende Worte zum Thema: "Die Daten zeigen, dass die Bundeswehr mit der gestarteten Attraktivitätsoffensive auf dem richtigen Weg ist und wir an vielen Punkten anzusetzen haben.," ließ sie ausrichten. Insbesondere die bessere Vereinbarkeit von Familie und Dienst stehe nun an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Aus für neue Kraftwerkspläne
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Russlands Nachschub im Ukraine-Krieg
Zu viele Vaterlandshelden