Frauen-EM vs Männer-Klub-WM: Schuld ist nur der Infantino
Die Klub-WM der Männer ist nicht mehr als ein Sommerlochturnier und killt doch die Frauen-EM trotz attraktiver Spiele. Das hat mit Überdruss zu tun.

Z um Glück ist sie jetzt vorbei. Nein, ich meine nicht die Vorrunde der EM in der Schweiz, hier einfachheitshalber und ungerechterweise „Frauen-EM“ genannt. Ich meine die Klub-WM der Männer in den USA. Ein mehrheitlich schreckliches Turnier, dessen Perversion am Sonntagabend für alle sichtbar wurde, als zum einen Fifa-Boss Infantino neben Ekelpräsident Trump postierte, zum anderen Letzterer sich nach der Pokalübergabe einfach nicht vom Siegerpodest vertreiben ließ.
Geguckt habe ich insgesamt circa 45 Minuten reinen Fußballs von dieser WM. Die letzten 10 Minuten irgendeines Spiels der Dortmunder, das ich längst vergessen habe, und die ersten 35 des Endspiels, bis Palmer von Chelsea das schöne Tor zum 2:0 und der vermeintlichen wie tatsächlichen Vorentscheidung knipste, kurz nach dem Water-Break, das, meine Vorhersage, demnächst als Werbezeitfläche fest in den Fernsehfußball integriert wird.
Apropos Fernsehfußball: Klar, ich hätte auch einfach das Spiel der Französinnen schauen können, das zeitgleich lief und wohl bestes Spektakel lieferte. Auch gilt es zu bedenken, dass die Klub-WM unter einfachen Leuten wie mich auch darunter litt, dass man wieder irgendeine Datenspende für einen Account bei einem Streaminganbieter hätte abgeben müssen, um alle Spiele sehen zu können. Und dann ist das moralische Argument bei mir keines, bedenkt man, dass auch die vermaledeite Katar-WM in aller Ausgiebigkeit von mir weggeguckt wurde, schlimmes Ausrichterland hin oder her.
Nur noch selektives Schauen
Und doch, und darauf wollte ich hinaus: Die Klub-WM der Männer war nicht mehr als ein Sommerloch-Turnier; Vorfreude, Freude und Nachfreude hielten sich in sehr überschaubaren Grenzen. Chelsea gewinnt? Who cares.
Zweite These: Die Klub-WM killt auch die Frauen-EM. Der ganze Fußballzirkus unter Infantino, der schon dem Namen nach das Zirkusartistische mit dem Kindlichen vereint, stößt einen mittlerweile so sehr ab, dass man nur mehr selektiv guckt: HSV ja, Pokalfinale okay, CL-Finale auch, DFB-Elf hin und wieder, Rest nein. Und unter diesem Rest fällt dann leider auch die Frauen-EM.
Dabei waren die 30 Minuten, die ich von dieser EM bislang geguckt habe, tatsächlich höchst attraktiv, und das liegt, ich möchte mich jetzt schon entschuldigen, nicht an einem eventuellen male gaze. Deutschland gegen Schweden bot beste Unterhaltung, ein schönes Rauf und Runter, auch taktisch lehrreich, mit vielen Toren. Nur leider war ich zur Halbzeit sehr müde und dachte, das geht sowieso 4:1 aus, die Deutschen sind erledigt.
Also, wenn ich an dieser Stelle nicht in den von der EM schwärmenden Chor einstimmen kann, dann liegt das an Infantino. Oder einfach gesagt: Ich bin vom Fernsehfußball mittlerweile so gelangweilt und geüberdrüssigt, dass ich nicht einmal die doch eigentlich ganz tolle Frauen-EM gucken will.
Zum Finale schalte ich dann wieder ein. Zumindest zur ersten Halbzeit.
*Nur etwas Kleines
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahl neuer Verfassungsrichter:innen
Brosius-Gersdorf: Bin nicht „ultralinks“
Geplatzte Richterinnen-Wahl
Keine Kompromisse mehr
Merz im ARD-Sommerinterview
Hohe Mieten? Nur ein Problem für den Staat, sagt Merz
Buch über Putins imperiale Strategie
Da knallen die Sektkorken im Propagandastab des Kreml
Rechte Hetze gegen Brosius-Gersdorf
Der lange vorbereitete Feldzug der FundamentalistInnen
Gesunde Böden, Gewässer, Wälder
Bauernverband möchte lieber keinen Naturschutz