Es ist ein oft bemühter Satz: Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive Titel. Frankreich hat sich gegen Belgien angeschickt, einen erneuten Beweis dafür zu liefern. Bei der WM 2014, als die Équipe tricolore reinsten Offensivfußball zelebrierte, sind sie am Realismus der deutschen Mannschaft im Viertelfinale gescheitert. Und am langen Arm des Manuel Neuer. Es zeigt sich nun: Sie haben gelernt.
War das schön, dieses erste Halbfinale? War die letzte halbe Stunde gegen Belgien, als sich die Mannschaft hinten verbarrikadierte, mit sechs, sieben Mann auf einer Linie, war das schön? Als Raphael Varane und Samuel Umtiti Ball um Ball aus dem Sechzehner dengelten: War das etwa schön?
Jedenfalls war es nicht spektakulär. Es gibt sehr wenige YouTube-Videos, die Zusammenschnitte von gelungenem Stellungsspiel feiern. Natürlich gibt es diese Grätschen, für die Gedenktage ausgerufen gehören. Aber generell gilt: Verteidiger haben ihren Job dann perfekt erledigt, wenn sich das Publikum drei Tage nach dem Spiel sie kaum mehr erinnern kann.
Das widerspricht dem Versprechen, das die Vermarkter dem Zuschauer gibt; es widerspricht den Bildern, die das Fernsehen gern hat, das Action sehen will, Explosionen, Verfolgungsjagden. Das Fernsehen liebt es, wenn die Protagonisten, die es zeigt, die Kontrolle verlieren; nur dann kann es sich der Zuschauer in aller Erhabenheit behaglich machen.
WM 2018: Und raus bist du!
Kroatien ist bei dieser WM genau genommen nicht ausgeschieden. Das Finale haben sie trotzdem mit 2:4 gegen Frankreich verloren. Und Mandzukic (Foto) geht als erster Eigentorschütze in die WM-Geschichte ein.
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Belgien verliert das Halbfinale mit 1:0 gegen Frankreich. Im Spiel um den dritten Platz können die Belgier jedoch punkten: sie gewinnen 1:0 und erklimmen damit das WM-Treppchen. Ein historischer Erfolg.
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Ein zerplatzer Traum: Die letzte WM-Finalteilnahme der Engländer war im Jahr 1966 im eigenen Land. Auch dieses Mal hat's nicht gereicht; die Mannschaft verliert im Halbfinale 2:1 gegen Kroatien. Auch im Spiel um den dritten Platz müssen sie sich geschlagen geben: Belgien gewinnt 1:0.
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Igor Akinfeew, im Achtelfinale gegen Spanien noch Elfmeterkiller, muss diesmal zu oft hinter sich schauen. Dennoch: Das in der Fifa-Rangliste schwächste Team hat sich hervorragend geschlagen, Zeiter in der Gruppe A, Spanien rausgeworfen, gegen Kroatien im Viertelfinale gut mitgehalten. Tolles Heimturnier.
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Weit gekommen, gut verteidigt, Deutschland und die Schweiz rausgeschmissen: Schweden scheitert erst im Viertelfinale mit 0:2 gegen England.
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Brasilien war stark. Aber Belgien war stärker. Das Aus für Neymar und Co kam im Viertelfinale nach einem 1:2.
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Uruguays Torwart Muslera patzt: Frankreich gewinnt das erste Viertelfinale mit 2:0, die Urus (ohne den verletzten Cavani) sind raus. Dennoch: Starker WM-Auftritt von Uruguay. Souverän in Gruppe A gewonnen und ein gutes Achtelfinale gegen Portugal abgeliefert.
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Achtelfinale. England gewinnt gegen Kolumbien. England gewinnt gegen Kolumbien im Elfmeterschießen. Kein Witz. Kolumbien fährt heim.
Die Schweizer können ihrer Favoritenrolle nicht gerecht werden. Emil Forsberg erzielt für Schweden in der 65. Minute den einzigen Treffer des müden Achtelfinales. Michael Lang (Schweiz, Foto) schleicht vom Platz.
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Japan schockt im Achtelfinale die favorisierten Belgier mit einem Doppelschlag nach der Pause: erst Haraguchi, dann Inui (Foto). Doch Belgien kommt zurück und schafft mit einem Tor in der Nachspielzeit den Lucky Punch. Japan muss heimfahren.
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Torhüter Guillermo Ochoa kann dem Ball nur noch entgeistert hinterhergucken - das 2:0 durch den Brasilianer Willian besiegelt das Ausscheiden von Mexiko, das einigen bis dahin als Geheimfavorit gegolten hatte.
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Kroatien setzt zum Jubel an, Dänemark versteift. Erst im Elfmeterschießen konnten sich die Kroaten durchsetzen und treffen im Viertelfinale auf Russland. Dänemark scheidet als starke Defensivmannschaft im Achtelfinale aus.
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Russlands Torwart Akinfeew hält im Elfmeterschießen zwei Elfer, einen von Koke (im Bild). Die sehr defensiv spielenden Russen kommen ins Viertelfinale. Für Spanien, den Weltmeister von 2012, ist im Achtelfinale Schluss.
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Ein schönes, faires, sportliches Bild: Cristiano Ronaldo (Portugal, r.) führt den verletzten Edinson Cavani (Uruguay), der zuvor zweimal getroffen hatte, vom Feld. Wenn es ums Ergebnis geht, ist das Bild spiegelverkehrt. Uruguay ist mit weiter, Portugal scheidet im Achtelfinale nach einer 1:2-Niederlage aus.
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Argentiniens Torwart Franco Armani fliegt umsonst: Benjamin Pavard trifft zum 2:2. Frankreich gewinnt das erste Achtelfinale der WM mit 4:3 und zieht ins Viertelfinale ein. Argentinien ist raus!
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Vorrundenaus: Senegal, 4 Punkte, 4:4 Tore, Gruppe H: einmal gewonnen, ein Unentschieden, einmal verloren. Punkt und torgleich mit Japan. Raus wegen Fairplay: Japan hatte am Ende zwei gelbe Karten weniger. Ganz bitterer Abschied für Senegal.
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Polen, 3 Punkte, 2:5 Tore, Gruppe H: Seit 12 Jahren hat Polen mal wieder an einer WM teilgenommen, die Erwartungen der Fans waren hoch. Aber Robert Lewandowski und seine Mitspieler lieferten nicht.
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Panama, 0 Punkte, 2:11 Tore, Gruppe G: Panama hatte bei seiner ersten WM nicht das größte Glück, mit Belgien und England als Gruppengegner. Aber: Die Mittelamerikaner haben ihr erstes WM-Tor geschossen – gegen England! Gegen Tunesien hätte es fast noch zu einem Punkt gereicht. Fast.
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Tunesien, 3 Punkte, 5:8 Tore, Gruppe G: Tunesien war neben Marokko das einzige Außenseiterteam, das versuchte, offensiv zu spielen. Auffällig war, dass die Tunesier am Anfang (Minuten 0 bis 10) und am Ende des Spiels (85. Minute bis Ende der Nachspielzeit) schwach waren. Nach einem knappen Sieg gegen Panama schieden sie aus.
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Deutschland, 3 Punkte, 2:4 Tore, Gruppe F: Schland unter, das war's. Der amtierende Weltmeister und Gruppenfavorit verliert gegen Mexiko und Südkorea und scheidet damit in der Vorrunde aus. Verdient.
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Südkorea, 3 Punkte, 3:3 Tore, Gruppe F: So sehen glückliche Verlierer aus. Trotz WM-Aus kann sich Südkorea über ein verdientes 2:0 gegen Deutschland freuen. Die Südkoreaner scheiden als Gruppendritter vor Deutschland aus dem Turnier aus.
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Costa Rica, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe E: Im letzten Spiel sicherte man sich knapp noch einen Punkt. Geholfen hat es nicht: Das Team muss nach der Vorrunde nach Hause fahren.
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Serbien, 3 Punkte, 2:4 Tore, Gruppe E: Zuletzt traf Serbien 2014 in einem Freundschaftsspiel auf Brasilien – und gewann mit 1:0. Vier Jahre später verlieren die Serben 0:2. Damit sind sie raus aus dem Turnier.
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Island, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe D: Island ist das Team, dass irgendwie jeder mag. Die Isländer spielen körperbetont, aber nicht unfair und sie agieren als Team. Bei ihrer ersten WM-Teilnahme konnten sie zwar nicht in die K.o.-Phase vordringen, aber sie haben mit drei guten Partien gegen starke Teams eine gute Premiere hingelegt.
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Nigeria, 3 Punkte, 3:4 Tore, Gruppe D: Ach ja, Nigeria. Es ist in den letzten vier Weltmeisterschaften immer dasselbe: Man ist mit den Argentiniern in der Gruppe, um knapp an ihnen zu scheitern.
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Australien, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe C: Australien hat in dieser WM mal wieder überrascht. Aufgrund ihres Kaders, der größtenteils mit Spielern aus zweitklassigen Ligen besetzt ist, wurden die Australier mehr oder weniger abgeschrieben. In einer schweren Gruppe konnten sie aber mit jedem Gegner mithalten – fast.
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Peru, 3 Punkte, 2:2 Tore, Gruppe C: Peru hat die leidenschaftlichsten Fans der WM – eine riesige WM-Euphorie. Im letzten Spiel zeigten die Peruaner dann, wie stark sie wirklich sind und besiegten Australien mit 2:0.
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Marokko, 1 Punkt, 2:4 Tore, Gruppe B: Marokko ist der Pechvogel der WM. Gegen Iran verlor man wegen eines Eigentores in der 95. Minute. Marokko hat außerdem, im Gegensatz zu vielen Underdogs, das ganze Turnier über versucht, offensiv zu spielen. Gegen Portugal und Spanien war das Team durchaus ebenbürtig.
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Iran, 4 Punkte, 2:2 Tore, Gruppe B: Der Iran hat bei der WM positiv überrascht. Besonders beeindrucked war, dass die Iraner sich von Spiel zu Spiel verbessert haben. Sie brachten sowohl Spanien als auch Portugal ins Schwitzen.
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Ägypten, 0 Punkte, 2:6 Tore, Gruppe A: Auch Ägypten stellte einen Rekord auf. Im Tor vertraute das Team auf den ältesten Spieler der WM-Geschichte, den 45-jährigen Torwart El-Hadary. Ansonsten bot Ägypten ohne Mohamad Salah im 1. Spiel gegen Uruguay offensiv nichts, Salahs zwei Tore in den anderen Spielen halfen auch nicht mehr.
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Saudi-Arabien, 3 Punkte, 2:7 Tore, Gruppe A: Saudi-Arabien hat einen speziellen Rekord aufgestellt. Mit 5:0 erlitten die Saudis eine der härtesten Eröffnungspleiten der WM-Geschichte. Trotzdem sind sie nicht so schlecht aufgetreten wie erwartet.
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Frankreich aber hat, zumindest in der letzten halben Stunde des Spiels vor dem Finale, mit 1:0 in Führung liegend, die Kontrolle nicht hergegeben. Damit hat es auch den Gegner frustriert. „Frankreich spielt Antifußball“, sagte Thibaut Courtois, der belgische Torwart. „Das war nicht schön anzusehen. Diese Mannschaft war nicht besser als wir.“
Ausgerechnet Thibaut Courtois, möchte man da rufen, der beim englischen FC Chelsea spielt, dem Inbegriff des dreckigen, ergebnisorientierten Spiels. Der müsste doch wissen, was es heißt, den Gegner derart zu frustrieren, dass er eine Tonne kaputt tritt. Aber das wäre freilich Whataboutism.
Es geht ums Spiel, nicht ums Ergebnis
Darum andersrum: „Ich kann mir nicht jeden Tag ein Ohr abschneiden“, sagte der Maler Martin Kippenberger einmal, und das gilt auch für Fußballspieler. Sie können den Erwartungen nicht gerecht werden. Insbesondere, weil diese in einem WM-Halbfinale doppelte sind. Einerseits sollen sie gewinnen, erfolgreich sein. Andererseits soll es ein hübsches Spiel sein, erinnerungswürdig, den aufgebauten Phantasmen entsprechen.
Es sind nur ganz wenige Spiele, in denen das zusammengeht. Deswegen sind bei Turnieren die Spiele um Platz drei mit die schönsten: weil es da, alles in allem, nur noch ums Spiel geht, nicht mehr ums Ergebnis.
Im Endeffekt sind nach Umtitis Tor beide Mannschaften an diesem doppelten Anspruch gescheitert. Frankreich hat sich in den eigenen Strafraum verbissen, das ist das eine. Aber die Antwort, die Belgien glaubte geben zu müssen, war nicht eben einfallsreich: hohe Bälle in den Strafraum, auf Romelu Lukaku und Marouane Fellaini. Die französische Mannschaft brauchte auch deswegen nicht zu glänzen, weil Belgien nur noch den Move nach vorn kannte.
Es gibt eine interessante Differenz zwischen jenen, die jeden ihrer Samstage einem Bundesligaverein widmen, und den anderen, die Fußball nur in Jubeljahren gucken: Erstere haben Verständnis für die Leistung, kein Tor zu kassieren. Diese Erkenntnis kommt nicht unbedingt aus einem Wissensvorsprung, er ist eher Ergebnis eines emotionalen Reifungsprozesses: Es kann nicht immer nur Kaviar sein.
War das, was Frankreich spielte, berauschender Fußball? Es war ein Plan, der aufging: Schönheit zweiter Ordnung.
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