Frankfurts ehemaliger OB vor Gericht: Korruptionsanklage gegen Feldmann
Der Feldmann-Prozess gilt als der spektakulärste Fall in der AWO-Affäre in Hessen. Nun ist die Beweisaufnahme geschlossen worden.
Feldmann habe mit den damals Verantwortlichen der Arbeiterwohlfahrt (AWO) stillschweigend eine rechtswidrige Vereinbarung getroffen und dadurch zusammen mit seiner damaligen Lebenspartnerin wirtschaftliche Vorteile angenommen; der AWO habe er im Gegenzug das „Wohlwollen“ der Stadt gesichert.
Hauptansatzpunkt der Anklage ist ein umstrittenes Beschäftigungsverhältnis, das die damalige AWO-Geschäftsführerin Hannelore Richter 2014 mit Feldmanns Freundin und späterer Ehefrau Zübeyde Feldmann geschlossen hatte. Ohne einschlägige Berufserfahrung war die junge Frau zu einem übertariflichen Gehalt zur Leiterin einer deutsch-türkischen Einrichtung berufen worden, nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft, weil sie die Partnerin des OB war und sich die AWO davon Vorteile versprach.
Zum damaligen Zeitpunkt sei die AWO ein anerkannter Wohlfahrtsträger gewesen, die Abzocke durch Verantwortliche, „dass dort alle Grenzen gefallen waren“, sei erst viel später bekannt geworden, betonte Feldmanns Verteidiger Christian Graßie. „Ich hätte damals genauer schauen müssen, was in meinem Umfeld passiert“, räumte Feldmann in seinem Schlusswort ein. Er sei damals davon ausgegangen, dass seine damalige Freundin wegen ihrer Qualifikation und interkulturellen Kompetenz eingestellt worden sei.
„Großartiges Amt“ verloren
Die angeblichen Vorteile aus diesem Arbeitsverhältnis seiner Partnerin habe er vor drei Jahren mit einer freiwilligen Zahlung von rund 20.000 Euro an die AWO ausgeglichen: „Ich wollte ein Zeichen setzen! Ich wollte nicht profitieren.“ Für seinen Fehler habe er mit der Höchststrafe gebüßt: „Vier Jahre Dauerstress und nationale Medienpolemik, blanker Hass in den sozialen Medien“, außerdem habe er sein „großartiges Amt“ verloren.
In einem vergleichbaren Fall einer ehemaligen Oberbürgermeisterin sei das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt worden, obwohl die sich, anders als er, sogar selbst bereichert habe. „Sie wollen ein Exempel statuieren“, hielt Feldmann Oberstaatsanwaltschaft Johannes Schmidt vor. Die Anklagebehörde fordert 180 Tagessätze à 175 Euro. Folgt das Frankfurter Landgericht, könnte der Ex-OB sogar seine Pensionsansprüche verlieren.
Der Feldmann-Prozess gilt als der spektakulärste Fall in der AWO-Affäre in Hessen. Führende Manager der AWO Frankfurt und Wiesbaden sollen sich über Jahre persönlich bereichert und ungerechtfertigte Zuwendungen an Privatpersonen geleistet haben, darunter auch an PolitikerInnen von SPD, CDU und Grünen. Vor den Gerichten sind rund ein Dutzend Verfahren anhängig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind