Franken-„Tatort“ aus Bayreuth: Eine Dominoeffekt-Mord-Maschine

Dieser „Tatort“ aus Bayreuth ist keiner wie jeder andere. Er ist eine Kriminalgeschichte als Rätselspaß. Dahinter steckt eine seltene Konstellation.

Ein Mann richtet eine Pistole auf eine am Boden liegende Frau

Franken-Tatort: Mord nur zur vollen Stunde Foto: Hendrik Heiden

Man muss sich die „Tatort“-Koordinations-Redaktion als kichernde Truppe vorstellen. „Welche Folge programmieren wir am Sonntag nach der Täglich-grüßt-das-Murmeltier-Nummer, irgendeine Idee?“ – „Hm, wie wär’s mit: ‚Ein Tag wie jeder andere‘?“ – „Knaller. Gekauft.“

Nur ist dieser Tag in Bayreuth dann eben nicht wie jeder andere, logo. Weil der brave Anwalt Thomas Peters (Thorsten Merten, schön mit Minipli unkenntlich gemacht, damit man nicht merkt, dass er eigentlich Kommissariatsleiter der Weimar-Filiale ist) um Punkt zwei Uhr in einer Gerichtsverhandlung den Richter abknallt und dann um drei wieder losschlägt und um vier Uhr erneut. Und dass die Kommissare Ringelhahn (Dagmar Manzel) und Voss (Fabian Hinrichs) schon zur Stelle sind und ihn erschießen, bevor er abdrückt.

Bis klar wird: Der arme Mann wurde als Auftragskiller missbraucht. Von einem, der nach Jahren sein totgeborenes Kind rächen will. Und es nicht selbst machen kann, weil er im Rollstuhl sitzt (Stephan Grossmann mal als kalter Fiesling). Ein Skandal um vergiftete Milch, in den alle, die Peters erledigt, verwickelt waren.

Dass man sich schon nach ein paar Minuten so sehr an der herrlich verwischten, normalen Jovialität erfreut, mit der Manzel und Hinrichs miteinander sind, sich anmotzen, solidarisch sind, dass man wünschte, es würde ewig dauern, ist das eine. Doch der Clou an dieser Story ist, dass hier nicht das große Gesellschaftsthemenfass aufgemacht werden muss, um zu zünden. Hier wird am Ende der Milchpanschfirmenchef ermordet – in einem übermäßig gesicherten Raum. Ein großer Rätselspaß, für alle.

Kein Wunder, dahinter steckt die Teamarbeit von Erol Ye­sil­kaya und Sebastian Marka, mal wieder: eine Seltenheit, so eine fixe Konstellation. Seit Joachim Króls Abschieds-„Tatort“ „Am Ende der Straße“ wechseln sie sich ab als Autor und Regisseur (oder zumindest damit, wer als was genannt wird), hauen ein Superding nach dem anderen raus: Die Berliner „Meta“-Folge mit Film-im-Film war darunter, die Münchner Story „Die Wahrheit“, der Murot- „Tatort“ „Es lebe der Tod“. Und nun eben eine Kriminalgeschichte, die wie eine dieser Dominoeffekt-Maschinen gebaut ist und deren Mechanismus man zunächst nicht erkennt, obwohl man genau hinschaut. Definitiv kein „Tatort“ wie jeder andere.

Franken-„Tatort“: „Ein Tag wie jeder andere“, So., 20.15 Uhr, ARD

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