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Frank Zander eröffnet Bude in BerlinEin Populist in Sachen Currywurst

Der Sänger Frank Zander ist nicht nur Spaßmacher und Sprücheklopfer. Jetzt eröffnet er eine Currywurstbude in Berlin-Reinickendorf.

Frank Zander gehört in Berlin längst zum Establishment der echten Volxkünstler Foto: dpa

Irgendwann in den mittleren 1970ern war er auch über Westberlin hinaus weltberühmt: Frank Zander, der für seine feine, keineswegs gehässige, immer auch selbstveräppelnde Variante des Populisten schon im Westteil der Stadt viel dafür getan hatte, bekannt zu werden.

Er hat den Beruf des Grafikers gelernt, aber der bot zu wenig Bühne, zu wenig Glanz und Gloria für einen Flachser, Spaßmacher und Sprücheklopper wie ihn: Zander hat Lieder wie „Der Ur-Ur-Enkel von Frankenstein“, „Ich trink auf dein Wohl, Marie“ und eine spezielle Fassung des Falco-Schlagers „Jeannie“ gesungen: Der Mann, 1942 in Neukölln geboren, als dieses Viertel noch fern von Migration proletarisch war, bekam als zweiten Namen Adolf mit auf den Weg – den ließ er, offenbar als Führergeschenk gezeugt, in Kurt ändern, was immer noch volkstümlich genug klang. Ein Kind feiner Pinkel war Zander ja nie.

Er gehört in Berlin längst zum Establishment der echten Volxkünstler – auch, weil er seine Beliebtheit Jahr für Jahr einem sozialen Engagement zugute kommen lässt, das wirklich auf Tuchfühlung geht: Auf seine Initiative gibt es zur Weihnachtszeit Bescherungen und Partys für Obdachlose. Das kommt beim Berliner als solchen genau so gut an wie die Tatsache, dass Frank Zander Spieltag für Spieltag im Olympiastadion eine Hymne auf Hertha BSC intoniert: „Nur nach Hause“.

Als die Vereinsführung ihm neulich diesen Live-Einsatz zwar nicht verbieten, aber doch nicht direkt vor dem Anpfiff platziert sehen wollte, gab es viele Proteste, besonders lautstarke durch den Sänger selbst. Inzwischen ist es aber wieder wie früher, Zander, der Mann, der nie andere als schrippenblonde Haare hatte, kann wieder im Mittelpunkt stehen, da, wo auch der gemeine Berliner seinen Platz auf Erden am liebsten sieht.

Tag der Currywurst

Am 4. September ist nicht nur Tag des Zeitungsausträgers und Tag der Wildtiere, sondern auch Tag der Currywust. Angeblich hat die Berliner Imbissbuden-Besitzerin Herta Heuwer am 4. September 1949 die Currywurst erfunden. Laut dem Berliner Currywurstmuseum werden in Deutschland jährlich 800 Millionen Currywürste verzehrt.

Zander ist vielfach geehrt worden, vor vielen Jahrzehnten auch mal mit dem Bronzenen Bravo-Otto für seine Beliebtheit bei Jugendlichen. Besonders teuer ist ihm aber die Neuköllner Ehrennadel, verliehen durch Franziska Giffey, damals noch Bürgermeisterin des hippen Stadtteils, heute Bundesfamilienministerin. Auch den Verdienstorden des Landes Berlin ist dem 76-Jährigen zuerkannt worden.

Inklusion im wahren Leben

Womöglich ist das alles Ansporn für einen wie ihn, den bekennenden Berliner, der sein Leben immer im Griff hatte, auch materiell. Im Bezirk Reinickendorf hat er nun mit einem Kompagnon eine Currywurstbude eröffnet, der Name des Ladens: „Zum Würfel II“. Man erkennt: Andere mögen eine Burgeria oder einen Caffe-Latte-Schuppen in Kreuzberg, Mitte, Neukölln oder im zunehmend angesagten Wedding entreprenieren – der Fränkie aber, der geht in einen Bezirk, der von Gentrifizierung bislang verschont wurde.

Dorthin, wo sein Publikum lebt, wo es ihn liebt – und wo man ihm nicht übelnimmt, dass er, typisch Berlin, zu peinlichen Scherzen, uncoolen Maskeraden (Schlümpfen!, violette Paillettensakkos!) und Schrebergarten-Rummel neigt. Sein Motto, auf seiner Webseite zu lesen: „Hallo Freunde, hier seid ihr richtig“. Das ist Inklusion im wahren Leben!

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2 Kommentare

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  • "1942 in Neukölln geboren, als dieses Viertel noch fern von Migration proletarisch war" diesen Satz muss man sich langsam einmal im Kopfkino Revue passieren lassen. Migration war/ist also fern von proletarisch. Jeder Mensch ohne Migrantenphobie weiß, dass Arbeiterviertel durch Migration entstehen und wachsen. Die Eltern oder Großeltern von Adolf Zander waren wie alle ihre Nachbarn aus ganz Europa nach Rixdorf/Neukölln eingewandert. Warum werden die Paar Einwanderer die später aus Europa angrenzenden Regionen kamen ausgegrenzt durch die Formulierung: "fern von Migration" beginnt das proletarische Neukölln. Die geflüchteten Bewohner Neuköllns sind genauso Proletarier, wie alle Zuwanderer Neuköllns in den 100 Jahren zuvor. Klar gibt es auch heute Migranten in Neukölln aus Hamburg oder aus Schwaben, die nichts proletarisches an sich haben ausser der Jugendsünde der Mitgliedschaft in einer maoistischen Sekte in jungen Jahren. Aber auch diese Migranten verkraftet Neukölln sehr gut.

  • Kleene Korrektur am Rande: Der gute Frank hat nie was mit Schlümpfen gemacht. Seine Mitsänger bei "Ja, wenn wir alle Englein wären" waren Hamster, deren Stimmen aber ähnlich elektronisch bearbeitet waren, wie die der singenden Schlümpfe. (Einer dieser Hamster wurde übrigens von Hugo Egon Balder gesprochen.) Ich gebe zu: Extrem unnützes Wissen...