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Fraktionswechsel im AbgeordnetenhausBerliner Ex-Linker wechselt zur SPD

Der aus der Linken ausgetretene Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg geht zur SPD. Friedrichshain-Kreuzbergs Ex-Linken-Stadtrat Nöll schließt sich an.

Seit 2016 Mitglied des Abgeordnetenhauses, ab Mittwoch in der SPD: Der Haushalts- und Rechtsexperte Sebastian Schlüsselburg Foto: Sören Stache/dpa

Berlin taz | Der ehemalige Berliner Linken-Politiker Sebastian Schlüsselburg wechselt zur SPD. Der Parteieintritt sollte eigentlich erst an diesem Mittwoch von der Berliner SPD-Spitze verkündet werden, durchgesickert ist er gleichwohl am Dienstag. Zumindest bei den So­zi­al­de­mo­kra­t:in­nen wurde schon länger darüber spekuliert.

Der Haushalts- und Rechtsexperte Schlüsselburg war vor gut drei Monaten bereits aus der Linkspartei ausgetreten und gehörte der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus seither als Parteiloser an. Nach Bekanntwerden des geplanten Wechsels zur SPD verließ Schlüsselburg noch am Dienstag die Linksfraktion.

Er sei zudem zur Rückgabe seines Mandats aufgefordert worden, teilten die Fraktionschefs Anne Helm und Tobias Schulze mit. Dem dürfte der Ex-Linke nicht nachkommen. Nach taz-Informationen ist sein Eintritt in die SPD-Fraktion beschlossene Sache. Eine Sprecher-Funktion soll er vorerst nicht bekommen, wie es heißt.

Schlüsselburg gehört dem Abgeordnetenhaus seit der Wahl 2016 an, sein damals gewonnenes Direktmandat in seinem Wahlkreis in Berlin-Lichtenberg verteidigte er sowohl 2021 als auch bei der Wiederholungswahl 2023. Ende Oktober 2024 verließ er zusammen mit Ex-Kultursenator Klaus Lederer, Ex-Sozialsenatorin Elke Breitenbach, Ex-Bausenator Sebastian Scheel und anderen die Linke nach einem Streit um den Umgang mit antisemitischen Positionen in der Partei.

Kritik am „vermeintlich linken Bewegungspopulismus“

Der 41-Jährige warf der Berliner Linken im Anschluss nicht nur eine lasche Haltung in Sachen Antisemitismus vor. Auch monierte Schlüsselburg, dass im Landesvorstand „die Stimmen, die auf vermeintlich linken Bewegungspopulismus setzen und die Partei und Fraktion zu deren Transmissionsriemen machen wollen“, seit längerem „die Oberhand gewonnen“. Für ihn nicht länger tragbar.

Schon damals hatten die Linken-Landesvorsitzenden Franziska Brychcy und Maximilian Schirmer gefordert, Lederer, Breitenbach, Schlüsselburg, Scheel und der ebenfalls ausgetretene Ex-Fraktionschef Carsten Schatz sollten aus der Fraktion austreten.

Die Fraktion zeigte sich in der Hinsicht zurückhaltender. Zumal die Sorge bestand, dass bei einem Rauswurf weitere Abgeordnete, die Lederer und den anderen nahe stehen, Partei und Fraktion verlassen und „der Laden komplett auseinanderfliegt“. Alle fünf blieben daher gemeinsam Mitglieder der Linksfraktion – bis Schlüsselburg jetzt ausscherte.

Von den anderen vier Parteilosen sind keine Fraktionsaus- und Übertrittsüberlegungen bekannt. Im Gegenteil, Lederer und Breitenbach teilten am Dienstagabend auf Bluesky mit, sie „treten in keine Partei ein und wechseln auch nicht die Fraktion. Alles bleibt wie bisher. Aus Gründen.“

Anders sieht es in den Bezirken aus. So soll der stellvertretende Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Oliver Nöll, bei den So­zi­al­de­mo­kra­t:in­nen eine neue politische Heimat gefunden haben. Auch Nöll war im Zuge des Antisemitismus-Streits aus der Linken ausgetreten.

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1 Kommentar

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  • taz: *Der ehemalige Berliner Linken-Politiker Sebastian Schlüsselburg wechselt zur SPD.*

    Wenn ein Berufspolitiker in seiner Partei langsam arbeitslos wird, dann muss er eben die Partei wechseln. Sebastian Schlüsselburg ist Diplom-Jurist. Von Juristen gibt es schon seit Jahrzehnten so viele, wie es auch schon Betriebswirte bei uns 'in Massen' gibt. Und wenn man nicht zum Jobcenter möchte, dann muss man halt in eine Partei eintreten wo die politische "Überlebenschance" größer ist. Wenigstens wechselt Sebastian Schlüsselburg nicht zur CDU.