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Fotografie in den 1980ernLächeln können die anderen

Ostwestfalen sind nicht unfreundlich. Sie verteilen nur ihre Energien anders. Martin Langer hat ihren Alltag in den 80er Jahren festgehalten.

Partnerlook mit Pelz, Mütze und Blicken auf der Kavalleriestraße in Bielefeld, 1984 Foto: Martin Langer

Manche Dinge sind in Ostwestfalen weniger wichtig als anderswo. Warum einen Fremden unnötig damit behelligen, dass man das Gesicht zu einem Lächeln verzieht? Reicht es nicht, dass er hier sein und seine Faxen machen darf? Man darf die gewisse Kühle im Blick der beiden Damen im Pelz zum Beispiel nicht falsch einschätzen.

Die Menschen in Ostwestfalen sind nicht unfreundlich, wirklich nicht. Sie verteilen nur ihre Energien anders, zweckmäßiger. Sie wissen Prioritäten zu setzen – und wenn die Aufgabe klar ist, hält sie nichts mehr auf. Gegen das Management eines ostwestfälischen Schützenfests kann das Rheinland mit seinem Karneval einpacken.

Der Fotograf Martin Langer kommt aus Göttingen, hat sich aber von seinem Studienort Bielefeld in den Achtzigerjahren zu seiner Fotoserie aus und über Ostwestfalen inspirieren lassen. Er schreibt dazu: „Diese Region, an der die ­Weltgeschichte doch eher vorbeiwabert, (bis auf Dr. Oetker und das Hermannsdenkmal), die mir ein Zuhause während des Studiums gab, ist typisch deutsch.“

In Ostwestfalen würde man sagen: Ja, was denn sonst? Und wenn Langer den Titel seines Bildbands – „Land des Lächelns“ – ironisch gemeint haben sollte, so stieße diese Ironie vor Ort selbst auf Unverständnis: Was will der denn? Will der sich hier wichtigmachen?

Immerhin keine Ablehnung

Land des Lächelns, so nennt man doch China. Und die sind damit groß geworden, dass sie ostwestfälische Technologien kopiert haben, so ist das nämlich. Leiterplattenklemmen und Relaiskoppler von Weidmüller in Detmold sind bis heute unübertroffen! So viel zur Weltgeschichte!

Wobei – in den Achtzigerjahren, als Langer seine Fotos in und um Bielefeld herum schoss, war vom Aufstieg Chinas noch nicht wirklich die Rede, ebenso wenig von den Hidden Champions, den vielen familiengeführten Exportunternehmen in Ostwestfalen-Lippe. Nixdorf in Paderborn war der deutsche Computerbauer schlechthin.

So ein kalifornischer Hippie namens Steve Jobs soll damals bei Heinz Nixdorf aufgetaucht sein: Man könne doch zusammen kleine Computer für den Hausgebrauch bauen, kalifornisch-ostwestfälisch quasi?

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Heinz Nixdorf hielt das für Quatsch. Die Zukunft des Computers lag selbstverständlich in Büroräumen und nirgends sonst, fand er, und schickte den Typen zurück nach Amerika. Wollte sich wohl wichtigmachen.

Sich hervortun, sich zeigen: Das war in den Achtzigern sowieso noch nicht so der Stil, und in Ostwestfalen schon einmal gar nicht. Das Mädchen, das im Glanzanzug in der Brackweder Disko Bierdorf bei einem Schönheitswettbewerb auftritt – es ist deshalb ganz schön mutig. In den Gesichtern des Publikums aber steht immerhin keine Ablehnung, sondern Respekt. Darum lächelt von denen auch kaum jemand. Muss man ja auch nicht immer.

Martin Langer: „Das Land des Lächelns: Eine westdeutsche Provinz in der 80ern“. Seltmann Publishers. 100 Seiten. 39 Euro.

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7 Kommentare

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  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - merkt an:

    “OW(ie) L(ächelt )

    Es ist sicher nicht mehr zu überprüfen, aber die bepelzten Damen waren vermutlich Gästinnen.“

    kurz - nach kurz bedacht - hatte ich das auch gedacht - 🙀😱 - 🤣 -



    Abstürzende Brieftauben - Paderborn -



    m.youtube.com/watch?v=DVB-G-Qnx6w



    Refrain



    Pa--Pa--Paderborn, dort hab' ich mein Herz verlorn'



    Bi--Bi--Bielefeld, da hab ich noch ein Bier bestellt

    Ich bin noch immer in dieser Schenke



    Die Vögel singen, es wird schon hell



    Da ist ein Mädel, an das ich denke



    Und die Probleme fahren Karussell



    Ich kaufte Ringe und auch Champagner



    Es hatte leider keinen Zweck



    Die Ringe trag ich unter den Augen



    Ich bleib alleine, sie ist weg.“



    Eben - Bist da. Willste wech •

    • @Lowandorder:

      Was ich mich btw & entre nous frage:

      Von Beamtensilos in WI =>



      Nach Paderborn - ich krieg‘n Horn!



      Kultureller Braindrain - Aber wie - 🤪 -

  • Ach was! Es bleibt dabei: OWL - biste da - willste wech!



    &



    “Wenn was nicht gelingt in dieser Welt.



    Gelingts auch nicht in Bielefeld.“



    &



    Reichdrückerkollonenführer Reinhard Mohn - beerbte Liz - sei Stöpselmädel.



    & Oetker mal - Obenauf in Tüte ohn Zahl



    “ Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 trat der Geschäftsführer der Oetker-Werke, Richard Kaselowsky, am 1. Mai 1933 in die NSDAP ein. Nach der Reichstagswahl am 5. März 1933 prangte auf der von Oetker gestifteten Oetkerhalle ein großes, hell leuchtendes Hakenkreuz, und an der Fassade der Halle war ein riesiges Porträt Adolf Hitlers angebracht. Der direkt daneben liegende Bürgerpark wurde am 20. April desselben Jahres durch die Stadt Bielefeld in Adolf-Hitler-Park umbenannt.



    Richard Kaselowsky war seit dem Tod von Louis Oetker im Jahr 1933 der einzige Firmenchef von Oetker. Kaselowsky war auch Mitglied im „Freundeskreis Reichsführer SS“, in dem sich Industrielle und Unternehmer sammelten, die „ausgesuchte, politisch zuverlässige und loyale Leute waren“



    … Am 13. Januar 1941 feierte Oetker sein 50-jähriges Betriebsjubiläum mit einer großen Feier in Bielefeld. In einem Grußwort schrieb Gauleiter Alfred Meyer: „Es gab eine Zeit, da es nicht populär war, sich zur Partei zu bekennen. Damals schon tat es Euer Betriebsführer.“



    … Im Oktober 2013 erklärte August Oetker gegenüber - Die Zeit: „Mein Vater war Nationalsozialist“



    de.wikipedia.org/w...._August_Oetker_KG



    Zum “Wiederaufbau“ nach WK II kann ich - mein Vater war Großhändler in der Branche - daß der saubere Herr Oetker mit rüdesten Methoden - zB Schwartauer Werke seine Marktstellung ausbaute!

    kurz - Gelächelt hat da niemand!

    unterm——servíce



    de.wikipedia.org/wiki/Reinhard_Mohn -



    Wie glaubhaft das war - als Mann mir beim Vorturnen bei Bertelsmann in Gütersloh versicherte. Daß die Zeiten vorbei seien - wo Reinhard Mohn der Oma im Dämmerlicht unter der Brücke das 5. HÖR-ZU-Abo angedreht habe - vorbei seien.



    Laß ich mal offen.

  • 7G
    75787 (Profil gelöscht)

    Dazu passen die "21 Zeichen, dass du ein echter OWLer bist" (Huffington Post). Punkt 11 sei exemplarisch herausgegriffen:

    11) Du findest, dass Ostwestfälisch der klangvollste Dialekt Deutschlands ist.



    Pinöckel, Pimpernellen, Pöter, Plürre, Gedöns, „noch ‘n Tucken”, oder „inne Fitzen”. Diese Lautmalerei! Diese starken Konsonanten! Diese Poesie!

    • @75787 (Profil gelöscht):

      Much all weesen. But.

      Ein Lächeln als ENERGIEVERSCHWENDUNG begreifen!



      Auf den Hirnriß - mußte erstmal kommen! Gellewelle&Wollnichwoll •

  • Zitat: „Das Mädchen, das im Glanzanzug in der Brackweder Disko Bierdorf bei einem Schönheitswettbewerb auftritt – es ist deshalb ganz schön mutig.“

    Hm. Ob wohl demnächst ein Algorithmus das Bild aus dem Internet löscht, weil sich „das Mädchen“ nicht rasiert hatte unter den Achseln? Empfindliche Gemüter, nicht nur in Ostwestfalen, könnten daran Anstoß nehmen, nicht? Mehr, jedenfalls, als an den beiden Damen, die sich mit sehr viel fremdem Fell am Körper schmücken.

    Ob der Fotograf der jungen Frau von damals, (wenn sie noch lebt) mit seiner Ausstellung einen größeren Gefallen erweist als so ein Algorithmus mit seiner Löschaktion, müsste sich jedenfalls auch erst erweisen. Die einen würden sicher so sagen, die anderen hingegen so. 🤷

    • @mowgli:

      Moin. Der Fotograf, hat er denn die Aufgabe, irgendwem einen Gefallen zu erweisen, wie Sie schreiben? Oder ist es nicht eher seine Aufgabe, sich als Künstler nach seinem Gusto auszudrücken? Man nennt das 'subjektive Fotografie'. Der Fotograf ist weder ein Dokumentarist, noch ein Geschichtsschreiber.