Fotograf in Bangladesch festgenommen: Nach kritischem Interview entführt
Der preisgekrönte Fotograf Shahidul Alam stellte sich auf die Seite der protestierenden Schüler in Bangladesch. Kurz darauf kam er in Haft.
In den Straßen der Hauptstadt protestieren derzeit zehntausende junge Bangladescher gegen die Regierung. Nachdem zuvor bereits Studenten gegen Privilegien bei der Vergabe von Regierungsjobs auf die Straße gingen, schlossen sich nach dem Verkehrstod zweier Kinder auch die Schüler an, die dafür das korrupte und chaotische Verkehrssystem verantwortlich machen.
„Die Regierung dachte, man könnte die Proteste einfach niederschlagen. Aber dieses Mal hat sie sich verschätzt“, erklärte Alam dem Nachrichtensender Al-Dschasira kurz bevor man ihn abführte.
Am Montag wurde Shahidul Alam vor Gericht präsentiert. Die Polizei wirft ihm vor, online Gerüchte verbreitet zu haben und damit gegen Bangladeschs Telekommunikationsgesetz verstoßen zu haben. „Man hat versucht ihn im Gefängnis gewaltsam zu einem Geständnis zu bewegen“, bestätigte Alams Anwalt Jyotirmoy Barua der taz. Als Alam selbst kurz für Journalisten zu sehen war, rief er ihnen zu: „Man hat mich geschlagen, mein blutiges Hemd gewaschen und mir wieder angezogen.“
Die Geheimdienste und Polizeikräfte in Bangladesch sind dafür berüchtigt, unbequeme Gegner wie den international renommierten Fotografen verschwinden zu lassen. Die in Dhaka ansässige Menschenrechtsorganisation Odhikar zählte seit Januar 20 solcher Verhaftungen und rechnet angesichts der Parlamentswahlen im Dezember mit einer weiteren Zunahme.
„Bilder können Wandel herbeiführen“
Shahidul Alam ist eine prominente Figur in Bangladesch. Der mit Preisen ausgezeichnete Fotograf, dessen Werke vom Museum of Modern Art in New York bis zum Centre Pompidou in Paris ausgestellt waren und der mehrfach Teil der World Press Photo Jury war, ist ein liberaler Vordenker in Bangladesch. Er gründete eine Agentur, ein Festival und ein Institut für Fotografie. Er half ein Kollektiv von Fotografinnen zu gründen und organisierte Ausstellungen, die im religiös-konservativen Bangladesch Tabuthemen wie Homosexualität thematisierten.
„Ich hatte selbst schon mehrfach Ärger. Ich bin nur deshalb noch am Leben, weil meine Freunde immer sehr schnell zur Stelle waren“, sagte Shahidul nachdem er im vergangenen Jahr burmesischen Kollegen in seinem Haus selbst Zuflucht vor dem bangladeschischen Geheimdienst geboten hatte.
Menschenrechtsgruppen und Journalistenvereinigungen weltweit forderten Alams sofortige Freilassung. Julie Trébault von PEN America sagte in einer Stellungnahme: „Es geht hier nicht nur um einen einzelnen Angriff, sondern um den generellen Versuch kritische Stimmen in Bangladesch einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen.“
Zum zehnjährigen Jubiläum seiner Fotoschule sagte Alam 2008: „Bilder können sozialen Wandel herbeiführen. Es geht darum jungen Leuten Gedankenanstöße zu geben und sie zum kritischen Denken anzuregen.“ Viele der Journalisten, die das Geschehen auf den Straßen Dhakas derzeit dokumentieren, sind Schüler von Shahidul Alam.
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