Fortpflanzung bei Beuteltieren: Selbstmord durch Spermakonkurrenz

14 Stunden Sex mit verschiedenen Partnerinnen sind zu viel. Männchen verschiedener Säugetiergattungen überleben die Paarungszeit nicht.

Männliche Pinselschwanz-Beutler sterben oft nach dem Sex Bild: imag/blickwinkel

BERLIN taz | Die Paarungszeit endet für männliche Pinselschwanz-Beutler tödlich. Dieses Schicksal teilen sie mit vier anderen Säugergattungen, die alle zu den Beuteltieren gehören. Australische Biologen haben versucht, die evolutionären Ursachen des selbstmörderischen Reproduktionsverhaltens zu erklären.

Bei insektenfressenden Beuteltieren sterben sämtliche Männchen nach einem Fortpflanzungszyklus, berichten die Wissenschaftler in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS). Todesursache ist die Folge einer zu hohen Hormon-Konzentration: Die Tiere schütten zur Fortpflanzungszeit große Mengen Testosteron aus. Der Sexual-Botenstoff provoziert eine massive Ausschüttung von Stresshormonen, das Immunsystem kollabiert – das Tier verendet.

Während eines Paarungexzesses von 12 bis 14 Stunden mit möglichst vielen Weibchen verbrauchen die Tiere sämtliche Energie. „Sie bringen sich um, indem sie sich auf derart intensive Weise paaren“, sagt Autorin Diana Fisher von der University of Queensland. „Das ist eine Folge sexueller Selektion.“ Fisher erklärt das Phänomen damit, dass die Weibchen nur wenige Tage im Jahr paarungsbereit sind – und alle gleichzeitig.

Den Wettbewerb um die Weitergabe der eigenen Gene kann ein Männchen demnach nur gewinnen, wenn es in dieser Zeit so viele Weibchen befruchtet wie möglich. Verschärft wird der Wettbewerb noch dadurch, dass sich auch die Weibchen mit mehreren Partnern paaren.

Die Wissenschaftler haben das unterschiedliche Nahrungsangebot für insektenfressende Beuteltiere in Südamerika, Australien und Papua-Neuguinea untersucht und es als einen Grund für die merkwürdige Vermehrungspraxis ausgemacht.

Synchronisation des Eisprungs

Die Zeit der besten Ernährungssituation wird von den Weibchen für die Aufzucht ihrer Nachkommen genutzt. Je voraussagbarer das beste Versorgungsangebot im Jahr ist, desto kürzer ist die Paarungssaison, da die Weibchen ihren Eisprung synchronisieren. Je kürzer der Zeitraum, desto größer die Konkurrenz zwischen den Männchen. Die Belastung der Männchen wächst weiter, ein Überleben nach der Paarung wird immer unwahrscheinlicher.

Es bleibt für die Männchen bei einer „einmaligen Nachkommenschaft“. Sie sterben, bevor ihr Nachwuchs geboren wird. Diese „Überlebensstrategie“ wurde oft als „altruistisches ('selbstloses') Verhalten“ gedeutet. Eine weitere Interpretation: „Sippenselektion“ zwecks Schonung von Nahrungsressourcen für den Nachwuchs.

Fisher sagt, „weder Altruismus noch Sippenselektion sind die wahren Gründe der selbstmörderischen Fortpflanzung“. Vielmehr sei die sexuelle Selektion, also die Auswahl der Kopulationspartner durch die Weibchen, die Ursache. Die daraus resultierende Konkurrenz der Spermien hat eine Evolution tödlicher Reproduktion in Gang gesetzt.

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