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Forschungsförderung zur KernkraftEU will Mini-Atomkraftwerke fördern

Die EU-Kommission plant den Ausbau der Kernkraft mit rentablen Kleinreaktoren. Das belegt ein Leak aus der Generaldirektion für Forschung.

Minimeiler: die Zukunft? Foto: were / photocase.de

Brüssel taz | Offiziell hat die EU-Kommission keine Meinung zur Kernkraft. Das sei einzig und allein Sache der Mitgliedstaaten, sagte ein Kommissionssprecher in Brüssel. Ein Leak aus der Generaldirektion für Forschung spricht aber eine andere Sprache. Das achtseitige Papier, das der taz vorliegt, empfiehlt nämlich sehr wohl, die umstrittene Atomkraft zu fördern, genauer: die Forschung und Entwicklung kleiner und flexibler Mini-Atomkraftwerke der nächsten Generation.

Sie könnten dezentral zur Wärmeproduktion eingesetzt werden, heißt es in dem „Entwurf einer Absichtserklärung zu strategischen Zielen“ in der Energiepolitik. Es gehe darum, die „Sicherheit“ der Kernkraftwerke zu „erhalten“ und die „technologische Führung“ zu sichern. Spätestens 2030 solle ein neuer Meiler in Europa ans Netz gehen.

„Das Vorgehen der Kommission ist absurd“, kritisierte der grüne Europaabgeordnete Michel Raimon. Während in Belgien die alten, hochgefährlichen Reaktoren vor sich hin rosteten, wolle Brüssel nun Minireaktoren bauen – „offensichtlich in der Illusion, dass sich Nuklearenergie damit endlich für die Atomkonzerne finanziell rentiert“.

Nach Angaben von Spiegel Online soll der Ausbau der Kernkraft unter anderem aus dem EU-Fonds für strategische Investitionen (EFSI) und den Forschungsprogrammen der EU gefördert werden. Abgewickelt werden einige dieser Förderprogramme über die Europäische Investitionsbank (EIB), über die das deutsche Finanzministerium mitbestimmt.

Eine verbindliche Beschlussvorlage ist das nun geleakte Dokument allerdings nicht. Es handele sich um ein „Diskussionspapier“, das am Mittwoch kommender Woche „offen“ mit Vertretern aller interessierten Mitgliedstaaten diskutiert werden soll, betonte die EU-Kommission. Es lege „in keiner Weise“ die Position der gesamten EU fest.

Allerdings wird schon in dem vergangenes Jahr vorgelegten Plan für eine EU-Energiestrategie – mit der die Abhängigkeit vom Ausland und der CO2-Ausstoß in der EU gesenkt werden soll – die Kernkraft als eine von mehreren Prioritäten genannt. In der EU gibt es 131 Atomkraftwerke in 14 Mitgliedstaaten. Derzeit sind in 14 Ländern neue Atomkraftwerke in Planung.

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10 Kommentare

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  • Das Ganze erledigt sich von selbst. Wen es interessiert, der kann sich über den Neubau in Hinkley Point (England) informieren.Areva wird wahrscheinlich im Herbst aussteigen, wg. massiver Kostensteigerungen bevor für das Teil überhaupt nur ne Schippe Sand bewegt wurde. Und mal ein kleines Gedankenexperiment. Die meisten AKWs in Europa sind 30 Jahre und älter. Sollte in 30 Jahren die Stromproduktion von Atomkraft zumindest auf dem heutigen Stand bleiben müssten pro Jahr 3-4 Meiler Minimum gebaut und in Betrieb genommen werden (große, keine Minis). Gebaut bzw. in Betrieb genommen wurden in den letzten 15 Jahre so gut wie keine. Wo sollen die 3-4 Neubauten pro Jahr plötzlich herkommen? Die Atomindustrie ist faktisch tot.

    • @ernstl:

      Die Sache ist das Areva Staatskonzern ist und dieser Staat einiges Gewicht in der EU Entscheidungsfindung hat.

       

      Ich persönlich habe noch nicht gehört dass sich Frankreich energietechnisch neu aufstellen will

  • Was sind überhaupt Mini-Atomkraftwerke? Die Dinger? https://www.youtube.com/watch?v=5HL1BEC024g

  • Europäische Atomgemeinschaft (EAG oder heute EURATOM) ...

     

    ... wurde am 25. März 1957 durch die Römischen Verträge von Frankreich, Italien, den Beneluxstaaten und der Bundesrepublik Deutschland gegründet und besteht noch heute fast unverändert. Sie ist neben der Europäischen Union eine eigenständige Internationale Organisation, teilt mit ihr jedoch sämtliche Organe ...

     

    ... http://de.wikipedia.org/wiki/Europäische_Atomgemeinschaft

  • Man könnte auch kurzzeitig Wärme erzeugen, indem man die Dachstühle der Häuser verheizt. Finanziell wäre das Ergebnis dasselbe: Die Folgeschäden wären gewaltig. Doch bei der Atomkraft liegen die Schäden in anderen Bereichen, nämlich beim Umgang mit dem Atommüll. So besehen sind AKW's, egal, ob groß oder klein, mit Abstand die dämlichere Lösung.

  • Die alte Schlange Atomlobby ist wirklich unglaublich hartnäckig.

    • @Markus Müller:

      Wenn wir halt so dumm sind und bei Europa mitmachen.

      Selber schuld.

  • Aus zuverlässiger Quelle habe ich gerade erfahren, daß man in der EU darüber nachdenkt, die Faustkeil-Industrie massiv zu fördern. Damit Europa auch da weiterhin seine Führungsrolle beibehält.

  • Aha... und gibt es schon neue Erkenntnisse an der Abfall-Recycling-Front? Aja, welche sichere Art von Kühlung wird dort über die nächsten Jahrzehnte empfohlen? Es soll ja wärmer werden...

  • Mini-Atomkraftwerke, wie putzig!