Forschung zu Plastik im Meer: Mehr als angenommen
Niederländische Forscher haben mit dem bislang größten Datensatz die Bewegungen von Plastik im Meer modelliert. Doch die Studie hat eine Schwäche.
Worum geht’s?
Um Plaste – besser gesagt, um viel zu viel davon. Noch im Jahr 2022 wurden 48,8 Prozent aller in deutschen Läden erworbenen Getränke in Einweg-Plastikflaschen verkauft, das zeigte eine Untersuchung des Umweltbundesamtes im Jahr 2022. Wie kann das sein? Nachfrage des Autors beim Personal des lokalen Supermarktes: Das Angebot des Marktes spiegele lediglich die Kundenwünsche wider – und das im Berliner Winsviertel, wo 40 Prozent der Menschen Bündnisgrün gewählt haben.
Nun ist es leider eine Mär, dass Einwegplastik ordentlich entsorgt oder gar recycelt wird. Greenpeace wies in einer Untersuchung nach, dass deutscher Plastikmüll beispielsweise in Vietnam, Thailand und Malaysia landet. Und dieses Plastik bleibt nicht auf den Müllkippen. Auf verschiedenen Wegen gelangt es in riesigen Mengen in die Ozeane – und dabei handelt es sich zu 95 Prozent um Einwegplastik, wie das Alfred-Wegener-Institut bilanzierte.
Die Studie
Selbst das ist vermutlich nur die halbe Wahrheit. Bislang hatten Forscher relativ wenige Daten zur Verfügung, um die Masseströme von Plaste ins und im Meer am Computer zu modellieren. Nun haben niederländische Wissenschaftler:innen erstmals einen Datensatz genutzt, der 20.000 Messwerte aus den Jahren 1980 bis 2020 enthält: die Plastikmengen in den Ozeanen von Stränden, von der Meeresoberfläche und in der Tiefsee. Die Autoren der Studie, Anfang August in Nature erschienen, beschreiben auch den Weg des Plastiks durch den Ozean, wie es in immer kleinere Partikel zerfällt, an den Stränden angespült wird oder auf den Meeresboden sinkt.
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Das Team um Mikael Kaandorp von der Universität Utrecht kommt dabei zu dem Schluss, dass jährlich weniger Plaste in die Meere gelangt als bislang angenommen. Das klingt wie eine gute Nachricht, ist aber keine. Gleichzeitig verweilt das Plastik nämlich länger im Meer, seine tatsächliche Menge in den Ozeanen ist daher viel größer, als man bisher dachte: Sie liegt bei 3,2 Millionen Tonnen – ein unfassbares Volumen.
Vermutlich fällt auch diese Berechnung zu gering aus, denn Kritiker bemängeln, dass die Studie Plastik, das schwerer als Meerwasser ist, ausklammerte. Darunter fällt ausgerechnet die Kunststoffart PET, aus der zum Beispiel Einwegflaschen hergestellt werden.
Was bringt’s?
Vielleicht einen Schock? Schließlich bleibt Plastik, das in die Umwelt gelangt, nicht dort. Ob Nudeln oder Brot, ob Eintopf oder Fisch – mit jeder Mahlzeit nehmen wir, Forschern der Heriot-Watt-Universität in Edinburgh zufolge, durchschnittlich mehr als 100 Mikroplastikpartikel zu uns.
Wir wissen mittlerweile, dass Mikroplastik vom menschlichen Magen in andere Organe wandert, in das Lymphsystem und in die Blutbahn. Vielleicht reift die Erkenntnis: Wir Menschen haben immer mehr Plaste im Blut. Was man durch den Kauf von Mehrweg-Glasflaschen (ohne Plastikverschluss) sehr leicht verringern könnte.
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