Forschung mit Patientendaten: Widerspruch ist nicht vorgesehen

Das „Digitale-Versorgung-Gesetz“ weicht den Datenschutz für Krankenversicherte auf. Krankenkassen sollen Daten zur Verfügung stellen.

Röntgenaufnahme eines erwachsenen weiblichen Menschen

Die PatientInnen sollen nach Spahns Plänen auf allen Ebenen durchleuchtet werden Foto: Simon Belcher/imago

BERLIN taz | Um das Gesundheitssystem in Deutschland zu digitalisieren, stimmt Donnerstag und Freitag der Bundestag über das sogenannte Digitale-Versorgung-Gesetz ab. Eines der wichtigsten Vorhaben ist die Einführung einer sogenannten Forschungsdatenbank: Die Krankenkassen senden die Daten der 73 Millionen in Deutschland gesetzlich Versicherten an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese dann pseudonymisiert an ein Forschungsdatenzentrum weiterleitet. Weitere Maßnahmen des Pakets sind digitale Hausbesuche durch Ärzte sowie Gesundheitsapps auf Rezept.

Federführend für das neue Gesetz ist das Gesundheitsministerium. Die Datenbank soll sicherstellen, dass die Forschung schneller und unkomplizierter auf die Gesundheitsdaten gesetzlich Versicherter zugreifen kann. Das große Problem dabei: Pflichtversicherte können der Weitergabe und Nutzung ihrer Daten nicht widersprechen. Und die sind hochsensibel: Bisherige Behandlungen, Geschlecht und Alter oder Diagnosedaten von Krankheiten aus dem ICD-Katalog der Weltgesundheitsorganisation.

Hinzu kommen die Patientendaten aus der ärztlichen Versorgung und die Abrechnungsdaten der Ärzte, Krankenhäuser und Apotheker. Die Gefahr ist gegeben, dass „Krankenkassen Gruppen von Versicherten bilden und sich stärker einmischen, wie Ärzte behandeln sollen, um Geld zu sparen“, kritisiert Elke Steven vom Verein Digitale Gesellschaft. Zudem werden die Daten von Privatversicherten nicht erhoben, die künftig einen besseren Gesundheitsdatenschutz genießen.

Datenschützer schlagen Alarm beim geplanten Gesetz, weil damit einer „zentralen Massenspeicherung sensibler Gesundheitsdaten der Weg geebnet werde“, sagt Jan Kuhlmann vom Verein Patientenrechte und Datenschutz. Hochproblematisch ist es ebenfalls, dass Pflichtversicherte der Nutzung ihrer Gesundheitsdaten nicht widersprechen können.

Eigentlich würde die Datenschutzgrundverordnung eine Nutzung der sensiblen Gesundheitsdaten verhindern, der Artikel 23 erlaubt jedoch Ausnahmen, die der Gesetzentwurf nutzt. Ein weiterer Kritikpunkt ist die mangelnde Verschlüsselung der Daten, die nur pseudonymisiert, aber nicht anonymisiert in der Forschungsdatenbank gesammelt werden. In anderen Bereichen, wie dem Kreditkartenwesen, konnten in den letzten Jahren pseudonymisierte Daten Einzelpersonen zugeordnet werden. Auch der Bundesrat warnte in einer Stellungnahme vor erheblichen Risiken „für die Persönlichkeitsrechte der Versicherten“ und dem Erstellen „individueller Gesundheitsprofile“.

Am Donnerstag und Freitag wird über das Gesetz im Bundestag abgestimmt. Anschließend geht der Entwurf erneut an den Bundesrat. Sollte der Bundestag zuvor zugestimmt haben, wäre das dann aber nur noch eine Formsache. Wird das Gesetz angenommen, tritt es in Teilen schon am ersten Januar 2020 in Kraft.

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