Football-Team „Redskins“: Heil dem Piiieeeep
Ein Volk der amerikanischen Ureinwohner startet eine Kampagne, damit das Football-Team „Redskins“ seinen Namen ändert. Auch der US-Präsident ist dafür.
„Hail to the Redskins“ - grölen tausende Fans in Washington, davon manche mit Federschmuck auf dem Kopf – wenn ihre dick gepolsterten und behelmten Football-Spieler ins Stadium hineinlaufen: „Ein Hoch den Rothäuten“.
Der Name der Mannschaft erinnert an eine Zeit, als europäische Siedler die Ureinwohner des neu „entdeckten“ Kontinents mit der Waffe in der Hand und mit vergifteten Wolldecken bekämpften, sie von ihrem Land vertrieben und ihre Büffelherden abschlachteten. Und als ein US-General den hässlichen Spruch prägte: „Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer“.
„Redskin“ - darin sind sich die Lexika einig – ist eine Beleidigung. Ein rassistisches Schimpfwort, das Generationen von Kindern am eigenen Leib gespürt haben. In dieser Woche hat ein Stamm aus New York, die Oneida Nation, eine nationale Kampagne gegen die Verwendung des Schimpfwortes im Namen des Football-Clubs der US-Hauptstadt gestartet. „Ändert Euer Maskottchen“- lautet der Slogan von Werbespots, die in jeder Stadt laufen sollen, wo die „Redskins“ antreten.
Der Spot bezieht sich auf den stilisierten - Kritiker sagen klischierten - Kopf eines Ureinwohners, der beide Seiten der Helme der Redskin-Spieler schmückt. Zugleich schlagen die Oneida vor, dass Journalisten das Wort „Redskins“ nicht mehr benutzen.
Schmerzender Beiname
Schon jetzt verwenden manche TV-Sender bloss noch den Buchstaben „R“. Bei einer Konferenz in Washington, wenige Stunden vor der Eröffnung der Herbsttagung der „Redskins“-Holding, erklärt Ray Halbritter, Chef der Oneida Nation am Montag: „Redskins ist ein schmerzender Beiname, der gegen mein Volk verwandt wurde, als wir mit der Waffe bedroht wurden. Es ist Zeit, ihn zu ändern.“ Zusammen mit den Oneida sitzen der Direktor des Nationalen Museums für amerikanische Ureinwohner, ein Psychologe und zwei demokratische Kongressabgeordnete mit auf dem Podium.
Rückendeckung bekommt die Oneida Nation von ganz oben. In einem Interview am 5. Oktober hat sich Barack Obama als erster US-Präsident in den seit langem schwelenden Streit eingemischt. „Wenn ich der Club-Eigentümer wäre“, sagte er, „würde ich darüber nachdenken, einen Namen zu ändern, der eine beträchtliche Bevölkerungsgruppe beleidigt“.
Auch die „National Football League“ geht ganz allmählich auf Distanz. „Wir müssen zuhören, wenn eine einzige Person sich beleidigt fühlt“, sagt Sprecher Roger Goodell. Aber der Werbe-Milliardär Dan Snyder, der die „Redskins“ Ende der 90er Jahre für die damalige Rekordsumme von 900 Millionen Dollar gekauft hat und damit jährlich mehr als 300 Millionen Dollar verdient, will davon nichts wissen. Im Mai, als eine Gruppe von US-Kongressabgeordneten eine Namensänderung „aus moralischen Gründen“ verlangte, anwortete Snyder kategorisch: „Niemals werde ich den Namen ändern“.
Seit der US-Präsident die Debatte auf eine höhere Ebene gehoben hat, schickt der Club-Eigentümer jetzt zur Verteidigung seiner These denselben Anwalt ins Fernsehen, der schon versucht hat, Bill Clintons Reputation zu retten, als der sich 1998 nach einer Affaire in die gefährliche Nähe einer Amtsenthebung gelogen hatte. Die „Redskins“ sind schon früher durch extreme Rückwärtsgewandtheit aufgefallen. So schafften sie erst 1962 als letzter Football-Club mit 15 Jahren Verspätung die Segregation in ihren Reihen ab.
Menno, die anderen machen das aber auch
Die bis dahin ausgegrenzten Afroamerikaner stellen heute einen großen Teil der Spieler und und der Fans des Clubs. Heute weisen die Fans der „Redskins“ jeden Vorwurf von Rassismus von sich. Die meisten blenden den historischen Ursprung des Namens, den ihr Club seit 80 Jahren trägt, aus. Andere argumentieren, dass sie niemanden diskriminieren, schon gar nicht die Ureinwohner, weil sie ihnen schliesslich bei jedem neuen Spiel ihren Respekt zeigten.
Viele erinnern auch daran, dass es andere US-Institutionen gibt, die ähnliche Namen benutzen: darunter die Sportclubs „Cleveland Indians“, „Chicago Blackkhawks“ und „Atlanta Braves“, oder die Militärhubschrauber Appache und Comanche. Allerdings gehen diese Namen im Unterschied zu den „Redskins“ nicht auf Schimpfworte zurück. Im Land der Political Correctness werden im Fernsehen selbst kleinere Flüche mit einem Pieps übertönt. Und wer rassistische Begriffe – allen voran das N-Wort – benutzt, macht sich strafbar.
Dass es überhaupt so lange gedauert hat, bis eine größere Debatte über den Namen „Redskin“ beginnt, hängt vermutlich mit dem Einfluss der Ureinwohner in der US-Gesellschaft zusammen. Sie sind nur noch eine winzigen Minderheit im Land (1-1,5 Prozent der Bevölkerung) und viele von ihnen leben - fernab und getrennt von der Mehrheitsgesellschaft - in Reservaten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren