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Folter Geflüchteter in Syrien„Du gehst in deinen Tod“

In Syrien misshandelt das Regime zurückkehrende Flüchtlinge. Amnesty International hat Dutzende Fälle von Folter und Vergewaltigungen aufgezeichnet.

Syrien ist nicht sicher: Beerdigung in Balashun nach Raketen des Assad-Regimes, August 2021 Foto: Anas Alkharboutli/dpa

Berlin taz | „Im Libanon haben mir die Menschen gesagt, ich soll nicht zurückgehen: Du gehst direkt in deinen Tod, haben sie gesagt. Ich habe ihnen nicht geglaubt“, berichtet Karim, der eigentlich anders heißt, der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Dem Tod ist er entkommen, aber er erlebte Schreckliches. Als der Syrer, der während des Bürgerkrieges in den Libanon geflohen war, in sein Heimatland zurückkehrte, landete er für sechs Monate in einem Foltergefängnis des syrischen Regimes.

Amnesty International hat das Schicksal Dutzender Rück­keh­re­r*in­nen wie Karim dokumentiert. Der am Dienstag veröffentlichte Bericht schildert „schreckliche Übergriffe“ gegen 66 Rück­keh­re­r*in­nen – darunter 13 Kinder. Die Sicherheitskräfte von Machthaber Baschar al-Assad haben die Geflüchteten demnach willkürlich inhaftiert, gefoltert, vergewaltigt. Fünf Menschen sind in Haft gestorben. Von 17 weiteren Rück­keh­re­r*in­nen fehlt jede Spur.

Die Schilderungen der Geflüchteten, Angehörigen und Ex­per­t*in­nen vor Ort, mit denen Amnesty-Mitarbeiter*innen Interviews geführt haben, sind grauenhaft. So berichtet ein Mann, der nach seiner Rückkehr dreieinhalb Monate festgehalten wurde: „Sie verabreichten mir Stromschläge zwischen die Augen. Ich fühlte, wie mein gesamtes Gehirn erzitterte. (…) Ich war nicht mehr in der Lage, mich aufrecht zu halten, meine Schulter war ausgekugelt (…) ich wünschte mir den Tod.“

In mehreren Ländern, die Geflüchtete aus Syrien aufgenommen haben, wird derzeit diskutiert, ob das Land mittlerweile so „sicher“ ist, dass die Menschen dorthin abgeschoben werden können, oder ob sie gar nicht erst aufgenommen werden.

Peiniger am Grenzübergang

Tatsächlich wird in Syrien kaum noch militärisch gekämpft, Assad hat sich im Großteil des Landes wieder die Macht gesichert. Syrien sei sicher, so lautet seine Botschaft. Wiederholt forderte er Geflüchtete auf zurückzukehren. Von den rund 6,6 Millionen Menschen, die seit Beginn des Krieges 2011 vor Gewalt und Bomben aus Syrien geflohen waren, sind laut den Vereinten Nationen seit 2016 mindestens 280.000 zurückgekehrt.

Doch diese Menschen betrachtet das Assad-Regime als „illoyal“. Amnesty führt die Misshandlungen der Rück­keh­re­r*in­nen darauf zurück, dass sie das Regime als Oppositionelle betrachtet – schlicht weil sie das Land verlassen haben.

Eine Frau zitiert die Worte eines syrischen Beamten, als sie die Grenze von Libanon aus überschreiten wollte: „Warum hast du Syrien verlassen? Weil du Baschar al-Assad nicht magst und weil du Syrien nicht magst? Du bist eine Terroristin.“ Dann habe der Grenzbeamte sie und ihre fünfjährige Tochter vergewaltigt. Amnesty dokumentierte 13 weitere Vergewaltigungen an Grenzübergängen oder in Gefängnissen, darunter Kinder, Frauen und Männer.

„Kein Teil Syriens ist sicher“

Nichtsdestotrotz hat Deutschland den Abschiebestopp nach Syrien bereits Ende 2020 ausgesetzt, nun werden Einzelfälle geprüft. Der Libanon und die Türkei, jene Länder, in denen besonders viele syrische Geflüchtete unter prekären Bedingungen leben, erhöhen den Druck auf diese Menschen.

In Europa ist Dänemark das erste Land, das syrischen Geflüchteten aus dem Großraum Damaskus mit Abschiebung droht. Die dänische Regierung schätzt die Region als „sicher“ ein und hat 2020 Aufenthaltstitel von 94 der 32.000 syrischen Geflüchteten in Dänemark aufgehoben oder nicht verlängert. Dabei ereignete sich ein Drittel der von Amnesty dokumentierten Fälle genau dort.

„Kein Teil Syriens ist für Rück­keh­re­r*in­nen sicher“, sie seien bei ihrer Rückkehr ernsthaft gefährdet, verfolgt zu werden, schlussfolgert Amnesty und fordert insbesondere europäische Regierungen auf, Menschen aus Syrien einen Flüchtlingsstatus zu erteilen. „Jegliche Rückweisung nach Syrien zu dieser Zeit wäre eine Verletzung der internationalen Pflicht.“

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