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Folgen des Rebellensiegs in KongoZurück an den Verhandlungstisch

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Die Menschen in der Demokratischen Republik Kongo brauchen endlich Frieden. Dafür müssen die Akteure der Region miteinander ins Gespräch kommen.

Goma, 27. Januar: Menschen, die vor dem Vormarsch der M-23-Rebellen fliehen, kommen mit ihren Habseligkeiten in Booten an Foto: Moses Sawasawa/ap/dpa

I n der Demokratischen Republik Kongo haben Rebellen die Millionenstadt Goma erobert, die wichtigste Stadt Ostkongos direkt an Ruandas Grenze. In über drei Jahren Krieg der von Ruanda unterstützten Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) ist das ihr bisher größter Triumph. Eine relativ kleine Rebellentruppe hat mit der Einnahme von Goma eine international gezogene rote Linie überschritten, gegen­ Tausende UN-Kampftruppen, Eingreiftruppen aus Südafrika und sogar private Militärfirmen aus Europa.

Nun hagelt es Kritik aus der halben Welt, vom UN-Generalsekretär bis zur deutschen Bundesregierung. Die M23 muss sich zurückziehen! Ruanda muss seine Unterstützung der M23 einstellen! Manche wollen Sanktionen ­gegen Ruanda. In einer UN-Erklärung war sogar von einer „Endlösung“ die Rede. Das weckt unrühmliche Assoziationen in Ruanda, das sich gut 30 Jahre nach dem Völkermord an den Tutsi keineswegs in Sicherheit wiegt.

Alle Menschen im Afrika der Großen Seen brauchen Sicherheit, und dafür müssen alle Akteure miteinander ins Gespräch kommen – die Regierungen von Ruanda und der DR Kongo, die Rebellen der M23 und auch andere Kräfte Ostkongos. Kongos Regierung hat aber Direktgespräche mit der M23 verweigert. Sie hat stattdessen Milizen aufgerüstet, die Instabilität und Hass verbreiten. Sie hat private Militärfirmen aus Europa angeheuert, was von der EU aus verboten ist. All das steht in den Stellungnahmen zur M23-Einnahme von Goma nicht. Es steht auch nicht drin, wie man die Probleme Kongos lösen will, wegen derer die M23 zu den Waffen greift und Ruanda sich einmischt.

Als Rebellen 2012 schon einmal Goma besetzt hatten, zwang das Kongos Regierung an den Verhandlungstisch. Das Ergebnis, das Rahmenabkommen von Addis Abeba 2013, enthält Grundsteine einer regionalen Friedensordnung: gegenseitiger Gewaltverzicht, regionale Zusammenarbeit, Reformen. Wieso spielt das heute keine Rolle mehr im Afrika der Großen Seen? Es sind auch diese Versäumnisse, die jetzt Goma wieder zum Kriegsschauplatz gemacht haben.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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3 Kommentare

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  • Praktisch. Da sollen die Rebellen doch endlich an den Verhandlungstisch. Weil es bei denen gerade so gut läuft, machen die das sicher. Achso, die bekommen Soldaten, Waffen und Geld aus Ruanda? Doof. Mh, naja, bestimmt hören sie jetzt trotzdem auf. Sonst verurteilen wie sie aufs Schärfste. Das wird denen dann eine Lehre sein. Wie dem Putin.

    Verhandlungen sollten immer das Ziel sein. Aber dazu müssen auch alle etwas davon haben. All die wilden Verhandlungsaufrufe haben noch niemanden dazu gebracht, im Angesicht des Erfolgs einzuhalten. Aus Humanität. Oder warum auch immer.

  • "Kongos Regierung hat aber Direktgespräche mit der M23 verweigert. Sie hat stattdessen Milizen aufgerüstet, die Instabilität und Hass verbreiten."



    Was soll der Kongo denn machen, um die Souveränität zurückzuerlangen? Ruanda plündert mithilfe seiner Milizen seit Jahren den Kongo und seine Ressourcen aus und begeht abscheuliche Verbrechen an der kongolesischen Bevölkerung. Der Kongo ist dabei finanziell und militärisch unterlegen, weil Ruanda von verschiedenen Großmächten (auch Deutschland!) massiv aufgerüstet wird. Wie kann der Autor mit seiner Position zu Gaza hier so argumentieren?



    "Die M23 muss sich zurückziehen! Ruanda muss seine Unterstützung der M23 einstellen! Manche wollen Sanktionen ­gegen Ruanda."



    Was ist daran denn falsch? Ruanda und seine Milizen haben auf kongolesischem Boden absolut nichts zu suchen. Sanktionen gegen und Druck auf Ruanda wären absolut angebracht. Es gibt aber Rohstoffabkommen mit Ruanda über kongolesische Rohstoffe. Die will man sich wohl nicht entgehen lassen.

  • "Kongos Regierung hat aber Direktgespräche mit der M23 verweigert. Sie hat stattdessen Milizen aufgerüstet, die Instabilität und Hass verbreiten. Sie hat private Militärfirmen aus Europa angeheuert, was von der EU aus verboten ist."

    Ruanda plündert mithilfe der Milizen seit Jahrzehnten den Kongo aus und vergeht direkt und indirekt abscheuliche Verbrechen an der kongolesischen Bevölkerung. Es gibt Rohstoffabkommen mit Ruanda über Rohstoffe, die zu 100% aus dem Kongo kommen. Was sollen die Kongolesen, die den Ruandern finanziell und militärisch vollkommen unterlegen sind denn machen, um ihre Souveränität zurückzuerlangen? Zum Hintergrund, Ruanda wird als Stabilitätsanker in der Region gesehen und daher von vielen Großmächten (unter anderem von Deutschland!) mit Waffen beliefert. Wie kann der Autor mit seiner Position zum Nahostkonflikt hier so argumentieren? Doppelmoral at its best.

    "Die M23 muss sich zurückziehen! Ruanda muss seine Unterstützung der M23 einstellen! Manche wollen Sanktionen ­gegen Ruanda."



    Ja natürlich! Was denn sonst? Was ist an diesen Forderungen denn so unangebracht? Ruanda und seine Rebellengruppen haben auf kongolesischem Staatsgebiet absolut nichts zu suchen.