piwik no script img

Folge des Charleston-AttentatsSüdstaaten-Flagge wird boykottiert

Viele große US-Firmen nehmen Produkte mit der Flagge der Konföderierten aus ihrem Sortiment. Derweil wurde ein Video der Festnahme Dylann Roofs veröffentlicht.

Prima, um seine Gesinnung zur Schau zu tragen Foto: dpa

Charleston/Columbia rtr/dpa | Der mutmaßliche Todesschütze des Kirchenmassakers von Charleston hat bei seiner Festnahme keinen Widerstand geleistet. Dies geht aus einem Polizeivideo hervor, das am Dienstag (Ortszeit) bei Youtube und verschiedenen US-Medien veröffentlicht wurde.

Auf den Aufnahmen einer Polizeiwagenkamera ist zu sehen, wie Beamte den 21-jährigen Dylann Roof rund 300 Kilometer vom Tatort entfernt in Shelby (US-Bundesstaat North Carolina) bei einer Verkehrskontrolle anhalten. Anschließend nähern sich mehrere Polizisten dem schwarzen Wagen des mutmaßlichen Neunfachmörders.

Zwei Beamte zielen mit ihren Waffen in Fahrerrichtung. Das Video zeigt, wie einer der Polizisten seine Waffe wieder zurücksteckt und sich dem Fahrerfenster nähert. Er holt Roof aus dem Wagen, tastet ihn ab und legt ihm Handschellen an. Dieser leistet keinen Widerstand. Nachdem Roof zum Polizeifahrzeug abgeführt worden ist, feiern die Beamten die Festnahme und klatschen sich ab.

Roof, ein Amerikaner weißer Hautfarbe, soll am Mittwoch in einer Methodistenkirche in Charleston während einer Bibelstunde neun Afroamerikaner erschossen haben. Er habe rassistische Sprüche von sich gegeben und das Feuer eröffnet, berichtete eine Überlebende. Das Justizministerium und die Bundespolizei FBI ermitteln wegen des Verdachts auf ein “Verbrechen des Hasses“ und „heimischen Terrorismus“.

Derweil hat die US-Wirtschaft entschieden, nicht mehr mit Südstaatenflaggen zu handeln. Wenige Tage nach dem Massaker in Charleston nehmen immer mehr Firmen alle Produkte mit diesem Symbol aus ihren Sortimenten. Inzwischen wird das traditionsreiche Wahrzeichen vor allem mit rassistischen Ressentiments in Verbindung gebracht. Nach Einzelhandelskonzernen wie Wal-Mart und Sears sowie mehreren Flaggenherstellern schlossen sich nun auch Internetkonzerne wie Google, Amazon und Ebay dem Boykott an.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Dylann Roof wird festgenommen

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

„Wir haben beschlossen, dass die Konföderiertenflagge gegen unsere Anzeigenpolitik verstößt. Diese erlaubt keine Inhalte, die allgemein als Ausdruck von Hass gegen eine bestimmte Gruppe verstanden werden“, erklärte ein Google-Vertreter. Neben den Flaggen selbst sollen etwa auch Kleidungsstücke und Messer, die das weiß umrandete blaue Schrägkreuz auf rotem Grund zeigen, nicht mehr beworben und vertrieben werden.

Rund 800 Millionen Produkte

In der Politik zeichnen sich bereits Konsequenzen ab. Auf Initiative der republikanischen Gouverneurin von South Carolina, Nikki Haley, sollen nun die Abgeordneten entscheiden, dass die Flagge nicht länger vor dem Parlament des Bundesstaates hängen darf. Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton verurteilte sie als „Symbol der rassistischen Vergangenheit unserer Nation“ und appellierte an alle Unternehmen, künftig auf dessen Verbreitung zu verzichten.

Die Südstaatenflagge diente den Konföderierten Staaten als Banner im Bürgerkrieg von 1861 bis 1865. In South Carolina verbinden manche mit ihr immer noch die stolze Geschichte des Bundesstaates, während viele andere darin ein schändliches Symbol für die dunklen Zeiten der Sklaverei sehen.

Auf der Onlineplattform von Ebay werden weltweit rund 800 Millionen Produkte aufgeführt, die die Flagge zeigen. Doch die Umsätze damit werden konzernweit als sehr gering eingeschätzt. Ähnliches gilt für bekannte Flaggenhersteller wie Valley Forge Flag und Annin Flagmakers. Der Verzicht auf die Vermarktung der Konföderiertenflagge sei für den Einzelhandel kein großes Opfer, sagte David Satterfield von der PR-Firma G.F. Bunting. „Aber symbolisch ist es ein guter Schritt.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Schön für ihn, dass seine Festnahme so friedlich abgelaufen ist. Mitbürger anderer Hautfarbe machen in den USA regelmäßig ganz andere Erfahrungen.