Förderung von Zuwanderern: Integrationsfaule Kultusminister
Die Länder kommen ihrer Selbstverpflichtung, Kinder aus Zuwandererfamilien besser zu fördern, kaum nach, bilanzieren Migrantenvertreter.
BERLIN taz | Traurig ist aus Sicht von Migrantenvertretern die Bilanz der Länder zur besseren schulischen Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Der Ausbau der Ganztagsschulen komme nur schleppend voran, die Schulsozialarbeit werde auf die Kommunen abgewälzt und die Migrantenverbände selbst von den Ministerien kaum einbezogen. "Wir haben die Ziele, die wir uns gesetzt haben, längst nicht erreicht", sagte Mehmet Tanriverdi, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände (BAGIV) der taz.
Die BAGIV vertritt unter anderem kurdische, spanische und serbische Verbände. Am Freitag war sie zu Gast bei der Kultusministerkonferenz (KMK) in Berlin. Diese zog eine Zwischenbilanz ihrer vor drei Jahren zusammen mit den Migrantenverbänden beschlossenen Selbstverpflichtung "Integration als Chance". Diese sah vor, dass die Länder die Zahl der Schulabbrecher bis 2012 deutlich senken und die Schulerfolge von Schülern mit Migrationshintergrund an den Durchschnitt angleichen. Jugendliche aus Zuwandererfamilien sind bei Schulabbrechern deutlich überrepräsentiert. 28 Prozent der Schüler nichtdeutscher Herkunft machen nur den Hauptschulabschluss. Bei Jugendlichen ohne Zuwanderungshintergrund sind es 17 Prozent.
Die Kultusminister sehen hingegen schon signifikante Verbesserungen. Der amtierende Vorsitzende der KMK und bayerische Minister Ludwig Spaenle (CSU) sagte, die Abbrecherquoten seien in Bayern deutlich gesunken, die Zahl der Migranten an Fachoberschulen habe zugenommen. Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) räumte dagegen weiterhin großen Handlungsbedarf ein. "Es geht allen Akteuren zu langsam."
Migrantenorganisationen, darunter auch die Türkische Gemeinde in Deutschland, kritisierten außerdem in einer gemeinsamen Erklärung die Diskussion um eine Deutschpflicht auf Schulhöfen. Sie lenke von den eigentlichen Problemen wie dem selektiven Bildungssystem und geringer Ausbildungsbeteiligung von Migranten ab. Tanriverdi von der BAGIV forderte stattdessen ein verpflichtendes Kitajahr in allen Bundesländern. "Sprachkompetenz zu schaffen bleibt die vordergründigste Aufgabe", heißt es in einem Forderungspapier an die KMK.
Einig sind sich die Bildungspolitiker darin, dass die Lernförderung für Kindern aus Hartz-IV-Familien Aufgabe der Schulen sei. Die Länder müssten dafür aber mehr Geld vom Bund erhalten. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) überlegt zurzeit, wie sie die Teilhabechancen dieser Kinder gemäß Verfassungsgerichtsurteil verbessert. Sie plant dabei etwa Nachhilfe-Gutscheine für private Institute. Die KMK kritisiert das.
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