Förderung von Anti-Rechts-Projekten: Nur noch bis zum Jahresende
Giffeys Ministerium will seine Förderpolitik umstellen. Anti-Rechts-Projekte fürchten um ihre Dachverbände und kritisieren die SPD-Familienministerin.
In einem offenen Brief kritisieren die mehr als 160 ForscherInnen, dass Giffeys Ministerium die Dachverbände für Anti-Rechts-Projekte ab 2020 nicht mehr fördern will. Man habe von dem Plan mit „großer Bestürzung erfahren“. Man kenne die Dachverbände aus direkter Zusammenarbeit und Evaluationen, diese hätten „zentrale Impulse“ in der Präventionsarbeit geleistet, sie trügen zu einem „unschätzbar wichtigen Wissenschafts-Praxis-Dialog“ bei und seien eine „Erfolgsgeschichte“. Die Verbände „zu demontieren“, sei verantwortungslos“.
Unterschrieben wurde der Brief etwa von dem Bielefelder Sozialforscher Andreas Zick, der Göttinger Universitätsdirektorin Sabine Hess oder dem Antisemitismusforscher Samuel Salzborn.
Tatsächlich will Giffeys Ministerium eine Kehrtwende vollziehen. Bis Jahresende finanziert das dort angesiedelte Bundesprogramm „Demokratie leben!“ Projekte mit 115,5 Millionen Euro. Ein Zehntel davon geht an Anti-Rechts-Initiativen – wozu bisher auch die drei Dachverbände für die Opferberatung, die Aussteigerhilfen und die Mobile Beratung für Kommunen gehörte.
Künftig, so eine Sprecherin Giffeys, sollen statt großer Verbände nun einzelne „Kompetenzzentren“ für bestimmte Themenfelder gefördert werden, die ihre Expertise dann bundesweit teilten. Dies betreffe auch andere Dachverbände.
Die Arbeit der Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus bleibe dabei aber „von besonderer Bedeutung“, betont die Sprecherin. Aktuell habe man dafür fast elf Millionen Euro an Bundesmitteln bereitgestellt – 2,3 Millionen Euro für die Opferberatung, 6,8 Millionen Euro für die Mobile Beratung und 1,7 Millionen Euro für die Ausstiegsberatung. In der neuen Förderperiode ab 2020 werde die finanzielle Förderung insgesamt sogar „noch stärker“ ausfallen.
Judith Porath vom Dachverband der OpferberaterInnen beruhigt das nicht. Ihr Dach Verband organisiere Weiterbildungen für die einzelnen Projekte, sorge für Qualitätssicherung, Netzwerk- und Lobbyarbeit. „All das wird nun, nach Jahren des Aufbaus, zusammenbrechen.“ Wenn das Ministerium bei seiner Entscheidung bleibe, müsse man zum Jahresende die Geschäftsstelle des Dachverbands schließen, so Porath. Ausgerechnet in der momentanen gesellschaftlichen Situation würde dann eine gemeinsame Stimme der Beraterprojekte gegen Rechtsextremismus fehlen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich