Flussvertiefung vor Gericht: Weser darf nicht schlechter werden
Der Gewässerzustand darf bei der Weservertiefung nicht angetastet werden. Diese Position der Naturschutzverbände stützt auch ein Gutachter.
FREIBURG taz | Das Verbot, den Zustand von Gewässern zu verschlechtern, ist zwingendes Recht. Hiervon kann nur in Ausnahmefällen abgewichen werden. Dies erklärte jetzt Niilo Jääskinen als unabhängiger Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH). Im Streit um die Weser- und Elbvertiefung stützt er mit seinem Gutachten die Position des Umweltverbandes BUND.
Konkret ging es jetzt um die Vertiefung der Weser auf rund 65 Kilometer Länge von der Nordsee bis zu den Häfen in Bremerhaven, Brake und Bremen. Der BUND lehnt die Ausbaggerung ab, weil sie die Qualität des Gewässers weiter verschlechtere, und klagte gegen die Planfeststellung von 2011. Das zuständige Bundesverwaltungsgericht legte im Sommer 2013 dem EuGH einige grundsätzliche Fragen zur Auslegung der EU-Wasserrahmenrichtlinie vor.
Zusätzliche Brisanz erhielt das Verfahren, als das Bundesverwaltungsgericht vor wenigen Wochen einen parallelen Rechtstreit um die geplante Elbvertiefung zum Hamburger Hafen aussetzte, bis der EuGH in Sachen Weser entschieden hat.
Die EU-Wasserrahmenrichtlinie trat im Jahr 2000 in Kraft und schreibt den EU-Staaten vor, dass die Gewässer bis Ende 2015 mindestens in einem „guten“ Zustand sein sollen. Sie enthält auch ein Verschlechterungsverbot und ein Verbesserungsgebot.
Gutachter gegen Haltung deutscher und niederländischer Regierung
Die deutsche und die niederländische Regierung argumentierten vor dem EuGH, dass das Verschlechterungsverbot nur ein unverbindliches Ziel, ein programmatischer Ansatz sei. Diese Auslegung lehnte Jääskinen nun aber ab, denn sie würde dazu führen, der Richtlinie „jede Wirkung zu nehmen“. Grundsätzlich müsse eine Verschlechterung bei jeder Veränderung des Gewässers vermieden werden.
Was aber ist eine Verschlechterung? Die deutschen Behörden gingen davon aus, dass nur eine Verschlechterung der Zustandsklasse – etwa von „mäßig“ zu „unbefriedigend“ – rechtlich relevant sei. Die Weservertiefung sei deshalb gar keine rechtlich relevante Verschlechterung. Auch diese Ansicht wies Jääskinen zurück: Es sei bereits jede tatsächliche Verschlechterung zu vermeiden.
Allerdings sehe die Richtlinie auch Ausnahmen vom Verschlechterungsverbot vor, so Jääskinen, zum Beispiel für Projekte von „übergeordnetem öffentlichem Interesse“. Wenn solche Ausnahmen genehmigt werden, müsse dies aber mit „geeigneten Bedingungen und Beschränkungen“ verbunden werden.
Der EuGH wird sein Urteil im Frühjahr verkünden. Er folgt meist den Empfehlungen der Generalanwälte.
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