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Fluggesellschaft Air New ZealandKlimaziele fliegen raus

Weil es kaum nachhaltige Kraftstoffe und moderne Flugzeuge gibt, streicht die neuseeländische Airline ihre CO2-Ziele. Der Luftfahrt-Umbau holpert.

Die Air New Zealand hat ihre Klimaziele gestrichen Foto: Bayne Stanley/imago

Berlin taz | Die Fluggesellschaft Air New Zealand gibt als erste große Airline ihre Klimaziele auf. Es gebe nicht genug moderne, treibstoffsparende Flugzeuge, erklärte das Unternehmen am Dienstag. Außerdem seien nachhaltige Flugkraftstoffe – kurz SAF für Sustainable Aviation Fuels – zu knapp und zu teuer.

Neuseelands nationale Luftverkehrsgesellschaft wollte ihren Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) bis 2030 ursprünglich um 28,9 Prozent senken. Neue Flugzeuge sollten dabei helfen – doch die Flugzeugbauer Airbus und Boeing kämpfen mit Produktionsproblemen. Deshalb müssten ältere Maschinen länger im Einsatz bleiben, sagte Greg Foran, Geschäftsführer von Air New Zealand.

SAF seien ein weiterer Hebel, um CO2-Emissionen zu senken. Das Unternehmen könne jedoch nicht beeinflussen, welche Mengen zu welchen Preisen verfügbar sind. Nun wolle sich Air New Zealand neue, kurzfristige Klimaziele setzen. Der Konzern arbeite weiter auf das branchenweite Ziel hin, den Kohlenstoffdioxidausstoß bis 2050 auf null zu senken.

Hoffnung auf E-Kerosin

Fliegen verursacht rund drei Prozent des weltweit emittierten CO2. Die sogenannten Nicht-CO2-Effekte, die vor allem durch Kondensstreifen aus Rußpartikeln aus den Triebwerken entstehen, heizen die Klimakrise noch stärker an. E-Kerosin, eine Variante der SAF, gilt als der am wenigsten klimaschädliche Treibstoff – fast CO2-neutral und weniger rußintensiv.

„Es stimmt, dass es bisher nur wenige und teure SAF gibt“, sagte Jakob Graichen, Luftfahrtexperte am Öko-Institut, der taz. E-Kerosin werde bisher nur in „minimalsten Mengen“ produziert, die den Bedarf des Flugverkehrs nicht decken könnten.

Die EU hat festgelegt, dass Fluggesellschaften ihrem Treibstoff ab 2025 2 Prozent SAF beimischen müssen. 2030 wird der Anteil auf 6 Prozent, 2050 auf 70 Prozent erhöht. Doch auch dadurch werde der nachhaltigere Kraftstoff kaum billiger, schätzt Graichen. Die Herstellung sei zu aufwändig. Regierungen könnten jedoch die Produktion von SAF subventionieren oder fossiles Kerosin verteuern, zum Beispiel durch eine Kerosinsteuer. In Deutschland etwa ist fossiles Kerosin von der Energiesteuer, die für andere Treibstoffe gilt, befreit.

Graichen zufolge braucht es politische Vorgaben, um den Fluggesellschaften den Umstieg auf nachhaltige Kraftstoffe zu ermöglichen. „Aber genau diese Rahmenbedingungen blockieren viele internationale Fluggesellschaften“, sagte der Forscher. Er fürchtet, dass weitere Airlines dem Beispiel Air New Zealands folgen und ihre Klimaziele aufkündigen. „Die Luftfahrtbranche hat sich schon oft Ziele gesetzt, die weit in der Zukunft liegen – und sie gestrichen, wenn sie in Reichweite waren.“

Air New Zealand verspricht, sich für bessere politische Rahmenbedingungen einzusetzen, die die Luftfahrt weniger klimaschädlich machen können.

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9 Kommentare

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  • Wenn Ziele unsinnig oder unerfüllbar sind streicht man sie oder passt sie an. Vernünftig.

  • Wie wäre es mit Heißluftballons fahren? Die Erderwärmung wird`s von alleine richten!



    Die Franzosen haben es erst vor Kurzem wiedermal in Paris vorgemacht, wie das geht. Ein heiliges Feuer aus Griechenland und schon geht es dahin.

  • @fly: Grundsätzliche Zustimmung! Das Dumme ist nur, dass Air New Zealand keine Ballermann-Bumsbomber-Billigairline ist, sondern quasi überlebensnotwendig, wenn sich das Land am Ende der Welt nicht vollkommen isolieren will. Die mit Schweröl betriebenen Schiffe sind ja nun auch nicht das Gelbe vom Ei.

    Und mal ehrlich: Auf Ihre tägliche frische 29 Cent-Luftfracht-Kiwi wollen Sie doch auch nicht verzichten, oder? ;-)

  • Zwei Punkte hätten hier der Transparenz halber erwähnt werden müssen, die die Aussagen mit etwas Vorsicht genießen lassen:

    1. Jakob Graichen ist der Bruder von Patrick Graichen, dem Staatssekretär, der das Heizungsgesetz in den Sand gesetzt hat und der wegen Günstlingswirtschaft, unter anderem zu seinem Bruder und dessen Position beim Ökoinstitut, zurücktreten musste. Die Familie Graichen ist Lobbyist der Umweltbürokratie, das ist eine wichtige Hintergrundinformation zur Einordnung.

    2. Air New Zealand ist die Fluggesellschaft mit den anteilig meisten Langstreckenverbindungen weltweit. Diese gelten als sehr umweltbelastend. Im Gegensatz zu Quantas in Australien gibt es in Neuseeland kaum Inlandsverbindungen, wenn, dann mit kleinen Carriern etwa auf die Südinsel.



    Rückschlüsse von Air New Zealand auf Airlines mit einem anderen Streckenprofil zu ziehen, ist nicht seriös.

    Der Artikel insinuiert, dass im Flugverkehr sich nichts verbessern wird und die EU-Vorgaben nichts bringen. Das ist nicht bewiesen. Air New Zealand ist hierfür ein denkbar schlecht geeigneter Kronzeuge. Besser man hätte andere Experten als Graichen gefragt, man wäre zu einem anderen Schluss gekommen!

  • Nicht diese Ziele streichen, sondern die Steuergeschenke und die Flüge!



    Diese überschäumende Fliegerei kann auch wieder gedämpft werden. Muss sie auch.

  • "Graichen zufolge braucht es politische Vorgaben,..." Sorry, es braucht keine neuen politischen Vorgaben oder Subventionen. Es gibt Vorgaben: "Die EU hat festgelegt, dass Fluggesellschaften ihrem Treibstoff ab 2025 2 Prozent SAF beimischen müssen. 2030 wird der Anteil auf 6 Prozent,..."



    Dh ab nächstem Jahr wird 2% zugemischt. Wenn es das Zeugs nicht gibt oder zu teuer ist, dann müssen eben Flieger am Boden bleiben.



    Keine weiteren Vorgaben, die alles wieder hinterrum aufweichen. Und klares Durchsetzen der jetzigen Vorgaben.

    • @fly:

      Gute Alternative, umsetzen oder den Flugverkehr einstellen. Wird bestimmt eine interessante Diskussion

    • @fly:

      Die Bundesregierung strebt laut Koalitionsvertrag eine "ambitionierte Quote" an. Bei Null Prozent in diesem Jahr (auch nicht mit nachträglicher Erzeugung) und 98% fossiler Energie in 2030 ist das offensichtlich nicht der Fall.

      • @meerwind7:

        Das ist eine Frage des Bezugssystems. Wenn es praktisch keine nicht-fossile Alternative gibt, sind 2 % sehr ambitioniert.