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Flüchtlingslager in CalaisAus Protest den Mund zugenäht

Flüchtlinge wehren sich weiter gegen die Teilräumung des Lagers am Ärmelkanal. Mehrere Iraner ließen sich mit Nadel und Faden den Mund zunähen.

Stummer Protest: Flüchtling mit zugenähtem Mund in Calais. Foto: ap

Calais afp | Aus Protest gegen die Teilräumung des Flüchtlingslagers im nordfranzösischen Calais haben sich erneut mehrere Iraner den Mund zunähen lassen.

Die teilweise maskierten Flüchtlinge ließen sich den Mund am Donnerstag in dem als „Dschungel“ bekannten Lager vor Pressefotografen und TV-Kameraleuten mit Nadel und Faden zunähen. Dabei wurde ein Schild mit der Aufschrift „Will you listen now?“ (Hört Ihr jetzt zu?) hochgehalten.

Bereits am Mittwoch hatten sich mehrere iranische Flüchtlinge in Calais den Mund zunähen lassen, um so gegen die Räumung des südlichen Lagerabschnitts zu protestieren. Die französischen Behörden lassen diesen Teil des Lagers gerade räumen und reißen die von den Flüchtlingen errichteten Hütten ab. Am Montag kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen protestierenden Flüchtlingen, Aktivisten und der Polizei.

Die Behörden bieten den Flüchtlingen zwar Plätze in Aufnahmezentren in anderen französischen Regionen an; die meisten Flüchtlinge lehnen das aber ab. Sie hoffen, von Calais aus auf Fähren oder durch den Eurotunnel heimlich nach Großbritannien zu gelangen.

In Abkommen mit dem Nachbarn hat Frankreich sich verpflichtet, die Flüchtlinge von einer Überfahrt über den Ärmelkanal abzuhalten. Im Gegenzug beteiligt sich Großbritannien an den dafür anfallenden Kosten - weitere 20 Millionen Euro sind nach Angaben der französischen Regierung zugesagt.

Bereits im Sommer hatte London die Finanzmittel für Paris erhöht, nachdem immer wieder hunderte Flüchtlinge versucht hatten, durch den Eurotunnel nach Großbritannien zu gelangen.

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6 Kommentare

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  • Was ich nicht verstehe:

    Flüchtlinge fliehen vor Gewalt und Terror, vor Krieg und Hunger. Warum bestehen sie darauf, in einem ganz bestimmten Land Asyl zu finden. Als Mitglieder meiner Familie vor dem Naziterror flohen, war es ihnen egal, wo sie Aufnahme fanden. Hauptsache weg.

    Was steckt hinter dem Anspruch der meistens jungen, gesunden Männer, in einem ganz bestimmten Land Aufnahme zu finden? Mir reicht als Antwort nicht, dass man doch gehen kann, wohin man will. Denn scheinbar gibt es da Regelungen in Europa. Warum kann man von den Asylsuchenden nicht verlangen, dass sie diese respektieren.

    • @BiZi:

      Ich kann das sehr gut verstehen und halte das genannte Argument für sehr plausibel und wichtig. Wir haben Wünsche über jede Kleinigkeit, deswegen verstehe ich nicht warum flüchtenden Menschen das Recht abgesprochen wird sich selbst auszusuchen, wo sie leben möchten. Schließlich ist EU-Staat nicht gleich EU-Staat. Darüber hinaus haben manche geflüchtete Menschen bereits Personen in ganz bestimmten EU-Staaten die sie kennen oder Familienmitglieder sind.

  • Was bedeutet in diesem Zusammenhang Merkels Aussage vom 1. März:

     

    „Aber es gibt eben nicht ein Recht, dass ein Flüchtling sagen kann, ich will in einem bestimmten Land der Europäischen Union Asyl bekommen.“

    • @Urmel:

      nichts. außer der fortsetzung der cdu-politik seit so ungefähr adenauer.

      • @christine rölke-sommer:

        Mit der kleinen Besonderheit, dass es noch keinem anderen CDU-Politiker gelungen ist, mit so einem "Paket" an Scheinheiligkeit durchzukommen. Die Opposition bejubelt ja immer noch die "Humanität" dieser Kanzlerin, obwohl sie inzwischen die treibende Kraft für die Totalabschottung Europas ist (z. B. muss nach ihren Worten Europa seine Außengrenzen schützen - offensichtlich exakt vor den Menschen, denen Merkel angeblich Schutz gewähren will).

  • Alles, was gut und recht ist: Wer nach Europa flüchtet - vor was auch immer - sollte sich wenigstens an die Regularien halten, die für Flüchtlinge gelten. Daß jemand vom Iran nach Europa flüchtet, kann ich im Einzelfall verstehen, warum aber Iraner von Frankreich nach England fliehen müssen, ist mir bislang nicht ganz klar.