Flüchtlingsdebatte in Deutschland: Die Rebellen von der CSU
Hans-Peter Friedrich will christliche Flüchtlinge getrennt unterbringen. Die Kirche bestärkt die Kanzlerin. Peter Tauber ist stolz auf Asylrechtsverschärfungen.
Unionsfraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) reicht das offenbar noch nicht. Er hat gefordert, dass christliche Flüchtlinge, die sich in deutschen Sammelunterkünften bedroht fühlen, das Recht auf eine getrennte Unterbringung bekommen. „Wer als Christ vor islamischen Terroristen flieht, um Schutz in unserem Land zu finden, darf in den Flüchtlingsunterkünften nicht neuen Diskriminierungen und Schikanen ausgesetzt werden“, sagte Friedrich der Zeitung Die Welt vom Montag.
Es sei „naiv bis ignorant“, anzunehmen, dass alle übrigen Flüchtlinge, die die deutsche Grenze überquert hätten, „plötzlich vom Geist der abendländischen Toleranz erfüllt“ seien. Friedrich sagte weiter: „Wir haben als christliches Abendland die Verpflichtung, den verfolgten Christen beizustehen.“
Nach gewalttätigen Auseinandersetzungen in einigen Flüchtlingsunterkünften in den vergangenen Tagen war die Forderung erhoben worden, Flüchtlinge nach Religion und Herkunft zu trennen. Dieser unter anderem von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) geäußerte Vorschlag stieß allerdings parteiübergreifend auf Kritik.
Die führenden Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche in Deutschland haben sich in einem gemeinsamen Interview in der Flüchtlingsfrage hinter den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestellt. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Heinrich Bedford-Strohm, sagte der Süddeutschen Zeitung, Merkel habe ihn „beeindruckt“ mit ihrem Versuch, „Humanität und Steuerung zusammenzubringen“. Reinhard Marx, der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, sagte, es komme bei den geplanten Reformen der Asylgesetze darauf an, dass „das Grundrecht auf Asyl nicht angetastet“ werde.
Die Mühen der Integration
Weiter erläuterte Marx, die europäischen Grenzen dürften nicht „zu Todesgrenzen werden“. Mit Blick auf Deutschland lobte er die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung: „Wir werden uns in 20 Jahren an das erinnern, was in diesen Wochen „, sagte Marx der Zeitung.
Beide Kirchenvertreter erklärten zudem, dass die Mühen der Integration nicht unterschätzt werden dürften. „Wir müssen verhindern, dass sich die verschiedenen Gruppen, Ethnien, Religionen im Land abgeschlossene Welten schaffen“, sagte Marx. Die Furcht vor einer drohenden Islamisierung Deutschlands gehe allerdings „an der Realität vorbei“, ergänzte Bedford-Strohm.
Merkel hatte sich trotz wachsender Kritik an ihrem Kurs am Wochenende erneut hinter das Grundrecht auf Asyl und den gesetzlichen Flüchtlingsschutz in Deutschland gestellt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Wissenschaftlerin über Ossis und Wessis
„Im Osten gibt es falsche Erwartungen an die Demokratie“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!