Flüchtlingsdebatte beim G7-Treffen: Tusk fordert mehr Solidarität
Der EU-Ratspräsident erwartet ein stärkeres finanzielles Engagement der Industriestaaten in der Flüchtlingskrise. Auf große Unterstützung kann er nicht hoffen.
Auch im Kreis der Regierungschefs der sieben großen Industrienationen (G7) sieht sich die Bundeskanzlerin in der Flüchtlingsfrage allein auf weiter Flur. Ursprünglich wollten die anderen lediglich über Terrorismusbekämpfung diskutieren. Das Thema „Flüchtlinge“ sei überhaupt erst auf deutsche Initiative auf die Tagesordnung gekommen, bestätigte ein Vertreter der Bundesregierung. Über beide Themen werde in der gemeinsamen Abschlusserklärung reflekiert, heißt es nun.
Konkrete Maßnahmen dürften allerdings nicht beschlossen werden. Die Regierungschefs würden sich lediglich auf die Formulierung festlegen, dass weder die Flüchtlingsfrage noch die Terrorismusbekämpfung von einem Staat allein gelöst werden könnten. Das seien Probleme, die nur gemeinsam durch die internationale Gemeinschaft – in dem Fall von den G7 – angegangen würden, heißt es aus Kreisen der Bundesregierung.
EU-Ratspräsident Tusk plädierte am frühen Morgen in einer eigens einberufenen Pressekonfrerenz vor allem für mehr Geld für Länder wie die Türkei, Jordanien und Libanon, die den Großteil der Schutzsuchenden aus dem kriegsgeplagten Syrien versorgen müssen. „Sie leisten damit einen globalen Dienst, der dann auch von der internationalen Gemeinschaft finanziert werden muss“, forderte Tusk. „Wir erwarten von der Weltgemeinschaft, dass sie Solidarität zeigt und anerkennt, dass es sich um eine globale Krise handelt.“ Die G7 sollte sich auch darum bemühen, die Möglichkeiten legaler Zuwanderung zu verbessern. Zu der G7 gehören neben Deutschland die USA, Frankreich, Großbritannien, Japan, Kanada, Italien und auch die Europäische Union.
USA argumentieren mit Terrorgefahr
Das Interesse der anderen Staaten, in der Flüchtlingskrise mehr Verantwortung zu übernehmen, scheint beim G7-Gipfel jedoch gering zu sein. Frankreich, Großbritannien und Italien meiden das Thema gänzlich. Offenbar schämen sie sich, dass das bereits im vergangenen Herbst vereinbarte Abkommen, 160.000 Flüchtlinge innerhalb der EU zu verteilen, bislang kaum umgesetzt ist. Auch die USA nehmen gerade einmal ein paar Hundert Flüchtlinge auf. Ihre Sicherheitsbehörden begründen diese geringe Zahl damit, dass die Terrorismusgefahr steige, wenn so viele Flüchtlinge aus dem arabischen Raum in das Land einreisten.
Japan versteckt sich hinter seiner traditionell praktizierten Scheckbuchdiplomatie. Die japanische Führung selbst ist gar nicht bereit, Flüchtlinge aufzunehmen. Die Bundesregierung erkennt aber an, dass Japan bei der Geberkonferenz Anfang Februar in London das Land war, das bereit war, am meisten Geld für die Flüchtlingscamps in Jordanien, der Türkei und dem Libanon zur Verfügung zu stellen.
Nur Kanadas frisch ins Amt gekommener Premierminister, der liberale Justin Trudeau, heißt syrische Flüchtlinge willkommen. Insgesamt will die kanadische Regierung in diesem Jahr 44.000 Flüchtlinge direkt aus den überfüllten Camps in Jordanien, Libanon und der Türkei aufnehmen. Sie arbeitet dafür eng mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) zusammen. Die angepeilte Zahl der aufzunehmenden Flüchtlinge ist etwa viermal so hoch wie im vorigen Jahr. Im Verhältnis der insgesamt sieben Millionen syrischen Flüchtenden ist das aber dennoch eine eher geringe Zahl.
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