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Flüchtlinge an WeihnachtenHunderte aus dem Meer gerettet

Allein am 1. Weihnachtstag barg Italiens Küstenwache 751 Flüchtlinge aus Booten im Mittelmeer. Tschechiens Präsident Zeman will sie nicht in seinem Land haben.

Geschafft: Ein junges Paar umarmt sich, nachdem es mit dem Boot unbeschadet an der Küste der griechischen Insel Lesbos angekommen ist. Foto: dpa

ROM/ATHEN/MADRID dpa | Auch über Weihnachten gelangen zahlreiche Bootsflüchtlinge an die Küsten Griechenlands und Italiens. In Griechenland kamen am zweiten Weihnachtstag im Hafen von Piräus rund 4000 Menschen an. Sie waren zuvor von der Türkei aus auf die Inseln Lesbos, Chios und Samos übergesetzt, wie die griechische Küstenwache am Freitag mitteilte. Damit sind seit Montag mehr als 16 .000 Migranten und Flüchtlinge in Piräus angekommen. Fast alle wollen nach Westeuropa weiterreisen.

Die italienische Küstenwache rettete allein am ersten Weihnachtstag 751 Bootsflüchtlinge aus dem Seegebiet vor Sizilien. Sie seien bei sechs verschiedenen Operationen im Mittelmeer geborgen worden, teilte sie auf Twitter mit. Insgesamt wurden damit nach Zahlen der Küstenwache seit Anfang der Woche mehr als 2100 Bootsflüchtlinge im Meer zwischen Nordafrika und Italien in Sicherheit gebracht. An den Rettungseinsätzen war auch der zur EU-Mission Eunnavfor Med (Operation Sophia) gehörende deutsche Einsatzgruppenversorger „Berlin“ beteiligt.

Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) gelangten seit Jahresbeginn mehr als 800.000 Menschen über die Ägäis von der Türkei nach Griechenland. Etwa 150.000 Flüchtlinge kamen auf dem Seeweg nach Italien. Letzteres ist ein Rückgang gegenüber 2014 (170.000).

Am westlichen Ende des Mittelmeers – allerdings auf dem Landweg – stürmten 185 Afrikaner die Grenzanlagen von Ceuta. Sie schafften es auf diese Weise von Marokko aus auf das Gebiet der spanischen Nordafrika-Exklave zu gelangen. Zwei Flüchtlinge kamen bei der Aktion in der Weihnachtsnacht ums Leben. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Efe berichtete, waren an dem Massenansturm – einem der größten seit mehreren Monaten – mehr als 250 Afrikaner beteiligt.

Die marokkanische Polizei nahm nach Angaben der Behörden des nordafrikanischen Landes 104 Migranten fest. Zwölf Afrikaner erlitten bei dem Massenansturm schwere Verletzungen. Etwa 30 wurden nach Informationen der Zeitung „El Faro“ (Ceuta) leicht verletzt.

Zeman: Flüchtlinge sind wie ein „Trojanisches Pferd“

Unterdessen hat der tschechische Präsident Milos Zeman Flüchtlinge mit einem „Trojanischen Pferd“ verglichen. In seiner Weihnachtsansprache sprach er sich entschieden dagegen aus, Asylbewerber in Tschechien aufzunehmen: „Dieses Land ist unser Land, es ist nicht für alle da und kann auch nicht für alle da sein“, sagte er zum Abschluss seiner von mehreren TV-Sendern ausgestrahlten Ansprache.

Zeman forderte junge Männer aus Syrien auf, in ihrer Heimat gegen die Islamisten zu kämpfen, anstatt nach Europa zu fliehen. Die Willkommenskultur Europas nannte er naiv: „Manchmal komme ich mir vor wie Kassandra, die davor warnt, das Trojanische Pferd in die Stadt zu holen. Aber ich bin zutiefst überzeugt, dass das, womit wir es hier zu tun haben, keine spontane Fluchtbewegung ist, sondern eine organisierte Invasion.“

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7 Kommentare

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  • „Manchmal komme ich mir vor wie Kassandra, die davor warnt, das Trojanische Pferd in die Stadt zu holen. Aber ich bin zutiefst überzeugt, dass das, womit wir es hier zu tun haben, keine spontane Fluchtbewegung ist, sondern eine organisierte Invasion.“

     

    Diese Worte des tschechischen Präsidenten Zeman sagen alles aus über den unsäglichen Geist, der in der EU und insbesondere in der Ost-EU vorherrscht. "Eine organisierte Invasion" - was muß der Zeman geraucht haben, wenn er so etwas Schizoprhenes. Menschenverachtendes und Irrationales von sich gibt? Da hat sich die Frage nach der Osterweiterung der EU erübrigt!

     

    Wie lange sollen noch Länder in der EU geduldet und subventionert werden, die die Prinzipien einer Wertegemeinschaft mit Füßen treten

    ?

  • Ob das noch was wird mit der Wertegemeinschaft?

     

    Zeman sagt: „Dieses Land ist unser Land, es ist nicht für alle da und kann auch nicht für alle da sein“.

     

    Deutsche Politiker sagen: „Mit welchem Recht meinen wir, wir seien Kraft unserer Geburt diejenigen, die dieses Land besitzen, - also mir leuchtet das überhaupt nicht ein."

    ( Leipzigs OB Jung am 22.07 im DLF http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2015/07/22/dlf_20150722_1915_40f03c5c.mp3 )

     

    Die einen nenne es "Gegen die Strömung, gegen den Wind", die andern "Geisterfahrt".

  • "Unterdessen hat der tschechische Präsident Milos Zeman Flüchtlinge mit einem „Trojanischen Pferd“ verglichen. In seiner Weihnachtsansprache sprach er sich entschieden dagegen aus, Asylbewerber in Tschechien aufzunehmen: „Dieses Land ist unser Land, es ist nicht für alle da und kann auch nicht für alle da sein“, sagte er zum Abschluss seiner von mehreren TV-Sendern ausgestrahlten Ansprache".

     

    Als ein Mitglied der Europäischen Union muss das Land Tschechien allerdings die Einhaltung der EU Verträge und darin niedergelegten Gesetze gewährleisten.

     

    Das Recht auf Asyl wird nach Maßgabe des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 und des Protokolls

    vom 31. Januar 1967 ̧ber die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie gemäß dem Vertrag zur Gr ündung

    der Europäischen Gemeinschaft gewährleistet.

    http://www.europarl.europa.eu/charter/pdf/text_de.pdf

  • was steht mir zu, dem präsidenten milos zeman hierauf zu sagen? als 10 jähriger kam ich 1955 aus der ddr in die brd, fand großzügige aufnahme, die manche, ebenso arme einheimische verbitterte. in etwa fand ich eine traumlehrstelle, konnte auf dem zweiten bildungsweg studieren, kurz vor willy brandts erster kanzlerschaft. vor 5 jahren kehrte ich in meine geburtsstadt zurück. niemand hielt mir eine gardinenpredigt...

    • 4G
      4932 (Profil gelöscht)
      @Gion :

      Es steht Ihnen zu, Zeman alles zu sagen, was Sie wollen. Sie könnten aber auch Ihre Geschichte erzählen und Zeman darauf hinweisen, daß die EU so nicht funktioniert und Solidarität grundsätzlich nie eine Einbahnstraße ist. Aber vielleicht ist das nicht mehr nötig, da die EU mit solchen Kandidaten wie Zeman, Kaczynski und Orban schon 2016 am Ende sein wird.

      • @4932 (Profil gelöscht):

        danke, sie ergänzen mich in meinem sinne.

         

        herr zeman weiß natürlich, daß es in seinem land inzwischen eine wachsende zahl von bürgerinnen und bürgern gibt, die sich selbskritisch und nicht alt-ideologisch mit der vertreibung der sudetendeutschen befaßt.

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Und ich will für Zemans Tschechien ab Januar 2016 mein Steuergeld nicht mehr bezahlen. Ich schreibe gerade einen Brief an das Finanzamt. Bin neugierig, wie die Antwort ausfällt, zumal ich auch noch Polen und Ungarn verweigere.