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Flucht über das Mittelmeer1600 Menschen aus Booten gerettet

Allein am Freitag wurden nahe der libyschen Küste 1300 Flüchtlinge geborgen. Helfer sprechen von einem „Alptraum“ und sehen sich am Rande ihrer Kapazität.

Auch diese Flüchtenden konnten am Freitag aus dem Mittelmeer gerettet werden Foto: dpa

Rom/Nikosia dpa/ap/afp | Wieder haben sich dramatische Szenen auf dem Mittelmeer abgespielt: Am Samstagmorgen haben Hilfsorganisationen 300 Menschen aus dem Kanal von Sizilien gerettet. Schon am Freitag waren insgesamt mehr als 1300 Flüchtlinge aus dem Mittelmeer nahe der libyschen Küste gerettet worden. Diese Zahl gab die italienische Küstenwache bekannt, die die Rettungseinsätze vor Ort koordiniert.

In dem Gebiet sind unter anderem die Organisationen Ärzte ohne Grenzen (MSF) und Proactiva Open Arms im Einsatz. Ed Taylor von MSF, der sich an Bord des Rettungsschiffs „Aquarius“ befand, sprach von einem „Alptraum“. Die Helfer seien am Rande ihrer Kapazitäten, es gebe zu wenige Rettungsboote, teils seien sie mit doppelt so vielen Menschen belegt wie vorgesehen. „Wir haben um Unterstützung gebeten, aber niemand ist zuständig“, schrieb er im Internetdienst Twitter.

Proactiva erklärte, der Freitag sei ein „schwieriger Tag“ gewesen. Die Menschen hätten Verbrennungen vom Treibstoff und andere Verletzungen, es seien viele Babys unter den Flüchtlingen.

Ebenfalls am Samstag ist ein Boot mit 93 Flüchtlingen an der nordöstlichen Küste Zyperns gelandet. Wie ein Polizeisprecher mitteilte, wurden die Flüchtlinge – darunter 42 Kinder und 17 Frauen – in der Nacht 15 Kilometer vor der Küste gesichtet. Sie seien dann nahe des Dorfes Kato Pyrgas an Land gegangen.

Es gab zunächst keine Informationen über die Nationalität der Flüchtlinge und wo sie ihre Fahrt über das Mittelmeer begonnen hatten. Sie sollten nach medizinischen Untersuchungen in ein Aufnahmezentrum bei Nikosia gebracht werden.

Wir haben um Unterstützung gebeten, aber niemand ist zuständig

Ed Taylor, Ärzte ohne Grenzen

Die EU hatte auf dem Gipfel am Freitag eine engere Zusammenarbeit mit Libyen beschlossen, um illegaler Migration entgegenzuwirken. Von dem Bürgerkriegsland aus fahren von Schleppern organisierte Flüchtlingsfahrten über die zentrale Mittelmeerroute. Die EU will die libysche Küstenwache so stärken, dass sie Flüchtlingsboote schon kurz nach dem Start stoppt und die Menschen zurück nach Libyen bringt. Hilfsorganisationen kritisieren dies scharf. Denn in dem Bürgerkriegsland herrschen politisches Chaos und Gewalt.

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10 Kommentare

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  • Ärzte ohne Grenzen sind richtige Helden. Leider bekommen sie viel weniger Geld als z.B. Ärzte in Deutschland.

     

    Dass es bei Behörden mal wieder sich keiner gefunden hat, wer für das Retten von Menschenleben zuständig ist, ist typisch und sehr traurig.

  • Es gibt in keinem Land Europas mehr eine demokratisch legitimierte Politik für die ungeregelte Zuwanderung von Menschen aus anderen Kontinenten. Insbesondere die großen Volksparteien Europas haben große Angst davor, als Regierungsparteien vom Volke abgewählt zu werden, wenn sie eine solche Politik verfolgen würden. Das ist der wesentliche Grund für die Abschottung.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Nikolai Nikitin:

      Nicht einmal eine wie auch immer geordnete Zuwanderung kann die "großen Volksparteien Europas" vor den Erfolgen der Rechtspopulisten bewahren.

      Infolgedessen kann nur eine einige Mittelinksbewegung sowohl die geregelte Einwanderung wollen als auch die Gefahr des billigen Rechtspopulismus bannen.

      Eine anspruchsvolle Aufgabe für Sahra Wagenknecht, Martin Schulz, Cem Özdemir & Co. & wie die Menschenfreunde alle heißen.

      • @571 (Profil gelöscht):

        Wir brauchen eine intelligente Zuwanderungspolitik. Keine Bevölkerung irgendeines Landes wird auf Dauer ungeregelte Zuwanderung vieler Menschen, die zu einem guten Teil auf Sozialhilfe angewiesen sein werden, akzeptieren. Das ist Realismus, auch wenn wir es uns als Linke gerne anders wünschen. Das zeigen die Beispiele Australien, Canada, UK, Dänemark, Spanien und sogar Schwedens.

        • @Nikolai Nikitin:

          Das ist schade, das sich in der TAZ unter jedem Beitrag zum Flüchtlingsthema Leute wie "Nikolai Nikotin" mit AFD-Positionen ungehindert austoben können.

           

          Die TAZ-Moderation sollte solche Leute, die zum Flüchtlingsthema einem menschenrechtlichen Grundverständnis widersprechende menschenfeindliche, unterschwellig oder offen rassistische Kommentare absondern, konsequent sperren!

          • Oskar , Autor Moderator ,
            @stadtlandmensch:

            Hallo Stadtlandmensch, danke für Ihren Kommentar. Wir möchten in unserem Kommentarbereich eine konstruktive und kritische Diskussion haben und lassen daher auch Meinungen aus anderen politischen Spektren zu, sofern diese nicht rassistisch oder menschenverachtend sind. Was möglich ist und was nicht, steht in unserer Netiquette: http://www.taz.de/!118006/ . Viele Grüße, Oskar

          • @stadtlandmensch:

            Bitte unterlassen Sie Unterstellungen gegen andere Kommentatoren und diskutieren Sie sachlich. Danke.

          • @stadtlandmensch:

            Ich gebe die Positionen der Regierungen der genannten Länder wieder. Ich lasse Sie gerne in dem Glauben, dass in den genannten Ländern überall die AfD regiert, wenn Ihnen nur dabei wohl ist.

  • 3G
    36855 (Profil gelöscht)

    Das ist eine Situation, die nicht lösbar ist und so nicht bleiben kann.

    Die Schlepper schicken die Menschen in völlig überfüllten Booten aufs Meer, mit Schwimmwesten, die nicht funktionstüchtig sind.

    Sie hoffen wohl, zurecht, dass Helfer die Menschen aus den Booten retten. Die Toten, die es gibt, nehmen sie in Kauf.

    Solange die Menschen aus dem Mittelmeer gerettet werden, werden Schlepper sie losschicken. Das heisst nicht, dass wir nicht helfen sollen, keinesfalls!!

    Es müssen aber andere Lösungen her, eine große umfassende Hilfe vor Ort, eine Änderung der Entwicklungshilfepolitik.

    Das ist aber nicht in Sicht!

    • @36855 (Profil gelöscht):

      Das ist ja das Dilemma. Niemand hat eine Lösung.

       

      Für eine großangelegte Militärintervention in Lybien fehlt in Europa der politische Rückhalt in der Bevölkerung. Ganz zu schweigen von dem Pulverfass das man damit aufmacht.

       

      Mit Milliarden in Entwicklungshilfe lässt sich das Problem auch nicht lösen da sie in mafiösen Strukturen versanden und am Ende auch noch die Schleuser mitfinanzieren.

       

      Fluchtursachen in den Ursprungsländern ist eine heikle Aufgabe und trifft teilweise auf die oben genannten Probleme.

       

      Wegschauen ist leider auch keine Lösung weswegen ich die meisten Chancen leider in Option 1 sehe, die aber ohne großen Terroranschlag durch Lybier auf europäischen Boden sehr unwahrscheinlich ist.