First Lady Melania Trump: Stolz und Vorurteil
Die nächste First Lady der USA ist Melanija Knavs aus Sevnica. In Slowenien hofft man darauf, dass der Ruhm bis in ihr Heimatland strahlt.
Industriegebäude und Gleisanlagen ziehen sich an der Save entlang, die ein wenig oberhalb der Stadt aufgestaut wird. Schuhleisten werden in der Kleinstadt zwischen Ljubljana und Zagreb hergestellt, auch Trikotagen und Biedermeiermöbel. Hübsch anzusehen ist nur die Burg, die etwas erhöht gelegen über die Stadt zu blicken scheint.
Das alles wäre der Welt keine Notiz wert, wenn hier nicht eine Frau mit dem Namen Melanija Knavs aufgewachsen wäre. In der Stadt hat man ihr sogar einen Kuchen gewidmet, die „Novo Torta Melanija“.
Ein kleines Café an der Hauptstraße wirbt damit. Es ist eine Cremetorte mit Nüssen darin und vergoldeter weißer Schokolade obendrauf. Sie schmeckt himmlisch, doch nun droht die Frau, alle in Slowenien zu verklagen, die mit ihrem Namen Geld verdienen wollen.
Melanija Knavs, Jahrgang 1970, die Tochter eines Autohändlers und einer Näherin, ist schon lange weggegangen aus Sevnica. Erst in das nahe Ljubljana, wo sie zur Mittelschule ging und später Architektur studierte, wenn auch, wie sich später herausstellen sollte, nur zwei Semester.
Anfang der Neunziger zog es sie weiter, nach Mailand und Paris, um zu modeln – ein Fotograf aus Wien war bei einem Modelwettbewerb auf sie aufmerksam geworden. Sie änderte ihren Namen in Melania Knaus und landete auf einigen europäischen Titelblättern, bevor sie schließlich nach Amerika ging und 1998 Donald Trump kennenlernte, den sie im Jahr 2005 heiratete.
Geschichten und Legenden
Seitdem bekannt wurde, dass Melania Trump die zukünftige First Lady der Vereinigten Staaten wird, tritt sich in Sevnica die Weltpresse auf die Füße. Die BBC war da und CNN, die New York Times und der New Yorker. Die Schulleiterin von Melanijas ehemaliger Grundschule hat das Tor zum Schulhof verrammeln lassen, um die Presse abzuwehren.
Es regnet in Sevnica und der Wasserstand der Save ist hoch, zu hoch. Und so, wie Donald Trump den Klimawandel für eine Erfindung hält, ranken sich nun die Geschichten und Legenden um Melanija Knavs. Spricht sie wirklich fünf Sprachen fließend, wenn man sogar ihr Englisch kaum verstehen kann?
Ein Halbbruder wurde ausgegraben und zwei Exfreunde gefunden, einer von ihnen versucht gerade mit Gewinn jene rote Vespa zu verkaufen, auf deren Sozius einst Melanija saß. Ein Journalist hat eine Biografie geschrieben, in der er behauptet, dass sie als Escort-Lady tätig war. Auch er wurde bereits verklagt.
In Ljubljana, der slowenischen Hauptstadt, hat der Weihnachtsbaum auf dem zentralen Prešerenplatz dieses Jahr einen Namen: Melanija. Auch im Ministerium für Tourismus, so lästert man in der Hauptstadt, grüble man angeblich bereits über Slogans, mit denen man den Hype vermarkten könnte, denn es stimmt schon, was die US-Medien behaupten: „She put Slovenia on the Map.“
Aber wie kann man Touristen mit jemandem ins Land locken, der gegangen ist? Melania Trump residiert im Penthouse des Trump-Towers, New York City, die Eltern wohnen eine Etage darunter. Der zweistöckige Bungalow in Sevnica, Region Steiermark, wird derweil von Securitys bewacht – auch, weil so viele Journalisten drumherum streichen.
Professionell, unkompliziert
Donald Trump war überhaupt nur ein einziges Mal in Slowenien, und das auch nur für ein paar Stunden: Im malerischen Bled am See, im Fünfsternehotel „Toplice“, um die zukünftigen Schwiegereltern kennenzulernen.
„Ja, ja, die Slowenen sind jetzt alle eifersüchtig“, sagt Andrej Kosak, der als Regisseur mit dem Film „Outsider“ bekannt wurde – und Melanija schon in den frühen Neunzigern im Weißen Haus sah, in das sie nun gar nicht ziehen will.
Für das slowenische Fernsehen hatte er seinerzeit einen Modewerbespot gedreht, mit Melanija Knavs in der Hauptrolle – die ausgerechnet als Präsidentin der USA posiert. Sie winkt aus einem Chevrolet, unterzeichnet Dokumente.
Kosak trinkt ein Bier im Café des Grand Hotel Union, unweit des Prešeren-Platzes. „Ich erinnere mich, dass sie schön war, auch ohne Make-up. Und sie war professionell, unkompliziert. Nicht so wie Naomi Campbell. Melanija ist heute wahrhaftig ein Super-Supermodel – und ich war der Regisseur der First Lady.“
Er lacht, aber er ist ohne Häme, als einer der wenigen, der eine Meinung zu Melania hat und sie auch kennengelernt hat: „Jetzt wissen wenigstens alle, wo Slowenien ist.“
Sie gehörte nicht zur Alternativszene
Die Kavarna Union im Grand Hotel war in den Achtziger- und frühen Neunzigerjahren ein Szenetreffpunkt, ein Nachtcafé mit Kronleuchtern, „alle waren hier, Punks, Künstler, auch die Truppe von Laibach“, erinnert sich Andrej Kosak, „damals sah Ljubljana heruntergekommen aus, aber das Nachtleben war großartig. Heute ist es umgekehrt.“
Er erinnert sich gerne an die Alternativszene – zu der Melanija Knavs nicht gehörte. Sie verkehrte eher in der Popperbar Pferdeschwanz, ebenfalls bei den Drei Brücken, in der sich Menschen, gekleidet in Levis und Benettonpullis, die sie in Italien erworben hatten, trafen. Damals floss dort der Verkehr, heute flanieren Touristen. Die Bar gibt es schon lange nicht mehr.
Maja Ziberna arbeitet beim slowenischen Fernsehsender RTV. Sie kommt pünktlich und mit Hund ins Kino Siska, einen alternativen Veranstaltungsort. Auch sie musste die Tage schon nach Sevnica, O-Töne einsammeln. „Es ist doch cool, dass eine Slowenin First Lady wird“, sagt sie, „das Land sollte das nutzen, aber ich glaube nicht, dass unsere Politiker dazu imstande sind. Anders als in Kroatien.“
Sie spielt auf die Kroatin Slavica Eccelstone an, Exmodel, Exehefrau von Bernie Ecclestone und schwerreich. Wenn sie mit ihrer Yacht in Dalmatien anlegt, kommt der Staatspräsident persönlich zu Besuch, es geht ums Geschäft.
Eine Mischung aus Stolz und Neid
„Von Melania Trump weiß man nur, dass sie von einem slowenischen Kerzenmacher beliefert wird“, sagt Maja Ziberna augenrollend. Und was haben die Leute in Sevnica ihr im Interview gesagt?
„Viele meinen, dass sich die Leute, die schlecht über Melanija Trump gesprochen haben, schämen sollten. Jetzt, wo sie First Lady wird. Es ist eine Mischung aus Stolz und Neid.“ Die Klatschspalten sind voll mit Melanija-Geschichten, alte Fotos von der Familie wurden ausgegraben – und in den Frizer-Salons lassen sich junge Frauen eine Melanija-Frisur machen.
„Der Sohn soll ja slowenisch sprechen“, sagt Maja, „das finden die Leute dann gut – aber Melanija soll auch erzählt haben, dass sie aus Österreich kommt, da sind dann alle sauer.“
Wie soll man auch einem Amerikaner erklären, was Slowenien ist? Aber das könnte sich nun ändern: So gibt es die Hoffnung, dass das erste Treffen von Putin mit Trump in Slowenien stattfinden könnte.
Putin war gerade erst im Sommer zu Besuch in dem kleinen Alpen-Adria-Staat, der in diesem Jahr 25 Jahre Unabhängigkeit feiert, „und Ministerpräsident Cerar war just mit einem Flugzeug voller Wirtschaftsleute in Kalifornien, einen Vertrag mit Uber haben sie unterzeichnet“, erzählt der Internetkünstler Vuk Cosic.
We are Melania?
Er sitzt im Erdgeschoss der Akademie der Künste, seine Tochter geht gleich um die Ecke zur Schule für Design und Fotografie, dieselbe Mittelschule, die Melanija Knavs besucht hat. „Dort hängt ein Trump-Zitat an der Wand! Slowenien auf dem Weg nach Amerika“, sagt Vuk Cosic lachend, „warum nicht gleich ein T-Shirt entwerfen: ‚We are Melania‘, pink mit goldenen Buchstaben, Größe S?“
Ihm geht der Melanija-Hype auf die Nerven. Über die Geschichte vom armen Kommunismusopfer, die sie den Amerikanern aufgetischt hat, kann er nur lachen: „Die Knavs gehörten zum Establishment, der Vater war in der Kommunistischen Partei und zugleich Businessman, der privat Mercedes fuhr.“
Eigentlich aber, sagt Cosic, habe das Land ganz andere Probleme: In Slowenien ist gerade ein Ärztestreik zu Ende gegangen. Der notorische Rechtspopulist Janis Janca hat mal wieder versucht, die Mitte-links-Regierung zu stürzen. An der Grenze zwischen Slowenien und Kroatien wird ein Zaun zu einer Festung ausgebaut und auf dem Balkan ist die politische Lage angespannt.
Wegen Melania Trump macht sich der Künstler deshalb nicht so viele Gedanken. Es sind ihr Ehemann und dessen angekündigte Politik, die ihm Kopfschmerzen bereiten.
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