piwik no script img

Firma von René BenkoSigna vor der Insolvenz

Es fehlen offenbar hunderte Millionen Euro. Die Signa-Gruppe von Investor René Benko kann ihre Rechnungen nicht mehr begleichen.

Düstere Aussichten für Superbenko Foto: Fabian Bimmer/reuters

Wien taz | Seit Monaten befindet sich René Benkos Signa-Gruppe in einem Abwärtsstrudel. Große Bauprojekte wie der Elbtower in Hamburg stehen still, weil Signa Rechnungen nicht mehr bedienen konnte. Nun dürfte ein neuer Tiefpunkt erreicht sein: Die Signa-Holding sowie ihre wichtigen Töchter Prime und Development bereiten offenbar Insolvenzanträge vor. Dies berichten die Magazine Spiegel und News am Freitag unter Berufung auf Insider. Von Signa hieß es auf Anfrage, dass sich die Sachlage nicht verändert habe und weitere Gespräche mit potenziellen Finanzierungspartnern geführt würden.

Bis Jahresende braucht das österreichische Immobilien- und Handelsunternehmen 500 Millionen Euro neues Kapital, wie seit längerem bekannt ist. Laut Handelsblatt ist schon Ende November, also in der kommenden Woche, eine 200 Millionen Euro schwere Anleihe fällig. Experten schätzen den Finanzbedarf aber noch deutlich höher ein. Das wahre Ausmaß der Probleme ist noch nicht bekannt, da die Signa in Hunderte einzelne Unternehmen zerstückelt ist. Allein einen Überblick über die Außenstände zu bekommen, dauert laut Insidern Wochen.

Benko hatte sich Anfang des Monats operativ zurückgezogen, agiert aber immer noch aus dem Hintergrund. Am 8. November übernahm Wirtschaftsprüfer Arndt Geiwitz den Vorsitz des Beirats und des Gesellschafter-Komitees der Familie Benko Privatstiftung, die nach früheren Angaben weiter größter Gesellschafter bleibt. Geiwitz hat Erfahrung mit schwierigen Sanierungen, bereits 2012 hat er die Schlecker-Insolvenz abgewickelt. 2020 führte er das Insolvenzverfahren von Galeria Karstadt Kaufhof durch, die sich Benkos Signa erst ein Jahr zuvor einverleibt hatte.

Ins Strudeln gekommen war Benkos Signa auch wegen des Endes der Niedrigzinspolitik. Lange wurde Benko als Erfolgsunternehmer gefeiert, der von guten Kontakten zu Österreichs konservativem Exkanzler Sebastian Kurz profitierte. Benko wie Kurz sind außergewöhnliche Aufsteigertypen, Kurz ist nun der jüngste Exkanzler Österreichs.

Geschäftsmodell nicht nachhaltig

Im Falle Signas stellte sich heraus, dass das Geschäftsmodell basierend auf aggressiver Expansion mit Geld auf Pump alles andere als nachhaltig war. Jetzt muss alles ganz schnell gehen. Signa hatte zuletzt intensiv versucht, neue Finanziers aufzustellen. Dem Vernehmen nach blieb die Suche bis dato erfolglos. Medienberichten zufolge verscherbelt Benko sogar seine Kunstsammlung, um an frisches Geld zu kommen. So will Signa offenbar ein Werk Picassos und ein Selbstporträt Basquiats verkauft haben, die er für insgesamt rund 28 Millionen Euro erworben hatte.

Diese Woche geriet nun auch Alfred Gusenbauer in die Kritik, österreichischer Bundeskanzler (SPÖ) zwischen 2007 und 2008. Nach seiner Kanzlerschaft hatte er diverse zweifelhafte Lobby-Positionen inne, etwa für den autokratischen kasachischen Präsidenten Nasarbajew. Wie die Wochenzeitung News berichtet, stellte Gusenbauer der Signa zwischen 2020 und 2022 Beraterhonorare von mehr als sieben Millionen Euro in Rechnung. Unter anderem für die „Restrukturierung und Finanzierung“ der Kaufhof Karstadt-Gruppe. Sie versucht derzeit, sich mit Schließungen zu sanieren. Ende Januar 2024 sollen weitere 31 Standorte geschlossen werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • "Die Problematik liegt in der Bilanzierungsform"

    Nein, denn auch da sind die auch nur ein Fisch in einem Riesenschwarm der damit zZt Probleme hat.

    Wo das Problem bei Signa liegt, erschließt sich, wenn man auf ein Organigramm von Benkos Geschäftsinteressen schaut: sieht irgendwie aus wie ein Selbstporträt Basquiats. Auf Koks. Viel Koks. Sehr sehr viel. Mehr Koks als der Le JMB im ganzen Leben real konsumiert hat, auf einen Hieb weggeschnorchelt. Und dann den Edding gespitzt und ran ans Werk bis die Leinwand qualmt...

    Das Benko-Konzept ist von Anfang an auf Verschleierung der tatsächlichen Bonität durch ein Geflecht von Tochter- und Tarnfirmen angelegt gewesen. Und dann hat irgendwann auch der Chef nicht mehr durchgeblickt: Zustände wie bei Bankman-Frieds unterm Sofa.



    Und so ähnlich wie bei FTX, GPG, Wirecard, Adler usw wird das sich wohl weiterentwickeln: "À la recherche du flouze perdu".

    Was Sie da an Problemen beschrieben, betrifft zur Zeit nahezu die gesamten (Teil)Branche. Im Fall Signa war das der Finger am Abzug, ja. Aber insgesamt - um es mit Michael Ende zu sagen - ist das ist eine andere Blase, die zu einer anderen Zeit platzen wird.



    Wenn nun Benko jemals Interesse gehabt hätte, eine saubere Buchführung über sein Konglomerat zu haben, würde es wohl so laufen, wie Sie meinen.

    Hatte er aber nicht.

  • Ja die Frage, was erhalten Baufirmen und Subunternehmen noch an ausstehenden Zahlungen?



    Bei diesem offenbar auf Betrug angelegten Geschäftsprinzip das nur solange funktioniert wie das Geld billig und gutgläubige Investoren bei der Stange gehalten werden können und engagierte Firmen geduldig auf die Begleichung Ihrer Rechnungen warten, erhalten Baufirmen und Subunternehmen vermutlich nichts.



    Projekte werden in kleinteiligen GmbH's die in zuletzt sogar nach Luxemburg verlagert wurden geführt. So wird das Vermögen der Verantwortlichen geschützt und die Firmen bleiben auf ihren Kosten sitzen.



    Bei einem kleinen mittelständigen Unternehmen mit ca. 60 Beschäftigten mal eben 10% des Jahresumsatzes abzuschreiben, nur weil keine Durchgriffshaftung zu den Verantwortlichen besteht tut mehr als weh.



    Unser Rechtssystem, worin man sich mit Subfirmen einfach in eine Insolvenz und das auch noch deutlich verspätet, zumal Rechnungen schon seit einem halben Jahr nicht gezahlt wurden, retten und das persönliche Vermögen vor Zugriffen schützen kann, macht es Betrügern zu einfach.

  • "Benko und Kurz sind außergewöhnliche Aufsteigertypen"



    Hochmut kommt vor dem Fall .



    Um in traditioneller Zurückhaltung zu bleiben, die Beiden sind bestenfalls " halbseiden".



    Es wäre nicht so schlimm, wenn derartige Dummschwätzer nur den eigenen Porsche vor die Wand gefahren hätten.



    Es hängen aber menschliche Schicksale an solchen Luftnummern. Ob Galeria nun Alle Mitarbeiter entlässt?



    Was erhalten die Baufirmen und Subunternehmer noch an ausstehenden Zahlungen?



    Insolvenzverschleppung und Betrug wirken vielleicht nicht so drastisch wie Kapitalverbrechen, jedoch betrifft es mehr Menschen, als auf den ersten Blick ersichtlich ist.

    • @Philippo1000:

      Außerdem wurde dort "Aufschneidertypen" falsch geschrieben.

      "Insolvenzverschleppung und Betrug wirken vielleicht nicht so drastisch wie Kapitalverbrechen, jedoch betrifft es mehr Menschen, als auf den ersten Blick ersichtlich ist."

      Kapital-Verbrechen werden nicht streng genug geahndet. Dabei sieht die Grundordnung der BRD das eigentlich vor..

  • Signa ist kein öffentlich gehandeltes Unternehmen, entsprechend besteht auch keine Pflicht zur Veröffentlichung von Zahlen, wie es bei einer dotierten AG der Fall wäre. Entsprechend müsste eigentlich jeder Artikel über Signa mit der Ansage erscheinen, dass es sich um Spekulation handelt.

    Was bekannt ist ist die Grundproblematik und die liegt nicht darin das Signa sich zu sehr aufs Billige Geld verlassen hat. Das haben zwar viele in der Branche gemacht, heißt aber nicht das hier genau die gleiche Problematik vorliegt.



    Die Problematik liegt in der Bilanzierungsform, Signa muss Bestandsimmobilien entsprechend des aktuellen Schätzwertes bilanzieren und deshalb ist der Wert von Signa an die Preise von Immobilien gekettet und der ist nunmal grade um 30% abgerutscht. Nun könnte man denken: Okay ist kein Problem, die Einnahmen sind ja nicht gefallen, sondern nur der Buchwert und damit ist Signa in der gleichen Lage wie eine Eigenheimbesitzer. Auch dessen Immobilie hat jetzt 30% verloren, doch solange man nicht verkauft realisiert man den Verlust ja nicht.



    Und genau da wird es hakelig, denn mit dem Absützen des Wertes der Immobilien hat sich Signas Bonität auch deutlich verschlechtert. Für den Moment ist also die Beschaffung von Kapital zum Problem geworden. Wenn ich raten müsste, dann würde ich darauf tippen, dass im schlimmsten Fall sehr attraktive Immobilien zu unangenehm niedrigen Preisen verkauft werden müssen aber pleite geht der Laden nicht und auch der Benko kommt wieder, schließlich gehört dessen Familienstiftung ja das größte Stück vom Kuchen.