piwik no script img

Finanzierung von humanitärer HilfeUN geht das Geld aus

Allein im Nahen und Mittleren Osten sowie in Nordafrika werden Milliarden für die Mega-Krisen benötigt. Der UN-Generalsekretär schlägt einen Soli-Zuschlag vor.

Rund 80.000 Syrer leben in dem Flüchtlingslager Saatari in Jordanien Foto: dpa

New York ap | Den Vereinten Nationen fehlen nach eigenen Angaben für die wachsende Zahl von Menschen in Not 15 Milliarden Dollar (13,75 Milliarden Euro) im Jahr. Das Geld könnte durch eine Art freiwilligen Solidaritätszuschlag aufgebracht werden, der als kleine Gebühr auf Eintrittskarten für Sport- und Unterhaltungsveranstaltungen sowie auf Flugtickets und Benzin erhoben wird, schlug ein UN-Gremium vor. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon stellte dessen Finanzierungsbericht am Sonntag in Dubai vor.

Seit Beginn der Arbeit des Gremiums sei der Geldbedarf zur Abwendung humanitärer Katastrophen noch weiter dramatisch gewachsen, sagte Ban. „Wir leben in einem Zeitalter der Mega-Krisen“, sagte er zu den vielen Konflikten und Naturkatastrophen, mit denen die internationale Gemeinschaft konfrontiert wird.

Bange machen gelte aber nicht: “Die Schließung der Finanzierungslücke ist ein lösbares Problem, wie der Bericht eindeutig zeigt.“

Ban verwies darauf, dass drei von vier UN-Appellen für humanitäre Hilfe den Nahen und Mittleren Osten sowie Nordafrika beträfen. „Global gesehen bricht die Welt Rekorde, die wir nie gebrochen sehen wollten“, fügte er hinzu. Insgesamt müssten die UN jährlich 40 Milliarden Dollar zur Rettung und Unterstützung von Menschen aufbringen, die nicht in Würde leben könnten.

Die Welt gebe heute jährlich 25 Milliarden Dollar aus, um 125 Millionen Menschen zu unterstützen, die von Krieg, Krisen und Naturkatastrophen betroffen sind, hieß es in dem 31 Seiten umfassenden Finanzierungsbericht. Zusätzlich 15 Milliarden Dollar aufzubringen, dürfte für die internationale Gemeinschaft „bei einem jährlichen globalen Bruttoinlandsprodukt von 78 Billionen Dollar nicht außer Reichweite sein“, heißt es darin.

Hilfsbedarf ist gestiegen

Einerseits sei die humanitäre Hilfe bereits deutlich gestiegen, hieß es in dem Bericht. Im Jahr 2000 seien gerade einmal zwei Milliarden ausgegeben worden – jetzt sei es mehr als das Zwölffache. Andererseits steige die Zahl der Bedürftigen aber noch schneller. „Die gute Nachricht ist, dass die Welt noch nie so großzügig gegenüber Menschen in Not gewesen ist, sagte die stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, EU-Kommissarin Kristalina Georgiewa. „Die schlechte Nachricht ist, das unsere Großzügigkeit noch nie so unzureichend war.“

Die neun Mitglieder des Gremiums erklärten, die Finanzierungslücke müsse angesichts weltweiter Fluchtbewegungen geschlossen werden, damit die Bedürftigen überleben könnten. Um die fehlenden Milliarden aufzutreiben, wird in dem Bericht eine kleine freiwillige „Solidaritätsabgabe“ oder –steuer vorgeschlagen. Diese könnte etwas auf Tickets für Fußballspiele und andere Sportveranstaltungen, Konzerte, Flugreisen oder Benzin erhoben werden. Auf dem humanitären UN-Gipfel im Mai in Istanbul sollten sich die Regierungen freiwillig zu solchen Abgaben verpflichten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Die Nachricht zeigt die Absurdität der Situation: Die UN benötigen Milliarden für die Bewältigung der "Mega-Krisen", die von einigen ihrer Mitglieder erst verursacht worden sind. Statt eines Soli-Zuschlags wäre dagegen bedenkenswert:

    - Auflösung des UN-Sicherheitsrates (der bloß die Macht der mächtigsten und reichsten Staaten "sichert" und sonst für keinerlei Sicherheit sorgt)

    - Etablierung eines Strafgerichtshofes der Menschheit, der auch über Staaten / Täter urteilen kann, die ihm nicht beigetreten sind

    - Verurteilung aller Staaten, die Angriffskriege führen mit entsprechenden Konsequenzen

    - Regulierung der Finanzmärkte zum Wohl der Menschheit

    (Mir fiele noch vieles weitere ein.)

    Ich weiß, ich weiß - die Probleme, die Verwirklichung solcher Forderungen eventuell mit sich bringen, können deren möglichen Nutzen übersteigen. Aber man muß diese Dinge aussprechen, um auf die Absurdidät gegenwärtiger "Politik" hinzuweisen, die heute keineswegs gleichberechtigte Aushandelung öffentlicher Angelegenheiten durch alle bedeutet, sondern in letzter Konsequenz immer das Spiel der Mächtigen und Reichen.

    • @Albrecht Pohlmann:

      Ja dann setz dich dafür ein diggi

  • Laut Oxfam ist das Vermögen der reichsten 62 Menschen auf dieser Erde zwischen 2010 und 2015 um 44% (= 542 Milliarden Dollar) auf nun 1.760 Milliarden Dollar gestiegen. Diese 62 besitzen ebenso viel wie die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung. Aber selbst Ban Ki Moon traut sich anscheinend nicht Solidarität von denen zu fordern die mit ihrer Gier viele der Problem erst verursacht hat.

    • @JoWall:

      Das ist doch nur reine statistische idiologische Polemik um die eigene Verantwortlichkeit weg zu schieben. Sie gehören doch vermutlich auch zu den reichsten ca. 10 % der Weltbevölkerung die viel viel mehr verbrauchen von den Gütern dieser Erde als die 50 % der Ärmsten dieser Welt!