Finanzierung der Atommüll-Endlager: Fonds schrumpft um Millionen
Eigentlich sollte das Vermögen des Fonds Überschüsse für die Finanzierung der Atomlagerung abwerfen. Dank Negativzinsen verringert es sich aber.
Das Kapital des staatlichen Entsorgungsfonds, der die Endlagerung des deutschen Atommülls finanzieren soll, schmilzt derzeit dahin – statt sich, wie geplant, zu vermehren. Schuld daran ist die Leitzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Denn ein Großteil des Gelds lagert noch immer auf einem Konto bei der Bundesbank, und dort beträgt der Zinssatz minus 0,4 Prozent. In Kürze will der Fonds seinen ersten Jahresbericht vorlegen.
Am 3. Juli des vergangenen Jahres hatten die Betreiber der deutschen Atomkraftwerke 24,1 Milliarden Euro an die neu gegründete Stiftung „Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung“ überwiesen. Damit kauften die Atomfirmen sich für alle Zeiten von der Haftung für die Endlagerung ihres Strahlenmülls frei. Der Staat übernahm die gesamten finanziellen Risiken.
Gestützt auf ein Gutachten einer Düsseldorfer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom Oktober 2015 kalkulierte die Bundesregierung, dass ein Fonds in dieser Höhe aufgrund seiner Kapitalerträge ausreichen würde, um die prognostizierten Kosten der Endlagerung bis zum Ende des Jahrhunderts zu decken.
Zumindest im Moment ist jedoch fraglich, wie das gelingen soll. Denn die Rechnung kann nur aufgehen, wenn der Fonds eine jährliche Rendite von 3,3 Prozent auf das eingebrachte Kapital erzielt. Solche Erträge sind im aktuellen finanzwirtschaftlichen Umfeld aber kaum zu erzielen, was auch andere Investoren spüren.
„Viele der gut 200 deutschen Pensionskassen und Versorgungswerke scheitern schon an der 2-Prozent-Marke“, schrieb im Frühjahr das Manager Magazin. So dürfte auch der Entsorgungsfonds das anvisierte Renditeziel einstweilen kaum erreichen können. Zumal auch deutsche Staatsanleihen, sofern sie nicht über eine lange Laufzeit verfügen, negative Renditen bringen.
Minus statt Plus
In diesem Umfeld gelingt dem Atomfonds derzeit nicht einmal der Kapitalerhalt. Im ersten Jahr seines Bestehens hat er rund 70 Millionen Euro an Verlusten eingefahren, wie ein Sprecher der Stiftung auf Anfrage bestätigte. Und 2018 werden noch weitere Verluste hinzu kommen. Bislang sind von den gut 24 Milliarden Euro nur knapp 5 Milliarden überhaupt am Kapitalmarkt angelegt, für den Rest sind „Einlagezinsen“ zu bezahlen. Das werde sich auch nur langsam ändern, weil solche Milliardenbeträge nur nach und nach am Kapitalmarkt unterzubringen seien, erklärt die Stiftung. Deswegen soll bis Ende 2018 auch nur rund eine weitere Milliarde Euro vom Bundesbankkonto abgezogen und an den Märkten platziert werden.
Man verfolge langfristig eine diversifizierte Anlagestrategie, erklärt der Sprecher der Stiftung, setze also auf Aktien, Staats- und Unternehmensanleihen, künftig auch auf Immobilien und Infrastrukturprojekte. Genauere Auskünfte zu ihrer Strategie erteilt die Stiftung freilich nicht – denn würde sie bei der enormen Höhe des zu investierenden Geldes ihre Pläne ausplaudern, würden andere Marktakteure aus den Informationen Kapital schlagen.
Die Gewinne an den Märkten will schließlich der Atomfonds selbst einfahren. Denn für jeden Euro, der eines Tages bei der Finanzierung der Endlagerung fehlt, werden die Steuerzahler geradestehen müssen.
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