Finanzielle Entwicklung im Frauenfußball: Am Tropf der Männer
Im Frauenfußball führt das Engagement von Männer-Proficlubs zu einer asymmetrischen Professionalisierung. Originäre Frauenteams werden abgehängt.
Als Maria Reisinger in den 90er-Jahren bei Heike Rheine in der Bundesliga gespielt hat, war Geld kein Thema. Stolz sei man auf gelegentliche Aufwandsentschädigungen zwar schon gewesen, meint die heute 50 Jahre alte sportliche Leiterin des SV Meppen, „aber außer dem Fußball war damals alles Nebensache“.
Mittlerweile kostet ein Trikot der Frauenmannschaft des FC Bayern im Fanshop knapp 90 Euro und es gibt in Deutschland Frauen, die vom Fußballspielen leben können. Wenn auch gesichert nur in drei Vereinen: Beim FC Bayern, dem VfL Wolfsburg und bei Eintracht Frankfurt.
Eine gute Entwicklung, findet Ellen Hanisch vom Podcast „Frauen reden über Fußball“. „Es geht beim Frauenfußball zwar um viel geringere Summen als im Männerfußball“, so Hanisch, „aber für das Sportliche machen diese Summen einen riesigen Unterschied.“ Schließlich könnten sich die Spielerinnen, die den Sport professionell betreiben, ganz auf den Fußball konzentrieren, während andere nebenbei noch arbeiten müssten.
Auch in der medialen Präsenz würden finanzielle Unterschiede zwischen den Vereinen sichtbar. Seit ihr Lieblingsverein aus Frankfurt nicht mehr als 1. FFC, sondern als Eintracht Frankfurt aufläuft, ist es für Hanisch viel leichter, ihn medial zu verfolgen. „Ich bekomme jetzt einfach über Instagram mit, wie die Saisonvorbereitung läuft, ohne dass ich dafür stundenlang recherchieren muss“, so Hanisch. „Ohne das nötige Geld haben Vereine für die Vermarktung einfach wenig Kräfte frei.“
Mehr Geld heißt mehr Erfolg
Maria Reisinger sieht die Entwicklung ambivalent. Grundsätzlich gefällt es ihr, dass finanzstarke Vereine, die im Männerfußball erfolgreich sind, auch in Frauenabteilungen investieren. „Aber was im Moment im Frauenfußball passiert, könnte gefährlich werden“, so Reisinger, „denn die Erfolge dieser Vereine müssen nachhaltig sein und dürfen nicht einfach aus dem Boden gestampft werden.“ Der Frauenfußball müsse mit Weitsicht und Fachkenntnis ausgebaut werden. „Es gibt viele gute Leute, die sich seit Jahrzehnten im Frauenfußball engagieren“, so Reisinger, diese sollten bei dem Prozess nicht außen vor bleiben.
Aktuell zeigt sich allerdings durchaus, dass die Vereine, die mehr investieren, auch erfolgreicher sind. Neun Jahre ist es her, dass mit Turbine Potsdam ein anderer Verein als Bayern oder Wolfsburg die deutsche Meisterschaft gewann.
Laut dem DFB-Saisonreport 2019/2020 verbuchen die Frauen-Bundesligateams, die einem Männer-Club der ersten drei Ligen angehören, seit Jahren ein finanzielles Minus am Ende der Saison, das als Investition betrachtet werden kann. Die reinen Frauenfußballvereine gehen hingegen im Schnitt mit einem leichten Plus aus der Saison. Sie investieren also weniger, dafür sinken sie in der Tabelle immer weiter nach unten, während die investitionsstarken Vereine an ihnen vorbeiziehen.
Reisinger hatte mit ihren Meppenerinnen im vergangenen Jahr den Aufstieg in die Bundesliga geschafft, der Verein konnte sich dort jedoch nicht halten. Das bedeutet neben dem sportlichen Abstieg auch einen herben finanziellen Verlust: Während die Vereine in der Ersten Liga rund 300.000 Euro aus der Ligavermarktung des DFB erhalten, gibt es für die Zweitligavereine nur rund 35.000 Euro, also fast 90 Prozent weniger. Das mache die Zweite Liga mit ihren dennoch hohen Lizensierungskriterien finanziell unattraktiv, meint Reisinger.
Auch hier wird deutlich: Finanzielle Förderung für den Frauenfußball ist wichtig, doch sie darf nicht von den Ambitionen einzelner Vereine abhängig sein. „Der DFB und die Vereine müssen zusammen eine Strategie erarbeiten“, so Reisinger. „Auch die großen Vereine möchten ja in einer attraktiven Liga spielen, die insgesamt leistungsstark ist.“
Eine Strategie „Frauen im Fußball“ stellt der DFB schon im Herbst vor. Inhaltliche Details sind bisher noch nicht bekannt, Zielsetzung ist jedoch unter anderem die „Steigerung der Professionalisierung, Attraktivität und Bekanntheit“ der Bundesliga.
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