Filmfest Baden-Baden: Primetime statt Crème brûlée
Baden-Baden muss ohne Filmfestival auskommen. Nach dem Grimme-Preis fällt ein weiterer Fernsehpreis aus. Doch die Beiträge laufen online.
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V iele Kultur- und Fernsehpreise müssen sich 2020 neu erfinden. Beim Grimme-Preis hatten sie immerhin Glück: Die Abstimmungen und Jurysitzungen waren schon im Februar gelaufen. Die Coronapandemie hat nur die traditionelle Preisverleihung in der Medienmetropole Marl Ende März geschrottet. Die Preisträger*innen bekamen Ruhm und Ehre in einer von 3sat produzierten Doku über den Grimme-Preis. Und die Trophäen kamen per Post.
Nun steht der nächste schmerzliche Ausfall vor der Tür. Eigentlich wäre Ende November Fernsehdeutschland nach Baden-Baden gepilgert. Na gut, nicht ganz Fernsehdeutschland. Aber die, sie sich wirklich für Filme interessieren, für Fernsehfilme.
Doch auch das Fernsehfilmfestival Baden-Baden kann dieses Jahr nicht mit der üblichen Crème brulée im mondän-verschnarchten Kurhaus stattfinden. Es hat auf seiner Website schon länger den Zusatz „Digital 2020“. Und doch ist fast alles wie immer. Und schon das ist eine Leistung.
3sat zeigt noch einmal alle nominierten Filme im Rahmen des Zuschauerpreises. Das führt dann zu so lustigen Umständen, dass plötzlich Produktionen des Privat-TVs im öffentlich-rechtlichen Fernsehen laufen.
In diesem Jahr ist auch das etwas anders und zeugt davon, dass es mit dem Unterschied zwischen privat und öffentlich-rechtlich eh nicht mehr so dolle ist. Das Drogen-Drama „9 Tage wach“ von ProSieben ist beim ProSieben-Portal Joyn zu sehen, auf dem es ja auch Das Erste der ARD und das ZDF per Livestream gibt.
Bei 3sat läuft als erster Festivalbeitrag am 21. November die Weihnachts-Komödie „Amen Saleikum“. An den folgenden sechs Abenden laufen dann zur besten Sendezeit (20.15 und 21.45 Uhr) zwei der nominierten Filme. In der 3sat-Mediathek stehen sie natürlich auch, außerdem werden die Wettbewerbsfilme zusammen mit den Jurydiskussionen auch auf der Festival-Website zu sehen sein.
Jurydiskussionen online
Diese öffentlichen Diskussionen der Jury sind neben dem Zuschauerpreis das andere Highlight von Baden-Baden. So etwas gibt es bei keinem vergleichbaren Festival. Und auch auf die muss in diesem Jahr niemand verzichten. Sie haben nämlich schon stattgefunden, im Oktober. Nun laufen sie als Aufzeichnung, Publikum wie sonst gibt es natürlich keins.
Aber immerhin bleibt so der direkte Austausch der fünf Juror*innen unter Leitung der Medienmanagerin Christiane von Wahlert sichtbar. In diesem Jahr fetzen sich die Schauspielerin Gesine Cukrowski („Der letzte Zeuge“), die ehemalige Fernsehfilmchefin des Hessischen Rundfunks Liane Jessen, der Medientheorie-Professor Thomas Meder und taz-Autorin Jenni Zylka. Wobei – ob sie sich wirklich fetzen, wissen wir erst ab kommenden Samstag.
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