Fifa-Kongress in Katar: Sportkamerad Russland
Die Weltfußballverband präsentiert sich als politische Macht: Sportler werden sanktioniert, aber Kreml-nahe Funktionäre werden hofiert.
R ussland bleibt Vollmitglied der Fifa. So hat es der Weltfußballverband auf seiner Konferenz in Katar beschlossen. Genauer gesagt: Er hat nicht beschlossen, dass die fußballerische Vertretung dieser kriegsführenden Macht künftig wegbleiben muss.
Als sei gerade sonst nichts los in der Welt, ist die russische Delegation ganz normal nach Katar gereist, hat sich vor dem Konferenzzentrum die dort inmitten der vielen anderen Fahnen wehende russische Staatsflagge angeschaut, und die Begründung, warum man Russland nicht ausschließen solle, hat praktischerweise Alexej Sorokin vorgetragen, der Organisationschef der WM 2018 und früheres Mitglied des Fifa-Councils. „Der russische Verband hat gegen nichts verstoßen“, hatte Sorokin schon vorab verkündet.
Ja, klar, und das gilt ja wohl auch für die russischen Nationalmannschaften und die russischen Klubteams. Dabei sind diese derzeit sehr wohl suspendiert. Vermutlich, weil Fußballer bestrafen so eine schöne Symbolhandlung ist, die überall bemerkt wird, aber Sportfunktionäre aus ihrem natürlichen Habitat zwischen Luxushotels und Frühstücksbüffets zu vertreiben, das ginge dann doch zu weit.
Man kann aber nicht sagen, dass die Fifa nichts entscheiden würde. Nein, der Weltfußballverband hat weitreichende sportpolitische Beschlüsse gefällt, zum Beispiel: Die Fußballverbände von Kenia, Pakistan und Simbabwe bleiben suspendiert.
Putin regiert nicht in den Fußball hinein
Weil sie einen Staat repräsentieren, der gerade einen Angriffskrieg führt? Nein, aus Fifa-Sicht ist da Schlimmeres passiert.
In Kenia hatte das Sportministerium verfügt, den Fußballverband aufzulösen, weil der damalige – und mittlerweile zurückgetretene – Präsident Nick Mwendwa wegen mehrfachen Betrugs angeklagt worden war.
In Simbabwe sind es gleich vier hohe Funktionäre des Fußballverbandes, Präsident Felton Kamambo gehört dazu, die sich vor Gericht verantworten müssen: Vermutlich wurden staatliche Gelder, die an den Verband gingen, veruntreut. Daher wurde auch in Simbabwe der Fußballverband aufgelöst.
Und in Pakistan führten verbandsinterne Machtkämpfe dazu, dass der bisherige Fußballchef durch einen anderen ersetzt wurde. Einen, den die Fifa weniger mag als seinen Vorgänger.
In allen drei Fällen bedeutet das: „unzulässige Beeinflussung durch einen Dritten“, etwas verständlicher formuliert: Einmischung fußballfremder, meist politischer Kräfte in den schönen, und unpolitischen Sport, dessen Reinheit die Fifa bewacht.
Man mag ja Wladimir Putin und der aktuellen russischen politischen Führung viel vorwerfen, aber dass sie sich in einem Sinne, den die Fifa tadelig fände, in den Fußball einmische, nein, so schlimm ist Moskau nicht!
Nicht anwesend auf der Konferenz in Katar sind übrigens Delegierte des Fifa-Mitglieds Ukraine. Immerhin eine Art, nennen wir es: Grußvideo wurde den Delegierten vorgespielt. Ukraines Verbandspräsident Andrij Pawelko stand in einer Schutzweste auf einem öffentlichen Platz und berichtete von Fußballern, die im Krieg getötet wurden.
Dass Bomben, Schüsse und Raketen auf Fußballer etwas mit Politik zu tun haben könnten und dass die Fifa da irgendetwas machen sollte, das darf nun aber niemand ernsthaft behaupten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Vorschläge für bessere Schulen
Mehr Führerschein wagen