piwik no script img

Feuerwehr will mehr AufklärungGefährlicher Parkplatz

Über 4.300 Hektar Waldfläche sind in diesem Jahr bereits abgebrannt. Hauptverursacher der Feuer sind Besucher, Forst- oder Landwirte.

Immer wieder brennt der Wald, hier auf 200 Quadratmetern im Landkreis Lüneburg Foto: Feuerwehr Stadt Bleckede/dpa

Berlin taz | Wald­be­sit­ze­r:in­nen müssen ihre Grundstücke besser vor Bränden schützen und sie dafür bei hoher Waldbrandgefahr auch sperren. Das forderte Andreas Bitter, Präsident des Waldeigentümerverbandes (AGDW) am Freitag in Berlin. Gemeinsam mit dem Deutschen Feuerwehrverband präsentierte er einen Maßnahmenkatalog zum Umgang mit Waldbränden. Das Betretungsrecht der Bürger in die Wälder werde damit nicht generell infrage gestellt, sagte Bitter, „aber bei hoher Waldbrandgefahr müssen die Besitzer den Zugang steuern“.

Das Thema ist dringlich, weil in diesem Jahr in Deutschland bereits fast 4.300 Hektar Waldfläche verbrannt sind – fast so viel wie der Berliner Grunewald. Dabei entstand laut AGDW ein Schaden von bis zu 40 Millionen Euro. Und die Waldbrandsaison ist noch nicht zu Ende.

Bei etwa der Hälfte der Brände lässt sich die Ursache nicht ermitteln. Die andere Hälfte geht laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung zu 60 Prozent auf unvorsichtiges Verhalten von Besuchern, Campern oder Kindern zurück. In 28 Prozent der Fälle von Fahrlässigkeit haben vor allem Land- und Forstwirtschaft die Feuer verursacht. Auf natürliche Art entstehen Brände in Deutschland nur durch Blitzschlag, also „extrem selten“, sagte Karl-Heinz Banse, Präsident des Deutschen Feuerwehrverbands. „Der Wald fängt nicht von selbst an zu brennen“, so Banse, „auch durch Glasscherben nicht.“ Gefährlich seien Lagerfeuer oder geparkte Fahrzeuge. Banse forderte ein generelles Rauchverbot und Aufklärung über richtiges Verhalten im Wald.

Diese benötigen laut Feuerwehr auch Landwirte und Waldarbeiter. Wenn Erntemaschinen heißlaufen, könnten Feuer auf Getreidefeldern entstehen, die auf den Wald übergriffen. „Wassertanks an den Maschinen wären sinnvoll, dann könnten die Landwirte solche Brände klein halten, bis die Feuerwehr kommt“, sagt Ulrich Cimolino, Waldbrandexperte des Feuerwehrverbands. Waldarbeiter sollten regelmäßig ihre Werkzeuge prüfen: „Wenn da ein Hydraulikschlauch platzt, gibt es sofort eine Stichflamme.“ In einem feuchten Wald sei das kein Problem, in einem ausgetrockneten schon, so Cimolino.

Debatte über Totholz

Langfristig helfe gegen die Brände nur der Umbau des Waldes, weg von reinen Nadelbaumkulturen hin zu weniger brandgefährdeten Mischwäldern, sag­te Bit­ter und forderte erneut zusätzliche staatliche Unterstützung. Aus den Holz­er­lö­sen alleine lasse sich der teure Waldumbau nicht finanzieren. Die Feuerwehr wünscht sich auch neue geländegängige Fahrzeuge, Flugzeuge und Hubschrauber, baumfreie Schutzstreifen im Wald sowie ein besseres Tot­holz­ma­nage­ment. Falsch verstandener Na­tur­schutz kön­ne dazu führen, „dass eine Be­kämpfung von Bränden un­nö­tig erschwert und verzögert wird“, kritisierte Banse.

Der Waldexperte des Umweltverbandes Nabu, Sven Selbert, hält die Debatte über Tot­holz für falsch. „Brände geraten in den wenigsten Fällen in naturnahen Beständen mit liegendem Holz außer Kontrolle. Hoch risikoreich dagegen sind lichte und damit heißere Forste mit trockener Grasvegetation sowie ungepflegte junge Nadelholz­dickichte.“ Dort werde Totholz tatsächlich zum Problem. Nötig seien also naturnahe Wälder mit kühlem, feuchtem Klima.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    >>Nötig seien also naturnahe Wälder mit kühlem, feuchtem Klima.

    • 3G
      31841 (Profil gelöscht)
      @31841 (Profil gelöscht):

      In der aktuellen Situation und ausgehend von den Verhältnissen in der waltenden Praxis wird kaum mehr rechtzeitig erreichbar sein, dass zureichender Klimaschutz und gesteigerte Holzproduktion (wie auch von Klimaforschern gefordert ...!) rechtzeitig zusammenkommen. Ziemlich wahrscheinlich ist das Kippmoment schon erreicht.

      Um in Wäldern feucht-kühles Milieu zu halten, dürfen die Bestände nicht aufgerissen und zu sehr aufgelichtet werden. Windräder, Forststraßen, engmaschige Schwermaschinenwege, Kahlflächen ... sind schleichendes Gift für das Waldinnenklima.



      Entwässerung durch Fahrspuren in den Beständen (Abstand 20-40m in der Falllinie am Hang) sorgen durch stetige Zunahme von Bodentrockenheit für eine Verminderung der Resilienz.

      Hinweis:



      Der Wald in Deutschland auf dem Weg in die Heißzeit

      Die Studie zeigt, wie Wälder unter den Auswirkungen der Klimakrise und der intensiven Forstwirtschaft leiden.

      www.greenpeace.de/...land-weg-heisszeit