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Festnahme von UnabhängigkeitspolitikerPuigdemont kann wieder hoffen

Kataloniens früherer Regierungschef wurde auf Sardinien festgenommen. Spaniens Justiz will die Auslieferung. Die Entscheidung liegt bei italienischen Richtern.

In Barcelona demonstrieren Unabhängigkeitsunterstützer vor dem italienischen Konsulat Foto: Joan Mateu/AP/dpa

Madrid taz | Kataloniens ehemaliger Regierungschef Carles Puigdemont ist am Donnerstagabend auf dem Flughafen Alghero im Nordwesten der italienischen Mittelmeerinsel Sardinien festgenommen worden. Die italienische Polizei hatte den 58-Jährigen in der Nacht zum Freitag in ein Gefängnis in Sassari nahe Algheros gebracht. Am Freitag sollte Puigdemont noch auf freien Fuß kommen, allerdings sollte er Sardinien vorerst nicht verlassen.

Gegen Puigdemont besteht ein europäischer Haftbefehl seitens des Obersten Gerichtshofs in Spanien. Ihm wird in Zusammenhang mit dem am 1. Oktober 2017 abgehaltenen Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens „Rebellion und Veruntreuung öffentlicher Gelder“ vorgeworfen. Madrid verbot damals die Volksabstimmung.

Puigdemont reiste in der Folge – ebenso wie sechs weitere Unabhängigkeitspolitiker – aus, bevor er vom Ermittlungsrichter in Madrid vorgeladen wurde. Seither lebt er in Brüssel im Exil. 2019 wurde er für seine Partei Gemeinsam für Katalonien (JxCat) ins Europaparlament gewählt.

Jetzt muss das Berufungsgericht in Sassari entscheiden, ob der Politiker ausgeliefert wird. Die Anhörung wurde auf Antrag der Anwälte von Freitagnachmittag auf Samstag verschoben. In Spanien droht ihm eine lange Haftstrafe. Mehrere seiner Regierungskollegen sowie zwei Unabhängigkeitsaktivisten wurden unter ähnlichen Anklagen zu bis zu 13 Jahren verurteilt und mittlerweile begnadigt.

Puigdemont war auf dem Weg zu einem Kulturtreffen

Für das Anwaltsteam von Puigdemont ist die Festnahme nicht rechtens, da dieser in seiner Funktion als Europarlamentarier reiste. „Es gab keine Grenzkontrolle, die Polizisten kamen direkt auf meinen Mandanten zu“, erklärt Anwalt Gonzalo Boye. Unter den Polizeibeamten hätten sich zwei spanische Nationalpolizisten befunden, berichtet der Deutsch-Chilene.

Puigdemont war auf dem Weg zu einem alljährlichen Kulturtreffen im Nordosten der Insel. Dort wird Katalanisch gesprochen. Kulturvereine aus Katalonien und auch die Unabhängigkeitsbewegung unterhalten regelmäßige Kontakte zu Vereinen und Bürgermeistern. Insgesamt wollen dieses Wochenende 800 Menschen aus Katalonien am Treffen teilnehmen.

Das Anwaltsteam von Puigdemont zeigt sich optimistisch, dass ihr Mandant bald wieder freikommt. Zwar hatte das Europaparlament im März dieses Jahres die Immunität von Puig­demont ausgesetzt, doch prüft der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) derzeit noch, inwieweit dies rechtens ist.

Eine Eilantrag auf Rückgabe der Immunität wurde im Juli abgelehnt. Die Richter in Luxemburg sahen keine Gefahr, dass Puigdemont verhaftet wird. Sie hielten aber ausdrücklich die Möglichkeit offen, im Falle einer Festnahme einen erneuten Eilantrag zur Wiedereinsetzung der Immunität zuzulassen.

Rechte Opposition in Spanien jubelt

Boye will diesen jetzt stellen. Sollte dem stattgegeben werden, könnte Italien den Politiker nicht nach Spanien ausliefern. Der Anwalt ist sich sicher, dass – sollte Italien Puigdemont nicht freilassen – Luxemburg in 24 bis 72 Stunden über einen entsprechenden Eilantrag entscheiden wird. „Es wird eine Verordnung sein, die jedes Land in der Europäischen Union durchführen muss“, sagt er. Im Sommer reiste Puigdemont bereits in den französischen Teil Kataloniens, ohne dass die französische Justiz eingeschritten wäre.

Während die rechte Opposition in Spanien jubelt, kommt der Linksregierung unter Pedro Sánchez die Festnahme Puigdemonts alles andere als recht. Sie hatte erst vor knapp zwei Wochen einen Dialogprozess mit der katalanischen Regierung in die Wege geleitet. Der dortige Regierungschef Pere Aragonès verlangte nach einer Dringlichkeitssitzung seines Kabinetts erneut eine Amnestie für alle, gegen die im Zusammenhang mit dem Referendum von 2017 juristische Schritte eingeleitet worden sind.

Angesichts der Verhaftung übte Aragonès den Schulterschluss mit Puig­demont und schrieb auf Twitter: „An Deiner Seite, Präsident.“ Tatsächlich ist nicht Puigdemont, sondern Aragonès Präsident, wie der Regierungschef in Katalonien genannt wird.

Ostern 2018 war Puigdemont schon einmal in Deutschland festgenommen worden. Das Oberlandesgericht Schleswig lehnte eine Auslieferung an Spanien wegen Rebellion ebenso ab wie die Justiz in Belgien – wo Puigdemont seinen Wohnsitz hat.

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1 Kommentar

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  • In Katalonien kommen auch Expräsidenten häufig in den Genuss der Anrede Präsident, was im Artikel nicht erwähnt wird.



    Bei Carles Puigdemont kommt hinzu, dass er die international bekannteste Symbolfigur des gewaltfreien Kampfes vieler Bürger Katalonienss nach Unabhängigkeit oder zumindest nach einem verbindlichen Referendum geworden ist.



    Für viele ist er nach der (ilegalen?) Absetzung im Jahr 2017 der gewählten katalanischen Regierung der immer noch legitime Präsident Kataloniens.