Feministische Berliner Wochenvorschau: Die privat erlebte Gewalt ist politisch
Mit roten Schuhen will eine neue Initiative auf jeden Femizid in Berlin reagieren. Aktuell bereiten sie Aktionen in Moabit und in Neukölln vor.

Das Symbol ist so stark, dass Chauvet inzwischen viele Nachahmer*innen gefunden hat, die nun ebenfalls mit roten Schuhen auf Partnerschaftsgewalt aufmerksam machen.
In Berlin kündigt eine Initiative jetzt an, das verstetigen zu wollen: „Wir versammeln uns in Folge eines jeden in Berlin verübten Femizid“, schreibt das Netzwerk, in dem sich vor allem Mitarbeiter*innen von Berliner Antigewalt-Projekten zusammengefunden haben. Nach jedem Femizid wollen sie rote Schuhe auf die Treppe vor dem Rathaus aufstellen, kündigten sie an. Und zwar jeweils vor dem Rathaus in dem Bezirk, in dem der Täter die Tat begangen hat.
Am Mittwoch will die Initiative an eine Frau erinnern, die die Polizei am 10. April leblos auf dem Beifahrersitz eines Autos in Moabit gefunden hatte. Die Polizei verdächtigt den 49-jährigen Fahrer, sie getötet zu haben. Für 12 Uhr rufen die Aktiven zum Protest und Erinnern vor dem Rathaus Moabit auf.
Das nächste Gedenken: Britz
Die nächste Aktion des Bündnisses zeichnet sich bereits ab: Das Gedenken an eine 37-jährige Frau, die am 17. April in Britz schwer verletzt im Hausflur gefunden wurde und kurze Zeit später starb. Die Polizei nahm ihren Ex-Partner als tatverdächtig fest. Es war ihm untersagt gewesen, sich der Frau und ihrem Haus zu nähern.
„Wir sind fassungslos“, schreiben die Mitglieder der Initiative angesichts dieser weiteren Femizide in ihrem Aufruf. Am 7. Mai wollen sie vor dem Rathaus Neukölln rote Schuhe aufstellen. „StoP Neukölln“, ein nachbarschaftliches Präventionsprojekt für „Stadtteile ohne Partnergewalt“, will Beiträge für die Aktion bei ihrem kommenden, monatlichen Kieztreffen am Dienstagabend ab 17 Uhr in der Emser Straße 15 planen.
Für die Rote-Schuhe-Initiative geht damit ein geradezu tödlicher April zu Ende. Begonnen hatten sie mit ihrer ersten Aktion Mitte des Monats in Spandau. Dort war am 3. April eine 56-jährige Frau tot in ihrer Wohnung gefunden worden. Tatverdächtig ist ein 60-jähriger Mann, der auch ihr Lebenspartner war.
Die Initiative hatte zu einer Kundgebung vor dem Spandauer Rathaus aufgerufen und dort rote Schuhe, Blumen, Kerzen und Forderungen aufgestellt. Ihre Hoffnung ist, die Gewalt damit herausholen zu können aus dem Verborgenen, raus aus der Privatsphäre. Sie wollen die Struktur hinter dem Frauenhass aufzeigen – dass dies keine Einzelfälle sind, für die Betroffene individuelle Lösungen finden müssen.
Und sie fordern von der Politik, diese Strukturen anzugehen und Femizide zu verhindern. Damit aufgestellte rote Schuhe in der Zukunft aus dem öffentlichen Raum wieder verschwinden können.
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