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Feilschen bei der KlimakonferenzWie Glasgow zum Marktplatz wird

Fast alles ist käuflich – auch Klimaschutz. Die Konferenz in Glasgow soll nach Jahren des internationalen Streits Handelsregeln beschließen.

Auf dem Marktplatz für Klimaschutz? Ein Windpark in Großbritannien Foto: Alistair Heap/PA Wire/dpa

Klimaschutz als Ware: Kennt denn die Konsumwut gar keine Grenzen?

Ja, auch Klimaschutz kann man kaufen. So steht es jedenfalls im Paris-Abkommen, genauer in dessen Artikel 6. Dort heißt es, dass manche Länder bei der nötigen Senkung der Treibhausgasemissionen „freiwillig kooperieren“ wollen und dürfen. Das klingt erst mal nach Zusammenhalt und Teamwork – legt aber eigentlich den Grundstein für den Handel mit Klimaschutz. Die Idee: Ein Land kann einem anderen Geld zahlen, um dort Emissionen zu sparen, etwa den Bau eines Windparks finanzieren. Den positiven Effekt auf das Klima darf sich dann die Geldgeberin anrechnen. Das Ganze können Regierungen bilateral untereinander arrangieren, es ist aber auch geplant, ein zentrales Handelssystem aufzubauen – also einen internationalen Marktplatz für Klimaschutz. Auf dem dürften sich neben Staaten auch Privatunternehmen tummeln.

Warum wollen Staaten mit Klimaschutz handeln?

Erst einmal: Nicht alle Staaten wollen das tun, die Europäische Union zum Beispiel bislang nicht. Aber der Idealfall wäre: Ein reicher Staat, der seine eigenen Emissionen für den Moment schon bestmöglich heruntergefahren hat, finanziert zusätzlich in einem armen Land ein Klimaschutz-Projekt, das dort sonst am Geld scheitern würde. So kann die eine Partei sich mit einem weiteren Klima-Erfolg schmücken, die andere profitiert von den Investitionen: Win-win!

Aber?

Viele Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen befürchten, dass es zu dem Idealfall nicht oft käme, und warnen vor folgender Möglichkeit: Ein Staat, der sich um seinen Beitrag zur Erhaltung eines lebenswerten Planeten drücken will, zahlt einem anderen Staat Geld für ein möglichst billiges Klimaschutz-Projekt, um seine im Rahmen des Paris-Abkommens versprochenen Emissionsminderungen trotz Nichtstun auf dem Papier einzuhalten. In der Realität würde der Handel dann vielleicht sogar zu weniger Klimaschutz führen.

Kann man solche Rechenspielchen unterbinden?

Komplett kann man wohl nicht ausschließen, dass Länder den Klimaschutz zu Hause schleifen lassen, weil er woanders günstiger ist. Oder dass Regierungen ihre eigenen Klimaziele extra schwächer gestalten, um Klimaschutz zum Verkaufen übrig zu haben. Etliche kleine Inselstaaten wie Santa Lucia, die auf erfolgreichen Klimaschutz ganz besonders angewiesen sind, setzen sich zum Beispiel für eine Löschungsrate ein, um das Problem zu verringern. Das hieße: Einen Teil jeder gehandelten Emissionsminderung dürfte sich keines der beteiligten Länder anrechnen. Über derartige Handelsregeln verhandeln die Staaten auf der laufenden Weltklimakonferenz in Glasgow, und zwar zum wiederholten Male. Das Thema wird von Gipfel zu Gipfel geschoben, weil einige Regierungen ziemlich offen Verwässerungen durchsetzen wollen.

Wer ist der größte Bremser?

Allen voran ist das Brasilien. Das Land treibt zwar die Rodung seines Regenwalds massiv voran, will dessen verbleibenden Klimaschutznutzen aber trotzdem an andere Länder verkaufen. Die Regierung bringt dabei aber teilweise offenkundig absurde Forderungen in die Verhandlungen ein. Zum Beispiel will sie Doppelzählungen erlauben. Dann dürften sich sowohl Käufer als auch Verkäufer denselben Klimaschutzerfolg anrechnen. Das wäre so, als wollten Bäcker und Käuferin dasselbe Brot aufessen.

Welche Länder bremsen noch?

Zum Beispiel China und Australien. Zusammen mit Brasilien wollen diese Staaten weiter die sehr alten und sehr billigen Zertifikate aus einem früheren Klima-Handelssystem nutzen, dem Clean Development Mechanism (CDM). Das Problem: Der Nutzen gilt als sehr gering. Die meisten der CDM-Projekte würden wohl einfach weiterlaufen, selbst wenn kein Geld mehr durch die übrigen Zertifikate hereinkommt. Wenn Länder sich die Ramschpapiere noch anrechnen dürften, stünde zwar Klimaschutz auf dem Papier, wäre aber kaum real.

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2 Kommentare

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  • Es ist natürlich einfach sich über die unfähigen Polit-Buchhalter zu erregen,das war auch mein erster Impuls. Aber ganz ehrlich gefragt:Wer möchte denn,um die angestrebten Klimaziele realisieren zu können, wirklich freiwillig seinen gewohnten Lebensstandard absenken? Und damit ist mehr gemeint als "Jute statt Plastik", Energiesparlampen , Mülltrennung und der wöchentliche Veggie-Day! Doch nur eine verschwindend geringe Minderheit. Zumal sich der Verzicht ja nicht mal unmittelbar zeitnah und lokal auswirkt. Wenn Deutschlands Emission auf Null gefahren würde,würden die Temperaturen trotzdem weiter steigen,maximal um 2% verlangsamt.



    Die anderen Auswirkungen wie Massenarbeitslosigkeit,Energierationierung, Versorgungsprobleme(Zustände wie im "Osten"!),gäbe es aber fast sofort und unmittelbar. Die meisten Wähler würden das nicht besonders wertschätzen. Klimaschutz finden toll,solange der Konsum nicht eingeschränkt wird.



    Man müßte also entweder jede Menge Überzeugungsarbeit leisten ,um eine allgemeine Akzeptanz zu erreichen.Oder die Regierungsform ändern. In einer Diktatur wären die notwendigen Maßnahmen sicherlich einfacher durchzuführen.



    Oder man macht einfach weiter wie gehabt und hofft das es schon nicht so schlimm werden wird. Zumal die Dystopien ja noch einige Jahre bis Jahrzehnte in der Zukunft liegen,man also selber es wahrscheinlich nicht mehr erleben wird.

  • Der Markt für Klimaschutz, ganz hervorragend. Ich hab schon Anfang der 2000er in der Schule Referate über den CO2-Zertifikate-Handel gehalten - damals sehr überzeugt. Mehr als 20 Jahre später ist klar, dass ein Markt das Problem nicht wird lösen können. Der Ansatz ist schon so dermaßen verkehrt, dass nichts Sinnvolles daraus folgern kann. Ich behaupte: Wenn wir nicht bereit sind outside of the box zu denken, mal irgendein Problem nicht auf Märkten zu lösen und Geschäfte damit treiben zu müssen, werden wir klimatisch gar nichts erreichen. Denn, man stelle sich vor, dem Klima ist es herzlich egal wo das CO2 Molekül in die Atmosphäre geblasen wurde, dem Klima ist es auch egal, ob Dtld, Frk oder die EU ihre Ziele getroffen und Peru sie vllt verfehlt hat. Rechentricks helfen nur beim Gewählt-Werden, dem Klima sind sie egal. Daher: Wir müssen über den Kapitalismus (und die Art des Lebensmodells, das durch dieses Wirtschaftsmodell entstanden ist) sprechen und wir brauchen ein öffentliches (Diskussions-)klima in dem nicht jeder, der eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Form des Wirtschaftens wahrnimmt, sofort "Diktatur" versteht. Ich glaube nicht, dass die selbe Denksystematik, die die endlose Ausplünderung und Zerstörung der Biosphäre fordert und fördert und benötigt (der Kapitalismus ist ohne Zweifel nur in einer Wachstumswirtschaft denkbar), der Schlüssel zum Erfolg in der Klimafrage wird sein können (nicht wenn "die Wissenschaft" nicht in Kürze "den Stein der Weisen" findet, also eine grüne, verfügbare, endlose, speicherbare und brutal günstige Energiequelle). Es stünde der Menschheit auch sonst gut zu Gesicht - ansonsten werden wir die Forderung nach "physischen Barrieren" (vulgo Mauern) noch öfter hören...es droht nichts weniger als offene Barbarei - denn, wer glaubt denn hier wirklich, dass Gesellschaften, deren Werte in € und Cent angebbar sind, in der Lage sind, z.B. die Migration, die sich aus klimatischen Notwendigkeiten ergibt, humanitär zu bearbeiten?