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Fed reagiert auf InflationUS-Zentralbank drängt EZB

Die US-Zentralbank Fed signalisiert für 2022 mehrere Zinserhöhungen. Das hat über kurz oder lang auch Auswirkungen auf Europa und die EZB.

Werden an der Börse aufmerksam registriert: Die Worte von Fed-Chef Jerome Powell Foto: rtr

Washington/Berlin rtr/taz | Angesichts hoher Inflation leitet die US-Notenbank (Fed) einen baldigen Abschied vom Krisenmodus ein und signalisiert für 2022 mehrere Zinserhöhungen. Die monatlichen Konjunkturspritzen sollen bis März komplett eingestellt werden – ab Mitte Januar wird das Abbautempo bei den Wertpapierkäufen dazu auf 30 Milliarden Dollar monatlich verdoppelt.

Mit den am Mittwoch vorgestellten Plänen der US-Notenbank wird der Boden für die Zinswende in den Vereinigten Staaten bereitet: Die jahrelange Zeit niedriger Zinsen, die auch in den USA zu geringeren Sparerträgen, steigenden Mieten und Aktienkursen führten, steht also kurz vor dem Ende. Damit deutet sich auch eine ähnliche Entwicklung für Europa an.

Noch verharrt die Europäische Zentralbank (EZB) hier trotz hoher Inflation weiter im Krisenmodus – vorerst. Es wird allerdings erwartet, dass die EZB bei ihren geldpolitischen Beratungen an diesem Donnerstag auch ankündigt, das Corona-Notfallprogramm PEPP im März auslaufen zu lassen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte erklärt, derzeit sei nicht mit einer Zinserhöhung im kommenden Jahr zu rechnen. Allerdings hängt dies auch von der weiteren Entwicklung der Inflation in Europa ab.

Fed-Chef Jerome Powell machte hingegen deutlich, dass die Wirtschaft in den USA die Hilfen nicht mehr benötigt und die Zeiten des billigen Geldes bald gezählt sind: Angesicht der hohen Inflation und der raschen Fortschritte am Arbeitsmarkt sei die Fed „sehr, sehr gut aufgestellt für Zinserhöhungen“.

Fortschritte beim US-Arbeitsmarkt

Der Arbeitsmarkt macht aus Sicht des Notenbankchefs rasche Fortschritte auf dem Weg zu Vollbeschäftigung, dem erklärten Ziel der Fed. Mit 4,2 Prozent sei die Quote bereits in der Nähe der Vier-Prozent-Marke angekommen, betonte Powell. Zugleich schrillen wegen der rasant steigenden Preise die Alarmglocken bei der Notenbank. Die Inflation sei „weit über das Ziel“ der Notenbank hinausgeschossen, warnte Powell.

An den Terminmärkten wird mittlerweile für Mai 2022 fest mit der Zinswende gerechnet. Wie aus dem Ausblick der Währungshüter hervorgeht, halten diese im Mittel drei Zinsschritte nach oben im kommenden Jahr für angebracht. Ende 2022 würde das Niveau dann bei 0,9 Prozent liegen. Einstweilen beließen die Währungshüter den Leitzins aber in der Spanne von null bis 0,25 Prozent.

Die Aussicht auf eine straffere US-Geldpolitik ermunterte Anleger zum Kauf von Dollar. Mit US-Aktien deckten sich Investoren ebenfalls ein. Die Wall Street schloss nach Powells Ankündigung deutlich im Plus. „Am Aktienmarkt hatten Investoren darauf gehofft, die aggressive Seite der Fed zu sehen. Ihnen gefällt, dass die Fed endlich gegen die Inflation vorgeht, die außer Kontrolle geraten ist“, sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade.

Starker Inflationsdruck

Die Fed sieht sich mit dem stärksten Inflationsdruck seit Anfang der 80er Jahre konfrontiert. Die Verbraucherpreise stiegen im November um 6,8 Prozent. Das Ziel der Notenbank liegt bei 2,0 Prozent. „Die US-Inflationsdaten für November waren angesichts des stärksten Preisdrucks seit fast 40 Jahren eine Steilvorlage, welche die Fed gewissermaßen zum Handeln gezwungen hat“, meint LBBW-Analyst Elmar Völker.

In ihrer nun aktualisierten Inflationsprognose geht die Fed davon aus, dass die Teuerungsrate auch 2022 mit 2,6 Prozent erhöht bleiben wird. Vor allem Energiepreise, Engpässe bei Lieferketten und Corona-bedingte Nachholeffekte sorgen derzeit für anhaltenden Preisdruck.

ZEW-Experte Friedrich Heinemann sieht auch die massiven Konjunkturspritzen der Regierung von Präsident Joe Biden als Treiber der Teuerung: „Die sehr hohe US-Inflationsrate von über sechs Prozent zeigt inzwischen deutlich, dass das Biden-Konjunkturpaket überdimensioniert war und über das Ziel hinausgeschossen ist.“ Eine durch historisch hohe Staatsschulden angefachte Nachfrage treffe auf ein durch Lieferengpässe eingeschränktes Angebot. „Dieser Mix ist hochinflationär, so dass die Geldpolitik nun gegensteuern muss.“

Weltbank-Präsident David Malpass hatte jüngst einen Kurswechsel in der internationalen Geldpolitik gefordert. Die enormen Anleihekäufe der Zentralbanken gehörten „zu den makroökonomischen Wurzeln der Inflation“, sagte der 65-jährige Amerikaner dem „Handelsblatt“.

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3 Kommentare

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  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    Lagarde wird die Zinsen keinesfalls erhöhen und die Ankaufprogramme werden weiter laufen. Wie sollen sich die Staaten sonst auch finanzieren? Für wohlhabende Menschen ist Inflation sowieso kein Problem. Ob der neue Tesla 50k oder 55k kostet ist egal. Inflation ist nur ein Problem für Leute mit wenig Geld. Und für die interessiert sich niemand.

  • Die Inflation ist importiert, sie beruht auf den gestiegenen Öl- und Gaspreisen. Solange die Löhne nicht steigen, und das tun sie voraussichtlich in der Omikronkrise wegen der Angst um den Arbeitsplatz weiter nicht, haben die Menschen damit nicht mehr, sondern weniger Geld im Portemmonaie. Gewinne machen nur Saudi-Arabien und Russland. Es laufen also importierte Inflation und Inlandsdeflation nebeneinander her. Die Vorsicht der EZB ist schon berechtigt.

  • Während in den USA die Realitäten anerkannt werden, fabuliert hier in DE die Fachpresse (von Zeit bis TAz udn Süddeutsche) noch von angebliche Nachzieh-Effekten durch die MwSt Senkung in 2020, Energiepreise die ja aber nun rückäufig seien usw.



    Gefährliches Spiel mit dem Feuer.



    Wenn, dann wollen wir uns auf der sicheren Seite irren. Diese lebensverlängernde Grundeinstellung scheint nicht mehr modern.